Asplenie
von lateinisch: splen - Milz
Englisch: asplenia
Definition
Asplenie bezeichnet ein anatomisches oder funktionelles Fehlen der Milz. Einen teilweisen Funktionsausfall nennt man Hyposplenie.
- ICD10-Codes: D73.0, Q89.0
Hintergrund
In der Milz findet der Abbau der Erythrozyten statt (Zellmauserung). Darüber hinaus spielt sie eine wichtige Rolle im Immunsystem. Vor allem für die Abwehr von Infektionen mit bekapselten Bakterien, Pilzen oder Parasiten ist die Milz unverzichtbar.
Ätiologie
Man unterscheidet angeborene und erworbene Asplenien.
Erworbene Asplenie
Die häufigste Ursache (> 90%) einer erworbenen Asplenie ist die Splenektomie, die z.B. im Rahmen einer traumatischen Milzruptur oder elektiv bei schweren hämolytischen Anämien (Sichelzellanämie, Kugelzellenanämie) bzw. Thrombozytopenien (ITP) vorgenommen wird.
Die Milz kann auch ohne operativen Eingriff atrophieren und durch funktionsloses Narbengewebe ersetzt werden. In diesem Fall spricht man von einer Autosplenektomie. Sie tritt zum Beispiel nach multiplen Milzinfarkten auf.
Eine funktionelle Asplenie liegt vor, wenn die Organfunktion der Milz trotz erhaltener Anatomie hochgradig eingeschränkt ist. Mögliche Ursachen sind:
- Sichelzellanämie
- Autoimmunerkrankungen (SLE)
- Amyloidose
- Stammzelltransplantation (Graft-versus-Host-Reaktion)
Angeborene Asplenie
Das kongenitale Fehlen der Milz ist sehr selten. Es kommt isoliert als kongenitale familiäre isolierte Asplenie oder im Rahmen von Syndromen vor, z.B. beim Ivemark-Syndrom.
Konsequenzen
Patienten mit Asplenie leiden unter einer erhöhten Infektanfälligkeit, da die Milz als wichtiges lymphatisches Organ ausfällt. Die Clearance von Bakteriämien und Fungämien ist deutlich eingeschränkt, da Makrophagen normalerweise IgG-markierte und bekapselte Erreger im Maschenwerk des Milzgewebe eliminieren. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist dieser Effekt besonders ausgeprägt.
Die Bildung von IgM-Antikörpern ist ebenfalls gestört. Im Blut finden sich deutlich weniger IgM-Antikörper und weniger B-Gedächtniszellen, die IgM produzieren. Dadurch ist auch die Wirkung von Impfungen reduziert.
Ein schweres septisches Krankheitsbild, das bei einer Asplenie auftreten kann, ist das OPSI-Syndrom.
Diagnostik
Eine Asplenie kann labordiagnostisch festgestellt werden, wenn im Blutausstrich in den Erythrozyten Howell-Jolly-Körperchen zu sehen sind. Ferner können eine Lymphozytose sowie eine verminderte Bildung von IgG und IgM auftreten.
Morphologische Veränderungen der Milz (Fibrosierung, Involution, Blutungen) stellen sich in der Bildgebung dar. In Frage kommen Sonographie, Abdomen-CT oder Abdomen-MRT.
Management
Bei einer Asplenie sind Impfungen gegen bekapselte Erreger notwendig, insbesondere gegen
- Pneumokokken: Pneumokokkenimpfung
- Meningokokken: Meningokokkenimpfung gegen Serogruppen ACWY sowie ggf. B
- Hämophilus influenzae (Typ b)
Darüber hinaus ist eine jährliche Impfung gegen Influenza sinnvoll.
Bei fieberhaften Infekten wird eine frühzeitige Antibiotikatherapie empfohlen.