Haemophilus influenzae
Synonym: Haemophilus-influenzae-b-Infektion
Englisch: Haemophilus influenzae, Pfeiffer's bacillus, Bacillus influenzae
Definition
Haemophilus influenzae ist ein Bakterium der Gattung Haemophilus (gramnegative, fakultativ anaerobe Stäbchen).
Über die Mikrobiologie hinaus wurde Haemophilus influenzae im Jahr 1995 als erster Organismus bekannt, dessen Genom vollständig sequenziert wurde.
Aufbau
Haemophilus influenzae ist ein gramnegatives Stäbchen, dessen Zellwand Endotoxin enthält. Zudem weist Haemophilus influenzae eine aus Polysacchariden aufgebaute Kapsel auf. Je nach Kapseltyp werden sechs Serotypen A-F unterschieden, wobei Kapseltyp B (Hib) als am meisten pathogen zu betrachten ist. Ein weiterer Pathogenitätsfaktor ist eine IgA-Protease.
Als adhäsive Bestandteile trägt Haemophilus influenzae Fimbrien (siehe hierzu Pilus).
Rolle als Krankheitserreger
Haemophilus influenzae ist ein Bakterium, das in den Schleimhäuten des Menschen angesiedelt ist und dort gelegentlich, bei Verletzung oder Immunsuppression, Entzündungen hervorruft.
Haemophilus influenzae kann zu einer Vielzahl verschiedener Krankheitsbilder führen, unter anderem sind dies:
- Meningitis
- Epiglottitis (Kapseltyp B)
- Otitis media
- Sinusitis
- Bronchitis
- Pneumonie
- Konjunktivitis
- OPSI nach Splenektomie
Früher wurde er für den Erreger der Grippe gehalten, daher auch der Namenszusatz influenzae. Als das Grippevirus entdeckt wurde, erkannte man, dass er nur durch den Vorteil der Immunsuppression eine Entzündung verursachte.
Haemophilus influenzae ist ein häufiger Erreger bakterieller Superinfektionen der Atemwege. Insbesondere bei den Rauchern verursacht er häufig Exazerbationen bei chronischer Bronchitis.
Labordiagnostik
Haemophilus influenzae kann unter anderem durch Antigennachweis und Anzucht nachgewiesen werden. Als Untersuchungsmaterialen eignen sich prinzipiell alle entzündlichen Sekrete, zum Beispiel Liquor, Blut, Sputum, Eiter oder Abstriche aus der Konjunktiva.
Zur kulturellen Anzucht wird Kochblutagar verwendet, der zur Anreicherung mit speziellen Zusätzen versehen wird (z.B. Hirn-Herz-Bouillon). Zum Wachstum benötigt Haemophilus influenzae Hämin (X-Faktor) und NAD oder NADP (V-Faktor). Die entnommenen Probenmaterialien müssen schnell in ein Labor gebracht werden, da Haemophilus auf diese Wachstumsfaktoren angewiesen ist (Präanalytik). Beim Wachstum von Haemophilus influenzae zusammen mit Staphylococcus aureus zeigt sich charakteristischerweise das Ammenphänomen.
Der Antigennachweis kann durch Agglutinationstests erfolgen, durch Nachweis spezifischer Antikörper gelingt serologisch auch die Zuordnung bestimmter Kapseltypen.
Therapie
Zur Therapie eignen sich Aminopenicilline wie Amoxicillin, die Kombination mit Clavulansäure erfasst auch Stämme, die Beta-Laktamasen bilden. Ebenfalls wirksam sind viele Cephalosporine, z.B. Cefuroxim, Cefaclor, Cefotaxim, Cefixim.
Eine Wirkung gegen Haemophilus influenzae haben auch Chinolone wie Ciprofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin mit einer MHK90 ≤ 0,03 microg/ml.
Alternativ können auch Makrolide eingesetzt werden, am besten Azithromycin oder Roxithromycin. Bei Erythromycin ist die Wirkung in der Regel nicht ausreichend.
In besonderen Fällen kommen Cotrimoxazol, Doxycyclin oder Chloramphenicol zum Einsatz.
Bei einer invasiven Haemophilus-influenzae-B-Infektion wird vor der Entlassung Rifampicin zur Eradikation der Besiedlung des Nasopharynx verabreicht. Die Gabe des Arzneimittels dient auch der Prävention von Zweiterkrankungen und Infektionen im Umfeld des Patienten.[1]
Resistenzen
Bei Haemophilus influenzae kommt es zu einer zunehmenden Resistenzentwicklung gegenüber Aminopenicillinen und Cephalosporinen durch Beta-Laktamasen. Daher muss zur kalkulierten Therapie unter Umständen auf Nicht-Betalaktame oder Beta-Laktam-Antibiotika mit Beta-Laktamase-Inhibitor (z.B. Clavulansäure) zurückgegriffen werden.
Impfung
Eine Impfung gegen Haemophilus influenzae Kapseltyp B wird von der STIKO empfohlen. Durch sie konnte die Inzidenz der kindlichen Epiglottitis überdeutlich abgesenkt werden.
Die Grundimmunisierung erfolgt zusammen mit einer Tetanus-, Diphtherie-, Pertussis-, Poliomyelitis-, Hepatitis-B-, Meningokokken-B- und Pneumokokken-Impfung im 2., 4. und 11. Lebensmonat (Stand Januar 2024). Hib ist als konjugierte Polysaccharid-Impfstoffkomponente enthalten. Frühgeborene erhalten eine zusätzliche Impfstoffdosis im Alter von 3 Monaten, d.h. insgesamt 4 Impfstoffdosen. Der Mindestabstand zwischen der vorletzten und letzten Dosis beträgt 6 Monate. Bei fehlender oder unvollständiger Grundimmunisierung sollten Nachholimpfungen bis zum 4. Lebensjahr durchgeführt werden.
Als Indikationsimpfung wird die Haemophilus-influenzae-Impfung einmalig bei Personen mit anatomischer oder funktioneller Asplenie (z.B. Sichelzellanämie) empfohlen.
Das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) empfiehlt zudem eine Impfung von Kindern nach invasiver Hib-Infektion, bei denen der Antikörpertiter auf eine unzureichende Immunität hinweist. Ist eine Bestimmung des Antikörpertiters nicht möglich, sollten Kinder unter 2 Jahren auch ohne Testung geimpft werden.[1]
Quelle
- ↑ 1,0 1,1 RKI-Ratgeber – Haemophilus influenzae, invasive Infektion, abgerufen am 05.07.2024
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