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Antibiotikatherapie

Synonym: antimikrobielle Therapie

1. Definition

Antibiotikatherapie ist die Behandlung von Infektionskrankheiten mit keimtötenden Mitteln (Antibiotika). Man unterscheidet zwischen der Behandlung mit bakteriziden Antibiotika, die die Erreger abtöten und bakteriostatischen Antibiotika, die die Vermehrung der Erreger hemmen.

2. Grundlagen

Der Einsatz von Antibiotika sollte nicht blind oder wahllos erfolgen, sondern rational und verantwortungsvoll. Die Grundlagen der Antibiotikatherapie orientieren sich deshalb im Idealfall am Modell der Antibiotic Stewardship.

3. Einteilung

Die Indikation zur Antibiotikatherapie ergibt sich idealerweise durch den Nachweis des auslösenden Erregers. Da der Erregernachweis bei akuten Erkrankungen meist nicht abgewartet werden kann, unterscheidet man:

  • gezielte Antibiotikatherapie: Auswahl des Antibiotikum nach Antibiogramm, d.h. mit Kenntnis des Erregers
  • ungezielte Antibiotikatherapie: Auswahl des Antibiotikums nach Erregerverdacht, d.h. ohne konkret nachgewiesenen Erreger

Auch bei der ungezielten Antibiotikatherapie versucht man im klinischen Alltag, das Antibiotikum nach dem erwarteten Erregerspektrum festzulegen. Dabei ist eine günstige Relation zwischen den Erfolgschancen und den möglichen Nebenwirkungen der Therapie wichtig. Man spricht in dieser Situation von einer kalkulierten Antibiotikatherapie.

Liegt eine lebensbedrohende Infektion vor, ist die möglichst umfassende Bekämpfung aller denkbaren Erreger mit einem Breitspektrumantibiotikum entscheidend. Diese Form von Antibiotikatherpaie nennt man Interventionstherapie.

4. Übersicht der Antibiotikagruppen

Die folgende Tabelle gibt einen groben Überblick der wichtigsten Antibiotikagruppen mit Beispielen, Wirkspektrum und Anwendungsart (o = oral / p = parenteral).[1][2]

Gruppe Beispiele p/o Wirkspektrum
Penicilline
Penicilline Benzylpenicillin (= Penicillin G) Phenoxymethyl-Penicillin p/o
Aminopenicilline Amoxicillin o
Ampicillin p/o
Aminopenicilline /

