Augenlid
Synonyme: Palpebra, Blepharon
Englisch: eye lid
Definition
Das Augenlid ist ein aus Muskeln, Bindegewebe, Haut, Schleimhaut und Drüsen zusammengesetzter Gewebedeckel, der durch das Verschließen des Auges seinem Schutz dient.
Anatomie
Übersicht
Der Mensch besitzt zwei Augenlider:
- ein oberes Augenlid bzw. Oberlid, lateinisch: Palpebra superior
- ein unteres Augenlid bzw. Unterlid, lateinisch: Palpebra inferior
Medial und Lateral verbinden sich die beiden Augenlider. Auf diese Art und Weise bilden sie die Grenze des medialen und lateralen Augenwinkels (Kanthus). Den gesamten Raum zwischen den Lidern bezeichnet man als Lidspalte.
Die Lidspalte wird oben und unten von den Lidrändern (Margines palpebrae) begrenzt. Der Lidrand geht an der vorderen Lidkante (Limbus anterior palpebrae) in die Lidvorderseite, an der hinteren Lidkante (Limbus posterior palpebrae) in die mit Konjunktiva überzogene Lidrückseite über.
Durch den Umschlag des Oberlides am Fornix conjunctivae entsteht der Sulcus palpebralis superior (Oberlidfurche), der bei geöffnetem Auge parallel zur Lidkante verläuft. Der Sulcus palpebralis inferior (Unterlidfurche) ist ist in der Regel nur beim Blick nach unten deutlich ausgeprägt.
Aufbau
Das Augenlid ist aus einem äußeren und einem inneren Blatt aufgebaut.
- Das äußere Blatt besteht aus der Lidhaut und der im Subkutangewebe befindlichen mimischen Muskulatur. Dazu zählen der Musculus orbicularis oculi und der Musculus levator palpebrae, welche die willkürliche Lidmuskulatur bilden.
- Das innere Blatt setzt sich aus dem bindegewebigen Septum orbitale und dem Tarsus ("Lidknorpel") zusammen, einer aus straffen Kollagenfasern und elastischen Fasern bestehenden Bindegewebsplatte. Sie dient dem Augenlid als Stütze und ist etwa 1 mm dick und 25 mm breit. Im Oberlid beträgt ihre Höhe rund 10 mm, im Unterlid 5 mm. In den Tarsus strahlen der Musculus tarsalis superior und der Musculus tarsalis inferior ein, welche aus glatter Muskulatur bestehen und durch den Sympathikus innerviert werden. Die zum Augapfel gerichtete Lidinnenseite ist von der Konjunktiva überzogen.
Drüsen
Im Bereich der Augenlider befinden sich mehrere Drüsen.
Zeis-Drüsen
Die Zeis-Drüsen liegen an den Haarbälgen der Wimpern. Es handelt sich um Talgdrüsen.
Krause-Drüsen
Bei den Krause-Drüsen handelt es sich um akzessorische Tränendrüsen.
Moll-Drüsen
Die Moll-Drüsen stellen schweißdrüsenähnliche apokrine Drüsen dar. Die Mündung ihrer Ausführungsgänge liegt am Rand des Augenlides oder an den Haarbälgen der Wimpern.
Meibom-Drüsen
Die Meibom-Drüsen finden sich innerhalb des Tarsus. Ihre Ausführungsgänge münden kurz vor der hinteren Lidkante. Die von ihnen produzierte Substanz ist talgähnlich und bildet eine ölige Schicht, die das Auge vor dem Austrocknen schützt.
Wolfring-Drüsen
Die Wolfring-Drüsen sind kleine akzessorische, tubuloalveoläre Tränendrüsen, die verstreut am Oberrand des Lidknorpels liegen und zusammen mit den Krause-Drüsen etwa 5% der Tränenflüssigkeit produzieren. Sie sind für die Basissekretion des Tränenfilms verantwortlich.
Blutversorgung
Die Augenlider werden überwiegend von den Arteriae palpebrales mediales und den Arteriae palpebrales laterales versorgt, die jeweils von medial und lateral in die Augenlider einstrahlen und dort durch Anastomosierung den Arcus palpebralis superior (Oberlid) und inferior (Unterlid) bilden. Diese Gefäße sind feine Äste der Arteria supraorbitalis und der Arteria lacrimalis aus der Arteria ophthalmica
Ferner tragen die Arteria temporalis superficialis, die Arteria angularis und die Arteria dorsalis nasi zur Durchblutung bei.
Innervation
Die Augenlider liegen im Versorgungsbereich des Nervus trigeminus. Die sensible Innervation des oberen Augenlids erfolgt über den Nervus supratrochlearis, den Nervus infratrochlearis und den Nervus lacrimalis. Dies sind Äste des Nervus ophthalmicus. Für die sensible Innervation des unteren Augenlids ist der Nervus infraorbitalis verantwortlich, der ein Endast des Nervus maxillaris ist.
Histologie
Die ventrale Haut der Augenlider besteht aus mehrschichtig verhorntem Plattenepithel, unter der sich eine fettfreie Lamina propria befindet. Vom Rand des Augenlids entspringen Wimpern. Zum Augapfel findet man ein mehrschichtig hochprismatisches Konjunktivalepithel, in dem sich Becherzellen finden. Der Übergangsbereich zwischen beiden Gewebeformen wird von parakeratinisiertem Plattenepithel gebildet.
Präparat
Physiologie
Der Lidschluss kann sowohl willkürlich als auch unwillkürlich (reflektorisch) induziert werden. Er nimmt etwa 300 Millisekunden in Anspruch. Dabei wirken das Ober- und Unterlid synchron zusammen. Die Öffnung der Lider verläuft langsamer als das Schließen.
Funktion
Bei hellem, blendenden Licht kann das Auge durch das Augenlid zusammengekniffen werden, die Augenlider wirken als Blendschutz. Zum Schlafen kann das Auge durch die Augenlider lichtdicht verschlossen werden.
Weiterhin wird das Auge durch das Augenlid auch mechanisch geschützt: bei Annäherung eines Gegenstandes wird das Auge geschlossen. Dieser Lidschlussreflex verhindert Gewebeschäden der empfindlichen Kornea.
Das Augenlid schützt das Auge ebenfalls vor Austrocknung, denn durch jeden Lidschluss kommt es zur Verteilung der Tränenflüssigkeit auf der Hornhaut.
Klinik
Eine Entzündung der Augenlider (Blepharitis) macht sich durch Symptome wie Juckreiz und Brennen der Lidränder sowie Rötung und Ödem bemerkbar. Lidödeme treten jedoch auch bei anderen Erkrankungen auf, da das zarte Gewebe der Augenlider leicht anschwillt.
Die entzündliche Schwellung von Moll- oder Zeisdrüsen wird als Hordeolum internum (Gerstenkorn) bezeichnet. Bei einem Chalazion (Hagelkorn) handelt es sich um die entzündliche Schwellung der Meibom-Drüsen.
Eine Lidlähmung ist die Folge einer Fazialisparese oder Okulomotoriusparese. Sie führt zu einem Herabhängen des Unter- bzw. Oberlids (Lagophthalmus bzw. Ptosis). Eine periphere Fazialislähmung, bei der das Auge nicht mehr geschlossen werden kann, führt zu einer Austrocknung der Kornea.
Fehlt ein Augenlid teilweise oder komplett, zum Beispiel durch einen Tumor oder eine Verletzung, so spricht man von Ablepharie.