Handelsname: Coumadin®
Englisch: warfarin
Warfarin ist ein zur Antikoagulation eingesetztes Cumarin-Derivat.
Warfarin ist ein Derivat von 4-Hydroxycumarin und liegt als sogenanntes Racemat vor. Das S-Enantiomer hat eine vielfach stärkere antikoagulatorische Wirkung im Vergleich zur R-Form. Die chemische Summenformel lautet C19H16O4. Warfarin hat eine molare Masse von 308.3 g/mol.
Als Arzneimittel liegt Warfarin in Kombination mit Natrium als gut wasserlösliches, weißes, geruchloses Pulver vor.
Warfarin gehört der Gruppe der indirekten Vitamin-K-Antagonisten an, welche die Bildung der Vitamin K abhängigen Gerinnungsfaktoren (II, VII, IX und X), sowie Protein C und S hemmen.
Die Wirkung beruht auf der Hemmung des Vitamin-K-Epoxid-Reduktase-Komplexes 1 (VKORC1), die zu einer verminderten Regeneration von Vitamin K und folglich einer geringeren Bildung der oben genannten Gerinnungsfaktoren führt.
Warfarin wird nach oraler Gabe schnell und nahezu vollständig resorbiert und erreicht nach ca. 4 Stunden seine maximale Plasmakonzentration. Innerhalb von 24 - 72 Stunden tritt bereits ein gerinnungshemmender Effekt ein. Die maximale therapeutische Wirkung wird 5- 7 Tage nach Therapiebeginn beobachtet.
Warfarin weist mit 99 % eine hohe Plasmaproteinbindung auf. Die Metabolisierung erfolgt hepatisch und v.a. durch das Enzym CYP2C9. Die anschließende Elimination der Metaboliten erfolgt renal. Warfarin hat eine Eliminationshalbwertszeit von ca. 40 Stunden, die deutlich kürzer ist als die von Phenprocoumon (160 Stunden).
Warfarin zeigt bei unterschiedlichen Patienten eine unterschiedlich starke Wirkung. Gründe dafür sind Polymorphismen des VKORC1-Gens sowie von Cytochrom P450 (CYP2C9).[1] Bei Patienten, die heterozygot für ein 2C9-Allel mit reduzierter Funktion sind, konnte eine 37 % verringerte Clearance, bei homozygoten Patienten eine fast 70 % verringerte Clearance von S-Warfarin festgestellt werden.[2]
Warfarin wird eingesetzt zur:
Der Arzneistoff ist als Warfarin-Natrium in Form einer Tablette à 5 mg erhältlich. Die Einnahme sollte oral, unzerkaut und mit reichlich Flüssigkeit erfolgen.
Vor einer Behandlung mit Warfarin sollte zunächst der Ausgangs-INR-Wert bestimmt werden, um eine individuelle Dosierung festlegen zu können. Initial erfolgt häufig die Gabe von 2,5 - 5 mg/d. Zur Vermeidung von Hautnekrosen sollte die Initialtherapie in der Regel überlappend mit Heparin erfolgen. Als Erhaltungsdosis gilt ein Richtwert von 2,5 - 10 mg/d. Je nach Art der Erkrankung wird ein INR-Zielbereich von 2,0 - 4,0 angestrebt.
Die folgende Überwachung und Anpassung der individuellen Dosis bzw. des Dosierungsintervalls erfolgt anhand von INR-Kontrollen; zu Therapiebeginn häufiger, bei stabil eingestellten Patienten in regelmäßigen Zeitabständen (mindestens alle 3- 4 Wochen).
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen in Zusammenhang mit der Einnahme von Warfarin gehören Blutungen, wie Epistaxis und andere Blutungen im Gehirn, Gastrointestinaltrakt, Nebenniere und Retina, sowie Hautausschläge und Haarausfall. In seltenen Fällen führen die Blutungen zum Tode.
Aufgrund der Hemmung von Protein C und S kann es paradoxerweise zu Beginn einer Warfarintherapie zu thromboembolischen Komplikationen kommen. Diese manifestieren sich z.B. durch Hautnekrosen (Purpura fulminans).
Es bestehen zahlreiche Kontraindikationen im Zusammenhang mit einer Warfarintherapie. Beispielsweise sind zu nennen:
Warfarin führt zu zahlreichen Wechselwirkungen mit verschiedensten Arzneimitteln und Lebensmitteln. Weitere Informationen finden sich in der Fachinformation.[3] Eine Therapie mit Warfarin in Kombination mit den dort genannten Substanzen sollte, wenn möglich, vermieden bzw. engmaschig kontrolliert werden.
Im Falle von Blutungskomplikationen unter Warfarin kann es notwendig sein, dieses zu antagonisieren. Als Antidot gilt Vitamin K1 (Phytomenadion). Bei schweren Blutungsereignissen kann ebenfalls der Einsatz von PPSB notwendig werden.
Im klinischen Alltag in Deutschland wird Phenprocoumon deutlich häufiger eingesetzt als Warfarin. Warfarin weist Phenprocoumon gegenüber jedoch einen entscheidenden Vorteil auf: Nach Absetzen klingt die Wirkung von Warfarin aufgrund der kürzeren Eliminationshalbwertszeit schneller ab. Diese Eigenschaft ist insbesondere im perioperativen Umfeld wertvoll.
Ein entscheidendes Kriterium für den zurückhaltenden Einsatz von Warfarin stellen jedoch die oben genannten Polymorphismen dar, die zu einem erhöhten Blutungsrisiko prädisponieren können. Für solche Patienten wird der Einsatz von Phenprocoumon präferiert.
Fachgebiete: Arzneimittel, Hämostaseologie
Diese Seite wurde zuletzt am 13. Oktober 2020 um 12:49 Uhr bearbeitet.
Um diesen Artikel zu kommentieren, melde Dich bitte an.