Peptidantibiotikum
Synonyme: Peptid-Antibiotikum, Polypeptid-Antibiotikum
Englisch peptide antibiotic, antimicrobial peptide (AMP)
Definition
Als Peptidantibiotika werden Peptide mit antibiotischer Wirkung bezeichnet. Häufig handelt es sich dabei um Naturstoffe oder Derivate derselben.
Antimikrobielle Peptide
Die Entwicklung von Peptidantibiotika erfolgt zumeist auf der Basis von antimikrobiellen Peptiden. Dies sind Naturstoffe, die bei verschiedensten Organismen nachweisbar sind und von diesen zum Beispiel zur Bekämpfung von Nahrungskonkurrenten, potentiellen Pathogenen oder — etwa im Falle des Menschen — zur Regulation der körpereigenen Mikrobenflora dienen. So produziert auch der menschliche Organismus antimikrobielle Peptide, die in den Darm sezerniert werden. Antimikrobielle Peptide werden also sowohl von Prokaryoten als auch von Eukaryoten produziert. Unter den Eukaryoten sind neben Mikroorganismen (z.B. Pilze) auch zahlreiche Makroorganismen als Produzenten bekannt.
Die Definition von Peptidantibiotika und antimikrobiellen Peptiden überschneidet sich, Übergänge sind fließend.
Wirkmechanismus
Es kommen je nach Substanz unterschiedliche Wirkmechanismen vor. Häufig führen Peptidantibiotika durch Wechselwirkung mit Zytoplasmamembranen zu Porenbildung und somit Zytolyse und Zelltod. Weiterhin verbreitet ist eine Wirkung durch Hemmung der Synthese von DNA und RNA, Proteinbiosynthese, Zellwandsynthese oder Beeinflussung enzymatischer Prozesse. Die Wirkung kann sich gegen prokaryotische und eukaryotische Zellen sowie behüllte Viren richten.
Substanzen
Bei den meisten etablierten Wirkstoffen handelt es sich um Oligopeptide, also relativ kleine Moleküle aus bis zu zehn Aminosäuren. Darüber hinaus existieren größere Moleküle in Form von Polypeptiden. Viele Vertreter weisen Ringsysteme in ihrer Struktur auf (Cyclopeptide). Eine Einteilung kann nach dem Ort der Biosynthese innerhalb der Zellen des jeweiligen Produzenten in ribosomale und nicht-ribosomale Peptidantibiotika erfolgen. Unter den Prokaryoten finden sich ausschließlich nicht-ribosomal synthetisierte antimikrobielle Peptide.
Beispiele für bereits etablierte Arzneistoffe sind:
- Bacitracin (häufiger Futtermittelzusatz)
- Capreomycin
- Feglymycin
- Fusafungin (Zulassungswiderruf 2016)
- Gramicidin
- Polymyxine, etwa Colistin und Polymyxin B
- Tyrothricin
Beispiele für antimikrobielle Peptide, die Gegenstand der pharmakologischen Forschung und Entwicklung sind, sind etwa Clavanine und Teixobactin.
Vor- und Nachteile
Gegenwärtig (2024) erhofft man sich neuartige Antibiotika auf Peptidbasis, die gegen Infektionen mit multiresistenten Erregern wirksam sind. Tatsächlich weisen zahlreiche experimentelle Substanzen diese Eigenschaft bei Versuchen in vitro und in vivo auf. Weiterhin werden die Substanzen zu kleineren Molekülen bzw. Aminosäuren abgebaut (durch Proteasen im Gewebe oder in der Niere) und reichern sich nicht in der Umwelt an.
Nachteile können gegebenenfalls sein:
- schlechte Bioverfügbarkeit: enzymatischer Wirkstoffabbau, schlechte enterale Bioverfügbarkeit; größere Herausforderungen an die Galenik entsprechender Arzneimittel
- Immunogenität: Wirkungsbeeinflussung und Allergiepotential
- Humantoxizität: die meisten etablierten Peptidantibiotika weisen eine unspezifische Toxizität auf und schädigen auch menschliche Zellen. Die Folge sind neurotoxische, nephrotoxische oder hämolytische Effekte. Hierdurch ist eine systemische Anwendung kontraindiziert.[1] Eine Ausnahme stellen beispielsweise die experimentellen Clavanine dar.
Unter Umständen erweist sich eine Applikation in situ, also direkt in oder um das betroffene (infizierte) Gewebe, als sinnvoll.
Quellen
- ↑ Mutschler et al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen, 8. Aufl, Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft.
Literatur
- Holzgrabe, Lühmann & Meinel: Antibiotika-Entwicklung – Nachhaltigkeit kann Leben retten, Pharmaz. Zeitung., Govi Verlag, 50. Ausgabe (2016), S. 26-35.
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