Konjunktivitis
Synonyme: Bindehautentzündung, Conjunctivitis
Englisch: conjunctivitis, "pink eye"
Definition
Die Konjunktivitis ist eine Entzündung der Bindehaut des Auges.
Einteilung
...nach Verlauf
- akute Konjunktivitis (Conjunctivitis acuta)
- chronische Konjunktivitis (Conjunctivitis chronica)
... nach Ätiologie
Ursachen
Eine Konjunktivitis kann vielfältige Ursachen haben:
- Infektionen: Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten
- Irritationen: physikalische (z.B. Staub, Rauch), chemische oder thermische Reize, UV-Strahlen, Traumen
- Allergien: z.B. gegen Pollen, Medikamente oder Kosmetika, oft begleitet von einer Rhinitis allergica
- sekundär bei anderen Grundkrankheiten:
- Störungen des Tränenfilms (Keratoconjunctivitis sicca): z.B. gehäuft bei postmenopausalen Frauen, Sjögren-Syndrom, Erkrankungen der Tränendrüse
- Stellungsanomalien der Lider
- fortgeleitete Entzündungen (v.a. Rhinosinusitis)
- nicht oder falsch korrigierte Refraktionsfehler
- Sarkoidose
- Rosazea
- generalisierte Arzneimittelexantheme
- okuläres Pemphigoid
- Pemphigus vulgaris
Bakterielle Konjunktivitis
Eine bakterielle Konjunktivitis entsteht häufig durch Infektionen mit Staphylokokken, Streptokokken oder Pneumokokken. Meist tritt sie in Kombination mit einer Blepharitis und Keratitis punctata superficialis auf. Die Absonderungen sind eitrig.
Folgende spezifische bakterielle Konjunktivitiden werden unterschieden:
- Trachom: Chronisch-follikuläre, stets beidseitige Konjunktivitis durch Chlamydia trachomatis Serotypen A-C. Häufigste Augenerkrankung der Welt, insbesondere in Entwicklungsländern.
- Paratrachom: Akute, ein- oder beidseitige follikuläre Konjunktivitis durch Chlamydia trachomatis Serotypen D-K. Vor allem in Industrieländern. Okulogenitale Übertragung und Manifestation in Form einer Schwimmbadkonjunktivitis (Erwachsene) bzw. einer Einschlussblenorrhö (Neugeborene).
- Gonokokken-Konjunktivitis: Durch Gonokokken hervorgerufene, hochakute, eitrige Konjunktivitis, die bei Erwachsenen durch Schmierinfektion übertragen wird. Bei Neugeborenen wird sie während der Geburt im infizierten Genitaltrakt der Mutter hervorgerufen (Ophthalmia neonatorum).
- Conjunctivitis diphtherica: seltene Infektion durch Corynebacterium diphtheriae u.a. mit Bindehautnekrosen und membranösen Belegen.
- Blepharoconjunctivitis angularis: beidseitige, subakut bis chronisch verlaufende Entzündung der Lidwinkel, der angrenzenden Lidränder und Bindehaut, hervorgerufen durch Haemophilus lacunatus.
- Koch-Weeks-Konjunktivitis: sehr infektiöse, in subtropischen Ländern endemische, schleimig-eitrige, z.T. hämorrhagische Konjunktivitis durch Haemophilus aegypticus.
- Pseudomonaden-Konjunktivitis: Infektion durch Pseudomonas aeruginosa, meist durch unsterile Augentropfflaschen und kontaminierte Kontaktlinsenbehälter. Häufig fortschreitende Hornhautgeschwüre.
- Bindehauttuberkulose: durch Mycobacterium tuberculosis
Virale Konjunktivitis
Eine virale Konjunktivitis ist oft mit fieberhaften Allgemeinerkrankungen kombiniert und sehr ansteckend. Fast alle pathogenen Viren kommen als Erreger in Betracht. Die Absonderungen sind überwiegend serös. Meist reagiert die Hornhaut in Form einer Keratitis punctata superficialis mit.
Man unterscheidet zwischen folgenden spezifischen Krankheitsbildern:
- Konjunktivitis epidemica: sehr kontagiöse Erkrankung, die durch Tröpfcheninfektion und direkten Kontakt hervorgerufen wird. Ursächlich sind Adenoviren Typ 8 oder Typ 19. Begleitsymptome sind eine Lymphknotenschwellung bei meist leichtem grippalen Infekt. Typisch ist die Hornhautbeteiligung (Keratitis nummularis, seltener als Keratitis punctata superficialis).
- Herpes conjunctivae: unspezifische Konjunktivitis durch Herpesviren in Zusammenhang mit einem Lidherpes oder einer Keratitis dendritica.
- Zoster ophthalmicus: unspezifische Konjunktivitis durch Varizella-Zoster-Virus (VZV) mit einseitiger Bläschenbildung im Innervationsgebiet des Nervus ophthalmicus, ggf. mit Hornhautaffektionen. Bei Erstinfektion mit VZV (Windpocken) kommt es zu phlyktäneartigen Bindehauteffloreszenzen.
