Teicoplanin
Handelsnamen: Targocid®, zahlreiche Generika
Synonym: Teicoplaninum
Englisch: teicoplanin
Definition
Teicoplanin ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Glykopeptide. Es wirkt gegen aerobe und anaerobe grampositive Keime.
Chemie
Teicoplanin ist eine Mischung aus sechs verschiedenen Stoffen mit unterschiedlichen Fettsäureresten, die vom Bakterium Actinoplanes teichomyceticus gebildet werden.
Wirkmechanismus
Teicoplanin hemmt die Synthese von Murein, des wichtigsten Bestandteils der bakteriellen Zellwand. Dies geschieht durch die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen mit dem endständigen D-Alanyl-D-Alanin des UDP-Muramylpentapeptids. Dadurch weist Teicoplanin eine bakterizide Wirkung auf.
Wirkspektrum
Teicoplanin wirkt gegen aerobe und anaerobe grampositive Bakterien. Vor allem bei Infektionen mit Staphylokokken, Enterokokken oder Clostridioides difficile kommt dieses Antibiotikum zum Einsatz.
Gegen gramnegative Keime ist Teicoplanin unwirksam, da es aufgrund seiner Molekülgröße die äußere Lipidmembran der Bakterien nicht durchdringen kann. Daher wird es häufig mit anderen Antibiotika kombiniert.
Resistenzentwicklung
In der Vergangenheit wurden Glykopeptide ebenfalls häufig bei Infektionen mit multiresistenten Keimen eingesetzt. Aufgrund ihres häufigen Einsatzes können jedoch zunehmend Resistenzentwicklungen gegen diese Stoffgruppe beobachtet werden. Beispielsweise sind hier Glykopeptid-resistente Enterokokken (GRE), wie z.B. Enterococcus faecium (GREF) zu nennen.
Die Resistenzentwicklung entsteht durch eine Veränderung in der Zielstruktur des Bakteriums, dabei wird das endständige D-Alanin der Mureinvorstufe durch D-Lactat ersetzt. Dem Antibiotikum fehlt durch diesen Austausch ein nötiges Wasserstoffatom, um die Wasserstoffbrückenbindung auszubauen.
Pharmakokinetik
Für eine systemische Therapie muss Teicoplanin parenteral gegeben werden, da das Antibiotikum bei oraler Applikation nicht resorbiert wird. Es ist gut gewebegängig. Die Halbwertszeit ist sehr lang und beträgt 150 Stunden. Die Elimination von Teicoplanin erfolgt vor allem renal in unveränderter Form, in geringem Maße auch über die Galle. Bei Niereninsuffizienz muss daher eine Dosisanpassung erfolgen.
Indikationen
Teicoplanin wird meistens parenteral in Form einer Infusion verabreicht. Lediglich bei der pseudomembranösen Enterokolitis wird eine orale Therapie in Form von Tabletten vorgezogen.
Bei Erwachsenen und Kindern ist die parenterale Behandlung indiziert bei:
- Komplizierter Haut- und Weichteilinfektion
- Knochen- und Gelenkinfektion
- Nosokomialer Pneumonie
- Ambulant erworbener Pneumonie
- Komplizierten Harnwegsinfektionen
- Infektiöser Endokarditis
- Peritonitis, assoziiert mit kontinuierlicher ambulanter Peritonealdialyse (CAPD)
- Bakteriämie, die im Rahmen einer der oben aufgelisteten Indikationen auftritt
Die orale Gabe mit lokaler Wirkung im Darm ist indiziert bei:
Anwendung
Die Applikation kann sowohl intravenös (i.v.), als auch intramuskulär (i.m.) erfolgen.
Dosierung
Die genaue Dosierung sollte bei jedem Patienten individuell angepasst werden. Zu beachten sind hierbei folgende Faktoren: Art und Schwere der Infektion, therapeutisches Ansprechen sowie Alter und Nierenfunktion des Patienten.
Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion und komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen, Pneumonie oder komplizierten Harnwegsinfektionen gilt:
- Startdosis mit 6 mg/kgKG alle 12 Stunden für 3 Anwendungen (i.v. oder i.m.)
- Erhaltungsdosis mit 6 mg/kgKG einmal täglich (i.v. oder i.m.)
Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion und Knochen- und Gelenkinfektionen oder infektiöser Endokarditis gilt:
- Startdosis mit 12 mg/kgKG alle 12 Stunden für 3 bis 5 Anwendungen (i.v.)
- Erhaltungsdosis mit 12 mg/kgKG einmal täglich (i.v. oder i.m.)
Während der Dosiseinstellung ist es zudem wichtig, die Serumkonzentrationen von Teicoplanin zu überwachen, um sicherzustellen, dass die Mindesttalspiegel erreicht werden:
- Mindesttalspiegel an Tag 3 bis 5 bei den meisten Infektionen durch grampositive Bakterien: > 10 mg/l (Messung mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC)) oder > 15 mg/l (Messung mittels Fluoreszenz-Polarisations-Immunoassay (FPIA)).
- Mindesttalspiegel an Tag 3 bis 5 bei Endokarditis und anderen schweren Infektionen: > 15 bis 30 mg/l (mittels HPLC) oder > 30 bis 40 mg/l (Messung mittels FPIA).
Während der weiteren Behandlung (Erhaltungsphase) sollte das Monitoring mindestens einmal wöchentlich fortgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Konzentrationen stabil sind.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Anwendungsdauer
Die Anwendungsdauer ist abhängig vom klinischen Ansprechen des Patienten. Bei infektiöser Endokarditis ist im Allgemeinen eine Mindestbehandlung über 21 Tage nötig. Die Dauer der Behandlung sollte einen Zeitraum von 4 Monaten jedoch nicht überschreiten.
Nebenwirkungen
- konzentrationsabhängige Ototoxizität mit Hörminderung und Tinnitus
- dosisabhängige Nierenschädigung
- Hautausschlag („Red-man-Syndrom“)
- Myalgie
- Juckreiz
- Fieber
- Entzündungen am Injektionsort
Wechselwirkungen
Wenn Teicoplanin mit anderen potenziell oto- oder nephrotoxischen Substanzen kombiniert wird (z.B. Aminoglykoside, Schleifendiuretika, Ciclosporin, Cisplatin) erhöht das die Gefahr von Hör- oder Gleichgewichtsstörungen.
Kontraindikationen
Eine absolute Kontraindikation zur Gabe von Teicoplanin besteht bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile.
Bei akutem Nierenversagen, Schwerhörigkeit sowie in der Schwangerschaft sollte ebenfalls zurückhaltend mit dem Wirkstoff umgegangen werden.
Literatur
- Fachinformation, abgerufen am 4. Oktober 2020
- Mutschler E et al, Mutschler Arzneimittelwirkungen, 10. Auflage
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