Listeriose
nach Joseph Baron Lister, englischer Chirurg (1827-1912)
Englisch: listeriosis
Definition
Die Listeriose ist eine Infektionskrankheit, die durch Listerien hervorgerufen wird. Diese Erkrankung ist besonders gefährlich in der Schwangerschaft, da ein diaplazentarer Übertritt zur kindlichen Infektion bis hin zu Sepsis und Tod führen kann.
Erreger
Listerien sind anaerobe, grampositive, nicht sporenbildende, katalase-positive Stäbchenbakterien. Die wichtigste humanpathogene Spezies ist Listeria monocytogenes.[1]
Epidemiologie
2001 bis 2009 wurden insgesamt 3.092 Listeriosen an das Robert-Koch-Institut übermittelt. Die jährliche Inzidenz schwankte zwischen 217 (2001) und 513 Erkrankungen (2006). Die durchschnittliche jährliche Inzidenz betrug 0,4 Fälle pro 100.000 Einwohner. In den Jahren 2010 bis 2018 wurden im Median 613 Fälle gemeldet. Bei einem Minimum von 362 Fällen im Jahr 2011 und einem Maximum von 770 Fällen im Jahr 2018 haben sich die Meldefälle in diesem Zeitraum verdoppelt. Für die Periode wurde ein linearer Trend mit starkem Zusammenhang errechnet. Im Jahr 2018 verliefen 5 % der gemeldeten Listeriosen tödlich.[2]
Die Meldung der überregional auftretenden Listerioseinfektionen an die Lebensmittelaufsichtsbehörden führte zur Aufdeckung von Mängeln der Hygiene bei dem hessischen Wurstproduzenten Wilke im Oktober 2019.[3]
Ursache
Listerien werden primär über den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln wie zum Beispiel Rohwurstprodukten, Räucherfisch und nicht pasteurisierten Milchprodukten übertragen. Die Listeriose gehört somit zu den Lebensmittelvergiftungen. Schwangere und immungeschwächte Personen sollten diese Produkte vermeiden, da sie besonders infektionsgefährdet sind. Außerdem sind häufiger Alkoholkranke und Diabetiker betroffen.
Mit dem Ablauf des Datums des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) nimmt in Lebensmittelproben die Rate an Nachweisen von Listerien zu, z.B.[4]
- Räucherfisch: 6,2 % auf 8,4 %
- Weichkäse: 0 auf 0,7 %
- wärmebehandelte Fleischerzeugnisse: 0 auf 2,0 %
Symptome
Eine Infektion mit Listerien ist bei immunkompetenten Erwachsenen oft inapparent. Selten kommt es zu Symptomen wie unspezifischen, grippeartigen Beschwerden oder auch Magen-Darm-Beschwerden. Die Inkubationszeit ist sehr variabel und beträgt 3 bis 70 Tage.
Bei abwehrgeschwächten Personen hingegen sind Infektionen häufiger mit folgenden Symptomen assoziiert:
- Grippe mit leichter Meningoenzephalitis (Fieber, Muskelschmerzen, Gastroenteritis)
- Monozytenangina
- eitrige Meningitis oder Enzephalitis mit neurologischen Ausfällen, Ataxie und/oder Bewusstseinsstörung
- Keratokonjunktivitis
- Sepsis
- Endokarditis
Prinzipiell kann eine Listeriose jedes Organ befallen.
Im Rahmen der konnatalen Listeriose sind zudem Fehl- oder Frühgeburten möglich. Zudem kann es zur Neugeborenenlisteriose kommen. Man unterscheidet eine Frühinfektion und eine Spätinfektion. Bei der Frühinfektion tritt der Erreger in den letzten Schwangerschaftswochen von der infizierten Schwangeren auf das Kind diaplazentar über. Die Neugeborenen werden dann der 1. Lebenswoche symptomatisch. Dies umfasst eine Sepsis, Pneumonie mit Atemnotsyndrom sowie granulomatöse Gewebereaktionen in Haut und inneren Organen. Bei der Spätinfektion treten die Symptome ab der 2. Lebenswoche auf. Die Säuglinge werden meist zum regulären Termin geboren, infizieren sich aber im Geburtskanal. Sie haben häufig eine Meningoenzephalitis mit Krämpfen, Erbrechen, Benommenheit sowie Atemstörungen bis zum Atemstillstand. Eine septische Bakterienstreuung kann zur Hepatosplenomegalie - eventuell mit Icterus gravis prolongatus - führen.
Diagnose
Aufgrund der unspezifischen Symptomatik kann Diagnose nur bakteriologisch sicher gestellt werden. Im Blutbild fällt eine Leukozytose auf, die ESR ist erhöht.
Serologie
Serologisch ist die Bestimmung der Listerien-Antikörper (LIAK) möglich. Für eine Listerien-Infektion sprechen hohe Titerwerte oder ein Titeranstieg um zumindest zwei Titerstufen innerhalb von 14 Tagen. Ein negatives Ergebnis der Listerien-Serologie schließt eine Infektion aber nicht mit Sicherheit aus. Darüber hinaus kann es zu falsch-positiven Ergebnissen durch Kreuzreaktionen mit Staphylokokken, Streptokokken oder Enterokokken kommen.
Bakteriologie
Ein Erregernachweis kann durch eine Bakterienkultur oder mithilfe einer PCR erfolgen. Die Anzucht ist aus Blut, Liquor, Eiter, Stuhl und anderen kontaminierten Körpermaterialien möglich. Für die Kultivierung wird Schafblutagar verwendet. Bei Proben mit starker Beteiligung anderer Bakterien (Stuhl, Vaginalsekret) ist die Identifizierung erschwert. Einschränkend für den Aussagewert einer Stuhluntersuchung ist die Tatsache, dass Listerien auch bei bis zu 5 % aller gesunden Probanden gefunden werden kann.
Ein Nachweis mittels PCR ist vor allem dann hilfreich, wenn nach einer antibiotischen Vorbehandlung die erfolgreiche Kultivierung unwahrscheinlich ist. Zudem erlaubt die PCR eine Feintypisierung der Isolate. Die höchste Ausagekraft bieten das Whole Genome Sequencing (WGS) oder das Core Genome Multi Locus Sequence Typing (cgMLST). Die Feintypisierung der Listerien ist für epidemiologische Fragestellungen wichtig. Sie dient der Expolaration von Infektionsketten und der Identifizierung von verdächtigen Lebensmitteln.
Komplikation
Eine gefürchtete Komplikation ist die Listerienmeningitis, die sich klinisch sowie diagnostisch wie eine typische bakterielle Meningitis präsentiert.
siehe auch: Listeria monocytogenes
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Quellen
- ↑ RKI - RKI-Ratgeber - Listeriose, abgerufen am 15.11.2021
- ↑ Robert-Koch-Institut Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2018, abgerufen am 09.10.2019
- ↑ Robert-Koch-Institut Epidemiologisches Bulletin, 30. August 2010 / Nr. 34, abgerufen am 09.10.2019
- ↑ Grundlagenstudie zur Erhebung der Prävalenz von Listeria monocytogenes in be- stimmten verzehrsfertigen Lebensmitteln, abgerufen am 8.11.2019
Bildquelle
- Bildquelle für Quiz: ©National Cancer Institute / Unsplash
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