- "Myxoviren-Konjunktivitis": durch Infektion mit Orthomyxoviren oder Paramyxoviren (z.B. Influenzavirus, Mumpsvirus, Masernvirus)
- Okuloglanduläres Syndrom nach Parinaud: streng einseitige Konjunktivitis mit Lymphadenopathie bei verschiedene Virusinfektionen, aber auch bei Tularämie, Lues, Tuberkulose oder Pilzinfektionen
Mykotische Konjunktivitis
Eine mykotische Konjunktivitis ist selten und manifestiert sich i.d.R. als Keratomykose oder im Zusammenhang mit einer mykotischen Canaliculitis. Meist finden sich umschriebene, gelbliche Infiltrate oder Granulome.
Parasitäre Konjunktivitis
Eine parasitäre Konjunktivitis entsteht z.B. im Rahmen einer Askariose, Toxocariasis, Loiasis oder Trichinose. Weitere Ursachen sind das Eindringen von Fliegeneiern unter die Bindehaut (Ophthalmomyiasis).
Als Conjunctivitis nodosa wird eine Bindehautentzündung bezeichnet, die durch akzidentell ins Auge gelangte Raupen- bzw. Klettenhaare oder Insektenstachel verursacht wird. Die Folge ist die Bildung eines Fremdkörpergranuloms.
Allergische Konjunktivitis
Eine allergische Konjunktivitis tritt bei Überempfindlichkeit gegenüber Medikamenten oder bestimmten Antigenen (z.B. Pollenstaub, Bakterien, Kosmetika) auf.
Spezifische Krankheitsbilder sind:
- Conjunctivitis vernalis: Pflastersteinartige Proliferationen der tarsalen Bindehaut des Oberlids v.a. im Frühjahr und Herbst bei Kindern und Jugendlichen; in warmen Ländern auch ringförmige Schwellungen der bulbären Bindehaut. Ursächlich sind vermutlich allergische und klimatische Einflüsse.
- Keratoconjunctivitis phlyctaenosa: knötchenförmige Bindehautentzündung v.a. bei Kindern mit Überempfindlichkeit gegenüber Mykobakterien.
- Conjunctivitis follicularis: chronisch-allergische Konjunktivitis mit Ausbildung von Follikeln.
- Riesenpapillenkonjunktivitis: nach jahrelangem Tragen von weichen Kontaktlinsen
- Reiter-Syndrom: allergische bzw. immunologische Spätkomplikationen (incl. Urethritis und Polyarthritis) nach bestimmten bakteriellen Infekten; z.T. auch als Iridozyklitis.
Klinik
Leitsymptom einer Konjunktivitis ist das "rote Auge". An der bulbären Konjunktiva besteht eine konjunktivale Injektion oder eine Chemosis. Die tarsale Konjuktiva ist hyperämisch. Die Bindehaut produziert ein seröses, schleimiges, eitriges oder hämorrhagisches Sekret, das an den Lidrändern als Borke haften kann. Zum Teil bilden sich auch fibrinöse Membranen aus, sodass der Patient v.a. am Morgen über verklebte Augen klagt.
Weitere Symptome sind:
- Fremdkörpergefühl, Brennen, Jucken und z.T. Schmerzen
- verstärkter Tränenfluss (Epiphora)
- Photophobie
Betroffene Personen können die Lider krampfartig geschlossen halten (Blepharospasmus) oder Probleme haben, das Auge zu öffnen. Bei unkomplizierten Verläufen erfolgt keine Beeinträchtigung des Visus.
Labormedizin
Der Erreger-Nachweis erfolgt im Konjunktivalabstrich.
Komplikationen
Zu den Komplikationen der Konjunktivitis zählen:
- Störung der Hornhaut in Form von Randinfiltraten oder oberflächlichen Stippungen (Keratitis punctata superficialis)
- Lidrandentzündung (Blepharokonjunktivitis)
- Oberlidschwellung (Pseudoptosis)
- Schwellung der präaurikulären und submandibulären Lymphknoten
Differenzialdiagnosen
Therapie
Die Therapie der Konjunktivitis richtet sich nach der Ursache der Entzündung. Sie erfolgt i.d.R. durch lokale Maßnahmen, d.h. Augentropfen oder Augensalben. Bei bakterieller Infektion enthalten diese ein Antibiotikum (z.B. Kanamycin oder Gentamicin), z.T. in Kombination mit einem Glukokortikoid.
Bei viralen Infektionen werden antiphlogistische oder glukokortikoidhaltige Augentropfen verwendet. Bei allergischen Konjunktivitiden sind abschwellende (z.B. Tetryzolin, Tramazolin) und glukokortikodhaltige Augentropfen indiziert. Zusätzlich werden H1-Rezeptorantagonisten (z.B. Levocabastin) appliziert.
Steht die Trockenheit des Auges im Vordergrund, können Tränenersatzmittel oder Augensalben hilfreich sein.
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