Colistin
Synonym: Polymyxin E
Handelsname: Diarönt
Englisch: Colistin
Definition
Colistin ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Peptidantibiotika, das zu den Polymyxinen gehört. Das Arzneimittel kommt u.a. bei der selektiven Darmdekontamination (SDD) und als Reserveantibiotikum bei verschiedenen Infektionen zum Einsatz.
Chemie
Colistin liegt in unterschiedlichen chemischen Formen vor:
- Colistimethat-Natrium (CMS) ist ein Prodrug, das durch Hydrolyse in die pharmakologisch aktive Colistin-Base umgewandelt wird. Es wird für Injektions- und Inhalationslösungen verwendet.
- Colistinsulfat ist kaum resobierbar und wird zur Behandlung gastrointestinaler Infektionen verwendet.
Wirkmechanismus
Colistin ist ein polykationisches Peptid, das ausschließlich auf gramnegative Bakterien bakterizid wirkt. Es besitzt hydrophile und lipophile Molekülregionen. Die kationischen Regionen interagieren mit den Lipopolysacchariden (LPS) der äußeren Bakterienmembran und ersetzen dort Magnesium- und Calciumionen, die von den Phosphatgruppen der LPS gebunden sind. Die lipophilen Anteile interagieren mit der inneren Zellmembran der Erreger und wirken dort als Detergens. Im Effekt kommt es zu einer Schädigung beider Membransysteme, die zu einem Austritt des Zellinhalts und damit zum Tod des Bakteriums führt.
Wirkspektrum
- Empfindlich: Salmonellen, Shigellen, Haemophilus influenzae, Pasteurellen, Acinetobacter
- Variabel empfindlich: Aeromonas, Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli, Enterobacter, Fusobakterien, Klebsiellen, Prevotella, Vibrio
- Primär resistent: Brucellen, Edwardsiella, Francisella tularensis, Helicobacter pylori, Moraxella catarrhalis, Proteus, Providencia, Gonokokken, Meningokokken, Morganellen, Serratia und grampositive Bakterien
Resistenzen
Sowohl bei Nonfermentern (Pseudomonas) als auch bei Enterobacteriaceae kommen inzwischen Colistinresistenzen vor, die auf dem bakteriellen Gen MCR-1 basieren.
Leider wird Colistin ebenfalls vermehrt in der Veterinärmedizin, insbesondere in Massentierhaltungsbetrieben eingesetzt. In Schlachtabwässern von Tierhaltungsbetrieben konnten Resistenzen gegen Colistin beobachtet werden.[1]
Pharmakokinetik
Colistin wird bei oraler Gabe praktisch nicht resorbiert. Die Plasmahalbwertszeit beträgt ein bis drei Stunden. Der Arzneistoff wird überwiegend renal eliminiert.
Indikationen
Colistin ist u.a. im Rahmen der Therapie von Atemwegsinfektionen durch Pseudomonas aeruginosa bei Patienten mit Mukoviszidose sowie bei Infektionen mit multiresistenten Acinetobacter baumannii indiziert. Colistin ist ein Reserveantibiotikum für Infektionen mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen (4MRGN) bzw. Carbapenem-resistenten gramnegativen Erregern (CRGN) und sollte daher zurückhaltend eingesetzt werden.
Darreichungsform
Abhängig von der Indikation wird Colistin entweder oral in Form von Tabletten appliziert oder intravenös als Injektionslösung.
Darüber hinaus ist Colistin auch für die Inhalation als Aerosol oder Pulver zur Herstellung einer Lösung verfügbar.
Dosierung
Die Dosierung von Colistin ist international nicht standardisiert, was die adäquate Dosierung im Einzelfall erschwert. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung des jeweiligen Herstellers.
Nebenwirkungen
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff und anderen Polymyxinen
- Niereninsuffizienz
- schwere kardial bedingte Ausscheidungsstörungen
- Schwangerschaft, Stillzeit
Quellen
- ↑ Tagesschau - Gefährliche Keime in Schlachtabwässern, abgerufen am 30.03.2022