Aminopenicillin
Definition
Aminopenicilline sind Arzneistoffe aus der Gruppe der Beta-Laktamantibiotika und dienen der antimikrobiellen Pharmakotherapie.
Hintergrund
Aminopenicilline sind chemisch durch die Substitution einer Aminogruppe in α-Position am Benzylpenicillin gekennzeichnet. Sie sind säurefest, aber β-Laktamase-labil. Im Vergleich zu Penicillin verfügen sie über ein erweitertes Wirkspektrum, das sich durch Kombination mit β-Laktamase-Hemmer weiter vergrößern lässt.
Substanzen
Zurzeit gibt es zwei im Handel befindliche Vertreter der Aminopenicilline: Ampicillin und Amoxicillin. Beispiele für Aminopenicilline, die heute nicht mehr im Handel sind, wären Bacampicillin und Pivampicillin.
Applikation
- Ampicillin: Obwohl es säurestabil und damit theoretisch auch oral applizierbar wäre, beträgt seine orale Bioverfügbarkeit durch die geringe enterale Resorption nur 30%. Dies führt nicht nur zu unzureichend hohen Plasmaspiegeln sonder auch zu erhöhten Wirkstoffkonzentrationen im Darmlumen. Hierdurch kommt es unter oraler Ampicillin-Therapie zu vermehrten gastrointestinalen Nebenwirkungen. Aus diesen Gründen wird Ampicillin vorzugsweise parenteral, also i.v. oder i.m. verabreicht.
- Amoxicillin: Durch die Einführung einer Hydroxyl-Gruppe in para-Stellung des Phenolrings, kann diese Substanz den enteralen Dipeptid-Transporter nutzen. Hierdurch steigt die orale Bioverfügbarkeit des Amoxycillins auf 60-80%. Diese Substanz wird daher bevorzugt oral appliziert.
Elimination
Aminopenicilline werden vorwiegend unverändert renal ausgeschieden, ein geringer Anteil wird aber wohl auch hepatisch metabolisiert.
Wirkmechanismus
Wie alle Beta-Laktamantibiotika, binden auch die Aminopenicilline mittels ihres Wirkzentrums, dem β-Laktamring, an Penicillin-bindende Proteine. Eines dieser Proteine ist die Transpeptidase, die für eine Quervernetzung der Glykopeptide der bakteriellen Zellwand zuständig ist. Bleibt diese durch Inhibierung der Transpeptidase aus, wird die Zellwand der mitotisch aktiven Bakterien zunehmend instabil, bis sie dem aus osmotischen Gründen einströmendem Wasser nicht mehr standhalten kann. Das Bakterium platzt. Dementsprechend besitzen β-Laktam-Antibiotika eine bakterizide Wirkung auf proliferierende Bakterien, die eine Zellwand ausbilden.
Wirkspektrum
Durch die Substitution der Aminogruppe verschiebt sich das Wirkspektrum der Aminopenicilline im Vergleich zu Penicillin G von grampositiven zu gramnegativen Bakterien hin. Dabei erfassen die Aminopenicilline insbesondere:
- grampositiv:
- gramnegativ
- Haemophilus influenzae CAVE: hier liegen häufig Resistenzen des Erregers vor!
- Salmonellen
- Shigellen (bakterielle Ruhr)
- Enterobacteriaceae
- Escherichia coli: 60% der Stämme
- Proteus mirabilis: gegen die meisten Stämme
- Helicobacter pylori (Helico-bacter-Eradikation)
Resistenzen
Betalaktamase-bildende Bakterien sind gegenüber Aminopenicillinen resistent. Um diese Resistenzen zu umgehen, werden Aminopenicilline mit Betalaktamaseinhibitoren (z.B. Tazobactam) kombiniert.
Indikationen
Aminopenicilline werden zur Behandlung verschiedener bakterieller Infektionen eingesetzt. Vorzugsweise sollten sie nach dem Ergebnis eines Antibiogramm verabreicht werden. Im klinischen Alltag werden sie aber aufgrund ihres breiten Wirkspektrums auch zur Anfangsbehandlung gegeben, wenn der genaue Erreger noch nicht feststeht. Haupteinsatzgebiete sind
- Harnwegsinfekte durch E. coli, Proteus mirabilis oder Enterokokken
- Atemwegsinfektionen (z.B. Bronchopneumonie), vor allem durch Haemophilus influenzae
- Sinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen)
- Otitis media (Mittelohrentzündung)
- Listeriose
- Endokarditis durch Enterokokken: Zweifachbehandlung in Kombination mit einem Aminoglykosid
Weitere Einsatzgebiete sind Meningitis, Epiglottitis, Weichteilinfektionen und Osteomyelitis
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
- Makulöse Exantheme: Sie sind auch als "Amoxicillin-Exanthem" bekannt. Exantheme treten häufig nach einer Behandlung mit Aminopenicillinen auf und sind sowohl allergischer als auch toxischer Genese. Sie treten gehäuft bei Aminopenicillin-Gabe während einer Infektion mit infektiöser Mononukleose oder bei einer gleichzeitig bestehenden chronisch lymphatischen Leukämie auf. Das makulöse Exanthem darf nicht mit dem Penicillin-induzierten anaphylaktischen Schock verwechselt werden, da dieses keine Kontraindikation für eine erneute Behandlung mit Penicillinen darstellt!
- Gastrointestinale Störungen: Insbesondere nach oraler Gabe von Ampicillin. Die Beschwerden reichen von Diarrhoen bis zur pseudomembranösen Enterokolitis.
- neurotoxische Reaktionen: Bei hohen Dosen bzw. bei erhöhten Dosen im ZNS kann es zu Krampfanfällen sowie zu anderen motorischen oder auch sensiblen Störungen kommen.
- Anaphylaxie: Wichtigste Nebenwirkung bei den Penicillin-Derivaten ist ein anaphylaktischer Schock.
Kontraindikation
- Penicillinallergie
- CLL oder EBV-Infektion
- Niereninsuffizienz
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