Betalaktamase-Inhibitoren

Amoxillin /
Clavulansäure
p/o
  • Penicillin-Wirkspektrum
  • Wirksam gegen Enterokokken und einige gramnegative Erreger mit Beta­laktamase-Produktion
Ampicillin /
Sulbactam
p/o
Acylaminopenicilline Azlocillin p
  • Wirksam im grampositiven Bereich inkl. Enterokokken
  • Nicht wirksam gegen Beta­laktamase­produzierende Staphylokokken
  • Wirksam gegen gramnegative Erreger ohne Betalaktamase-Produktion
  • Unterschiedliche Aktivität gegen Pseudomonaden
Mezlocillin p
Piperacillin p
Acylaminopenicilline / Betalaktamase-Inhibitoren Piperacillin /
Tazobactam
p
  • Wirksam im gram­positiven Bereich inkl. Entero­kokken
  • Wirksam gegen einige gram­negative Erreger mit Beta­laktamase-Produktion
  • Aktivität gegen Pseudomonaden
Piperacillin /
Sulbactam
p
Isoxazolylpenicilline Dicloxacillin o
  • Wirksam gegen gram­positive Erreger mit Beta­laktamase-Produktion (Staphylo­kokken-Penicilline)
Flucloxacillin p/o
Oxacillin p/o
Cephalosporine
Gruppe 1 Cefazolin p
  • Wirksam gegen gram­positive und einige wenige gram­negative Bakterien
  • Stabil gegenüber Penicillasen aus Staphylo­kokken
  • Instabil gegenüber Beta­laktamasen gram­negativer Bakterien
Cefalexin o
Cefadroxil o
Cefaclor o
Gruppe 2 Cefuroxim p/o
  • Gut wirksam gegen grampositive und gram­negative Bakterien
  • Stabil gegenüber Penicillasen aus Staphylo­kokken und den meisten Beta­laktamasen gram­negativer Bakterien
Gruppe 3a Cefotaxim p/o
  • Deutlich besser wirksam als Gruppe 1 und 2 gegen gramnegative Bakterien
  • Stabil gegenüber zahl­reichen Beta­laktamasen gram­negativer Bakterien
  • Schwächer wirksam gegen einige gram­positive Bakterien
  • Unwirksam gegen Entero­kokken, gegen Staphylo­kokken schwach wirksam
Ceftriaxon p
Ceftibuten o
Cefixim o
Gruppe 3b Ceftazidim p
  • Wirkungsspektrum wie Cephalosporine Gruppe 3a
  • Zusätzlich gute Wirk­samkeit gegen Pseudo­monaden
Cefepim p
Carbapeneme
  Imipenem /
Cilastatin
p
  • Breites Wirkspektrum im gram­positiven und gram­negativen Bereich inkl. Anaerobier
Meropenem p
Ertapenem p
Glykopeptide
Vancomycin p
  • Wirksam gegen Strepto­kokken inkl. Entero­kokken
  • Wirksam gegen Staphylo­kokken inkl. MRSA
Teicoplanin p
Fluorchinolone
Gruppe 1 Norfloxacin o
  • Im wesentlichen auf Harnwegsinfektionen beschränkte Indikation
  • Wirksam im gram­negativen Bereich
Gruppe 2 Ofloxacin p/o
Ciprofloxacin p/o
Gruppe 3 Levofloxacin p/o
  • Gut wirksam im gram­negativen und gram­positiven Bereich inkl. Pneumo­kokken, Staphylo­kokken, Strepto­kokken
  • Gute Aktivität gegen "atypische" Pneumonie­erreger (Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen)
Gruppe 4 Moxifloxacin o
  • Ähnliches antibakterielles Wirk­spektrum wie Gruppe 3 mit verbes­serter Aktivität gegen Anaerobier
Makrolide
Ältere Makrolide Erythromycin o
  • Wirksam gegen "atypische" Pneumonieerreger (Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen)
  • Wirksam gegen Strepto­kokken inkl. Pneumokokken
  • Keine ausreichende Aktivität gegen Haemophilus influenzae
Neuere Makrolide Azithromycin o
  • Wirkspektrum wie ältere Makrolide mit verbes­serter Aktivität gegen Haemo­philus influenzae
  • Telithromycin wirkt auch bei Erythromycin-resistenten Pneumo­kokken
Clarithromycin o
Roxithromycin o
Telithromycin o
Aminoglykoside
Amikacin p
Gentamicin p
Tobramycin p
Tetracycline
Doxycyclin p/o
  • Wirksam gegen "atypische" Pneumonie­erreger (Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen)
  • Zunehmende Resistenz bei Pneumo­kokken
Diaminopyrimidine
Trimethoprim
mit oder ohne Sulfonamid
Trimethoprim ebenso wirksam wie Cotrimoxazol (hier evtl. Nebenwirkung durch den Sulfonamid­anteil) o

5. Wechselwirkungen

Wichtige Beispiele zu Interaktionen von Antibiotika mit anderen Arzneimitteln und deren Folgen sind in der folgenden Tabelle dargestellt. [3]

Antibiotika Komedikation Folge
Penicilline Saure Pharmaka, z.B. Probenecid, Salicylate, Indometacin, Sulfinpyrazon, Phenylbutazon Verminderung der tubulären Penicillin-Sekretion, erhöhte Krampf­neigung bei hoher Dosierung
Cephalosporine Nephrotoxische Substanzen, z.B. Aminoglykoside Verstärkung der Nephrotoxizität, vor allem bei einge­schränkter Nierenfunktion
Fluorchinolone

