Tyrosinkinase
Englisch: tyrosin kinase
Definition
Tyrosinkinasen sind Enzyme aus der Familie der Proteinkinasen. Ihre Aufgabe ist die reversible Übertragung einer Phosphatgruppe auf die Hydroxygruppe der Aminosäure Tyrosin eines Targetproteins (Phosphorylierung). Tyrosinkinasen spielen bei der Signaltransduktion eine unentbehrliche Rolle und haben quasi die Funktion eines "An-Aus-Schalters" für viele Zellprozesse.
Einteilung
Kinasen sind eine große Gruppe von Enzymen, deren Aufgabe es ist, den Transfer von Phosphatgruppen von einem Nukleosidtriphosphat auf ein Zielmolekül zu katalysieren. Die Untergruppe der Tyrosinkinasen ist auf die Phosphorylierung von Tyrosinresten in Proteinen spezialisiert. Zu ihr gehören rund 100 verschiedene Enzyme.
Tyrosinkinasen lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen:
- Rezeptortyrosinkinasen (EC-Klasse 2.7.10.1), weiter unterteilt in
- Tyrosinkinasen, die Teil eines Transmembranrezeptors sind (Rezeptoren mit intrinsischer Tyrosinkinaseaktivität)
- Tyrosinkinasen, die an einen Transmembranrezeptor binden (Rezeptoren mit assoziierter Tyrosinkinaseaktivität)
- Zytoplasmatische Tyrosinkinasen (Nicht-Rezeptortyrosinkinasen, EC-Klasse 2.7.10.2)
Rezeptortyrosinkinasen
Rezeptortyrosinkinasen (RTKs) sind die typischen intrazellulären Proteindomänen für die Rezeptoren von Wachstumsfaktoren. Sie gehören zu der Gruppe der Transmembranrezeptoren und weisen die Eigenschaft auf, sich selbst zu phosphorylieren. Bindet ein Ligand an seinen Rezeptor, kommt es zunächst zu einer Phosphorylierung des Rezeptors an seinen eigenen Tyrosinresten (Autophosphorylierung) und anschließend an Tyrosinresten der entsprechenden Targetproteine. Die phosphorylierten Tyrosinreste werden durch sogenannte Tyrosinphosphatasen wieder dephosphoryliert und die Rezeptortyrosinkinase somit inaktiviert. Beispiele für RTKs sind der EGF-Rezeptor, der Insulinrezeptor oder der VEGF-Rezeptor.
Zytoplasmatische Tyrosinkinasen
Zytoplasmatische Tyrosinkinasen oder Nicht-Rezeptortyrosinkinasen (nRTKs) sind Enzyme, die nicht an der Zellmembran, sondern im Zytoplasma vorkommen. Sie haben eine unterschiedliche Lokalisation in der Zelle, aber die gleiche Funktion wie die RTKs (Phosphorylierung). Beispiele sind die Januskinasen und die Familie der SRC-Kinasen (u.a. SRC und LYN).
Aktivierung der monomeren GTPase Ras
Die durch die Eigenschaft der Tyrosinkinase eingeleitete Phosphorylierung von Tyrosinresten am Rezeptor und an anderen Signalproteinen führt zur Bindung des Ras-aktivierenden-Proteins am Tyrosinkinaserezeptor. Dadurch kommt es nun zur Aktivierung des Ras durch den Austausch von GDP gegen GTP. Das aktivierte Ras setzt eine Phosphorylierungskaskade in Gang bestehend aus Serin-Threonin-Kinasen, die als MAP-Kinasen (mitogenaktivierte Proteinkinasen) bezeichnet werden.
Zuerst wird die MAP-Kinase-Kinase-Kinase (MAP-KKK) aktiviert. Diese phosphoryliert und aktiviert in weiterer Folge die MAP-Kinase-Kinase (MAP-KK) und diese die MAP-Kinase (MAP-K). Die MAP-Kinase katalysiert daraufhin die Phosphorylierung von Effektorproteinen und Transkriptionsregulatoren und beeinflusst durch die Aktivierung von Ras die Gentranskription und somit das Überleben der Zelle, deren Proliferation sowie die Induktion der Zelldifferenzierung. Daher ist eine mögliche Ursache der Krebsentstehung eine Mutation des Ras-Gens.
Pharmakologie
Mutationen können dazu führen, dass Tyrosinkinasen konstitutiv aktiviert werden, d.h. dass ihr Signalweg ständig "angeschaltet" ist. Das kann ein unkontrolliertes Zellwachstum auslösen. Konstitutiv aktivierte Tyrosinkinasen spielen eine wichtige Rolle für das Überleben von Tumorzellen. Ein Beispiel ist die BCR-ABL-Tyrosinkinase bei der chronischen myeloischen Leukämie (CML). Aus diesem Grund sind sie bedeutende Zielproteine der Krebstherapie. Bei verschiedenen Tumorarten sind dabei unterschiedliche Tyrosinkinasen relevant. Die onkologische Pharmakotherapie greift auf ein schnell wachsendes Arsenal an Tyrosinkinaseinhibitoren (TKIs) zurück, um diese Tyrosinkinasen zu hemmen - mit dem Ziel, die Tumorzellen in die Apoptose zu treiben.