Acinetobacter
Definition
Acinetobacter ist eine Gattung gramnegativer Stäbchenbakterien.
Taxonomie
Externe Systematik
- Bakterien (Bacteria)
- Proteobacteria
- Gammaproteobacteria
- Pseudomonadales
- Moraxellaceae
- Gattung: Acinetobacter
- Moraxellaceae
- Pseudomonadales
- Gammaproteobacteria
- Proteobacteria
Ältere Systematiken ordneten Acinetobacter zu Neisseriaceae.
Arten
Es wurden molekularbiologisch-genetisch mindestens 17 Arten unterschieden. Im Rahmen nosokomialer Infektionen sind insbesondere Acinetobacter calcoaceticus und Acinetobacter baumannii bedeutsam.[1] Es werden regelmäßig neue Arten beschrieben, Acinetobacter dürfte über fünfzig Arten umfassen.
Biologie
Acinetobacter-Arten sind aerobe Nonfermenter. Ihnen dient das Polypeptid Cyanophycin als Energiespeicher; dieses wurde beispielsweise bei Acinetobacter baylii nachgewiesen. Die Synthese erfolgt an der Cytoplasmamembran in einer ATP-abhängigen Reaktion durch eine Cyanophycin-Synthetase aus L-Arginin und L-Asparaginsäure. Das Peptid akkumuliert in cytoplasmatischen Granula.
Als Speicherlipide kommen Wachsester vor (Bildung durch Veresterung von Fettsäuren mit Fettalkoholen).
Acinetobacter-Arten weisen eine hohe Kompetenz hinsichtlich ihrer Transformationsfähigkeit auf. Die Gattung ist unter natürlichen Umständen kompetent. Das bedeutet, freie Fremd-DNA kann aus der Umgebung der Zelle aufgenommen werden. Eine Differenzierung der Fremd-DNA findet kaum statt, Acinetobacter akzeptiert praktisch jede Fremd-DNA.
Diese natürliche Eigenschaft ist ein wesentlicher Faktor für die Fähigkeit von Acinetobacter-Arten, antibiotikaresistente Stämme zu bilden, da über die Transformation mit Fremd-DNA Resistenzgene aufgenommen werden können.
Medizinische Bedeutung
Acinetobacter-Arten sind besonders umweltresistent und in der Lage, Antibiotikaresistenzen auszubilden. Vor allem Acinetobacter baumanii ist in diesem Zusammenhang als Erreger nosokomialer Infektionen von Bedeutung.
Es können eitrige Infektionen und Abszesse in allen Organsystemen auftreten. Zumeist entwickelt sich bei stationär behandelten Patienten in kritischem Zustand eine Atemwegsinfektion, unter Umständen mit multilobulärer Pneumonie und schwerwiegenden Komplikationen wie sekundärer Bakteriämie und septischen Schock.
Nach neurochirurgischen Eingriffen kann es selten zu Acinetobacter-assoziierter Meningitis kommen. Bei Patienten mit Venenverweilkathetern kann eine Phlebitis auftreten. Weitere seltene Erkrankungen durch Acinetobacter sind Osteomyelitis, septische Arthritis sowie Infektionen von Auge, Endokard (Herzklappen, native und künstliche), Pankreas und Leber.
Antibiose
Bei Acinetobacter können Multiresistenzen auftreten. Eine Antibiotika-Resistenzbestimmung sollte daher durchgeführt werden.
Bei lokalen Infektionen kann eine topische Antibiose ausreichend sein, gegebenenfalls ist eine Wundtoilette indiziert.
Geeignete Antibiotika können Carbapeneme (Meropenem, Imipenem), Colistin, Rifampin oder die Kombination aus einem Fluorchinolon und einem Aminoglykosid sein. Schwere Infektionen werden zumeist mit kombinierten Wirkstoffen behandelt. Bei massiver Resistenz ist unter Umständen die Gabe von Tigecyclin oder die Kombination von Colistin und Minocyclin indiziert.
Vorkommen
Acinetobacter-Arten sind weit verbreitet und finden sich zum Beispiel:
- neben zahlreichen anderen Gattungen im Belebtschlamm der biologischen Reinigungsstufe in der Abwasseraufbereitung,
- in Boden und Oberflächengewässern,
- in Trink-und Abwasser,
- im Mikrobiom der Haut und Schleimhäute von Mensch und Tieren.
Meldepflicht
Gemäß § 7 Infektionsschutzgesetz ist der direkte Nachweis von Acinetobacter bei Infektion oder Kolonisation meldepflichtig:
- Acinetobacter spp. bei Nachweis einer Carbapenemase-Determinante oder mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber Carbapenemen außer bei natürlicher Resistenz; Meldepflicht nur bei Infektion oder Kolonisation. [IfSG §7]
Literatur
- Munk (Hrsg.): Taschenlehrbuch Biologie: Mikrobiologie, Georg Thieme Verlag, 2008.
- Epidemiologisches Bulletin 12. August 2013 / Nr. 32: Acinetobacter baumannii – ein Krankenhauskeim mit beunruhigendem Entwicklungspotenzial. (PDF)
Einzelnachweise
- ↑ Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl., Walter de Gruyter.