Ciprofloxacin,
Levofloxacin,
Moxifloxacin

Nichtsteroidale Antiphlogistika Erhöhte Krampfneigung
Mineralische Antazida, H2-Rezeptor-Antagonisten Verminderung der Resorption von allen Chinolonen mit Wirkungs­verlust
Warfarin Verstärkung der Warfarin-Wirkung. Manche Fluorchinolone hemmen die hepatische Elimination der R-Form des Warfarins.
Substanzen, die das QT-Intervall verlängern (Terfenadin) Gesteigertes Risiko ventrikulärer Arrythmien, besonders Torsades de pointes
Makrolide Theophyllin Gefahr einer Theophyllin-Intoxikation durch reduzierten Theophyllin-Metabolismus
Mutterkornalkaloide Gefahr eines Ergotismus durch kompetitive Hemmung des hepatischen Abbaus der Mutter­kornalkaloide
Carbamazepin Gefahr von Carbamazepin-Über­dosierungs­erscheinungen (z.B. Übelkeit, Erbrechen) durch herab­gesetzte Carbamazepin-Meta­bolisierung
Ciclosporin A Erhöhte Nephro­toxizität durch reduzierten Meta­bolismus von Ciclosporin
Statine (besonders Simvastatin, Lovastatin und Atorvastatin) Rhabdomyolyse
Warfarin Verstärkte Blutungs­gefahr durch reduzierte Warfarin-Metabolisierung
Substanzen, die das QT-Intervall verlängern (Terfenadin) Gesteigertes Risiko ventri­kulärer Arrythmien, besonders Torsades de pointes
Protease­inhibitoren und nicht­nukleosidische Hemm­stoffe der reversen Transkriptase Verstärkung der Nebenwirkungen
Tetracycline (Doxycyclin) Barbiturate, Phenytoin, Carbamazepin Beschleunigter Tetracyclin-Abbau durch Enzym­induktion
Substanzen mit hoher Protein­bindung, z.B. Sulfonylharnstoffe, Cumarin-Analoga (z.B. Phenprocoumon) Wirkungs­verstärkung von stark protein­gebundenen Substanzen. Das etwa zu 95% an Plasma­proteine gebundene Doxycyclin verdrängt diese Komedi­kamente aus ihrer Eiweißbindung.
Carbamazepin Gefahr von Carbamazepin-Überdosierungs­erscheinungen (z.B. Übelkeit, Erbrechen) durch herabgesetzte Carbamazepin-Metabolisierung
Ciclosporin Erhöhte Nephro­toxizität durch reduzierten Meta­bolismus von Ciclosporin
Phenprocoumon, Warfarin Verstärkte Blutungs­gefahr durch reduzierte Meta­bolisierung
Glycylcycline (Tigecyclin) Orale Antikoagulanzien (Warfarin) Gelegentlich erhöhte INR-Werte
Linezolid MAO-Hemmer (Moclobemid) Blutdruck­anstieg, Serotonin-Syndrom
Daptomycin Mit Myopathie assoziierte Arzneimittel (Statine) Erhöhte CPK-Werte, Rhabdomyolyse
Lincosamide Nicht depolari­sierende Muskel­relaxanzien Verstärkte neuro­muskuläre Blockade mit Atem­depression
Glykopeptide Nephro- oder ototoxische Pharmaka, z.B. Aminoglykoside, Amphotericin B, Ciclosporin, Cisplatin, Schleifen­diuretika Gesteigertes Risiko von Nieren- und/oder Gehörschäden
Aminoglykoside Nicht depolari­sierende Muskel­relaxanzien Begünstigung/ Auslösung/ Potenzierung einer neuro­muskulären Blockade
Nephro- oder ototoxische Pharmaka, z.B. Vancomycin, Colistin, Amphotericin B, Ciclosporin, Cisplatin, Schleifen­diuretika Gesteigertes Risiko von Nieren- und/oder Gehör­schäden
Rifampicin Substrate des Cytochrom-P450-Systems und der P-Glykoproteine Durch Induktion erhöhte Clearance der Arznei­mittel und dadurch reduzierte Wirkung

6. Quellen

  1. F. Vogel, G. Herold: Innere Medizin - Eine vorlesungsorientierte Darstellung (2012, DocCheck Load)
  2. Herold Innere Medizin (2012, DocCheck multeBook)
  3. Klaus-Friedrich Bodmann, Béatrice Grabein und die Expertenkommission der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e.V.: Empfehlungen zur kalkulierten parenteralen Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen In: Chemother J 2010;19:179–255

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