Atypische Pneumonie
Englisch: atypical pneumonia, walking pneumonia
Definition
Eine atypische Pneumonie ist eine Entzündung des Lungenparenchyms (Pneumonie), die sich durch gewisse Charakteristika von der typischen Pneumonie unterscheidet.
Nomenklatur
Die Bezeichnung atypische Pneumonie wurde eingeführt, um die Infektion von der bakteriellen Pneumonie durch Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae oder Moraxella catarrhalis abzugrenzen. Diese verläuft meist als Lobärpneumonie und zeichnet sich v.a. durch Fieber, produktiven Husten, auskultatorische Rasselgeräusche, Tachypnoe, Tachykardie und pleuritische Schmerzen aus. In der Regel handelt es sich bei atypischen Pneumonien um ambulant erworbene Pneumonien (CAP). Des Weiteren verläuft eine Pneumonie bei älteren Patienten oft mit atypischen, also unspezifischen Symptomen.
Entsprechend kann sich die Bezeichnung "atypisch" auf verschiedene Aspekte beziehen:
- Ätiologie: untypische Bakterien (z.B. fakultativ intrazellulär lebend, Fehlen einer Zellwand)
- Symptome: unspezifischer, oft milder Verlauf, z.T. extrapulmonale Symptome
- Diagnostik: unspezifische Befunde, meist interstitielle oder Bronchopneumonie
- Therapie: Bei der typischen Pneumonie gängige Antibiotika sind nur begrenzt wirksam.
Aufgrund von fließenden Übergängen ist eine klinische Trennung nicht immer möglich.
Epidemiologie
Ungefähr 7-20 % der CAP sind durch atypische Bakterien ausgelöst. Aufgrund der unspezifischen Symptome und diagnostischen Befunde kann von einer gewissen Dunkelziffer ausgegangen werden.
Ätiologie
Bakterien
Eiine atypische Pneumonie wird durch folgende Bakterien ausgelöst:
- Mycoplasma pneumoniae: ca. 6 % der Pneumonien, besonders Schulkinder und junge Erwachsene. Meist milder Verlauf, z.T. Hepatitis, Enzephalitis und aseptische Meningitis.
- Legionella pneumophila: 3 % d.F.; meist Personen über 50 Jahren. Übertragung durch Aerosole, Klimaanlagen, Duschen, Whirlpools. Schwere Verlaufsform mit z.T. gastrointestinalen Symptomen und Hyponatriämie.
- Chlamydia pneumoniae: < 0,1 % in Deutschland. Meist relativ milder Verlauf.
- Bacillus anthracis: selten, Lungenmilzbrand ist eine schwere atypische Pneumonie
- zoonotische Erreger:
Manche Autoren ordnen die durch Klebsiella pneumoniae ausgelöste Friedländer-Pneumonie ebenfalls als atypische Pneumonie ein.
Viren
Weiterhin kann die atypische Pneumonie auch durch Viren verursacht werden, wobei die Viruspneumonie inzwischen meist als eigenständige Form abgegrenzt wird. Ursächlich sind z.B.:
- Respiratory-Syncytial-Virus (RSV)
- Influenzaviren
- Parainfluenzaviren
- Adenoviren
- Coronaviren (incl. SARS-CoV, MERS-CoV, SARS-CoV-2)
- Masernvirus
Teilweise werden auch durch Pilze und Parasiten hervorgerufene Lungenentzündungen zu den atypischen Pneumonien gezählt.
Pilze
Klinik
Die atypische Pneumonie geht häufig mit nur wenigen, unspezifischen Symptomen einher, die sich meist schleichend entwickeln. Zu den häufigen Zeichen zählen:
- leichtes Fieber
- trockener Reizhusten
- Kopfschmerzen, Myalgien
- Dyspnoe
- weitere extrapulmonale Symptome (z.B. Hautausschlag, Diarrhö)
- nur diskret erhöhte Entzündungsparameter (z.B. Leukozytose)
Insbesondere bei älteren Patienten können Bewusstseinsstörungen das einzige Symptom der Pneumonie darstellen.
Diagnostik
Die atypische Pneumonie ist meist durch unspezifische Symptome und diskrete Befunde in der körperlichen Untersuchung gekennzeichnet. Im Röntgen-Thorax zeigt sich i.d.R. das Bild einer interstitiellen Pneumonie (retikuläre Verschattung) oder einer Bronchopneumonie (unscharf begrenzte und verteilte Infiltrate). Sie kann jedoch in eine Lobärpneumonie übergehen.
Der Erregernachweis gelingt i.d.R. durch kulturelle Anzucht, PCR-Untersuchung aus respiratorischem Material, durch serologische Untersuchungen (z.B. Immunfluoreszenz) oder Antigennachweis im Urin (Legionellen).
Therapie
Eine atypische Pneumonie spricht i.d.R. nicht auf Beta-Laktam-Antibiotika (z.B. Amoxicillin) an. Bei Verdacht auf Beteiligung atypischer Erreger werden folgende Antibiotika (als Mono- oder Kombinationstherapie z.B. mit Amoxicillin) eingesetzt:
- Fluorchinolone:
- Levofloxacin: 500 mg p.o. 1-0-0 für 5–7 Tage
- Moxifloxacin: 400 mg p.o. 1-0-0 für 5–7 Tage
- Makrolide:
- Clarithromycin: 500 mg p.o. 1-0-0 für 5–7 Tage
- Roxithromycin: 300 mg p.o. 1-0-0 für 5–7 Tage
- Doxycyclin: 200 mg p.o. 1-0-0 für 5–7 Tage
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
siehe Hauptartikel: Pneumonie, Legionellen-Pneumonie, Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae, Q-Fieber
Literatur
- Sharma L et al. Atypical Pneumonia: Updates on Legionella, Chlamydophila, and Mycoplasma Pneumonia, Clin Chest Med. 2017 Mar;38(1):45-58, abgerufen am 23.09.2020
- Stamm DR, Stankewicz HA. Atypical Bacterial Pneumonia, In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2020, abgerufen am 23.09.2020
- Cunha BA The atypical pneumonias: clinical diagnosis and importance, Clin Microbiol Infect. 2006 May;12 Suppl 3:12-24, abgerufen am 23.09.2020
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