Erregernachweis
Definition
Als Erregernachweis bezeichnet man die diagnostische Bestimmung von Krankheitserregern im Rahmen von Infektionskrankheiten.
Einteilung
Man unterscheidet zwei Formen des Erregernachweises, den direkten und den indirekten Erregernachweis.
Direkter Erregernachweis
Beim direkten Erregernachweis werden der Erreger selbst oder Bestandteile bzw. typische Stoffwechselprodukte des Erregers erfasst. Beispiele sind:
- Optische Identifizierung (Inspektion, Mikroskopie, Fluoreszenzmikroskopie, Elektronenmikroskopie)
- Nachweis von Stoffwechselleistungen des Erregers, z. B. Urease-Schnelltest für Helicobacter pylori
- Nachweis von Bestandteilen des Erregers, z.B. SARS-CoV-2-Antigen im Rachenabstrich, HBs-Antigen im Blut oder Legionellen-Antigen im Urin
- Kultivierung (z.B. Bakterienkultur, Pilzkultur, Zellkultur)
- Molekulargenetischer Nachweis von Erreger-RNA oder -DNA (PCR, DNA-Sequenzierung, In-situ-Hybridisierung)
- Plaque-Assay
Indirekter Erregernachweis
Der indirekte Erregernachweis basiert auf der Identifizierung von Antikörpern des Wirts, die durch eine Immunreaktion entstanden sind. Beispiele sind:
Für den Antikörpernachweis stehen diverse immunologische Labormethoden zur Verfügung:
siehe auch: Infektionsserologie
Wenn die gesuchten Erreger keine humorale Immunantwort, sondern fast ausschließlich eine zelluläre Immunantwort hervorrufen, wie bei Tuberkulose, können mithilfe des Interferon-Gamma-Release Assays auch sensibilsierte T-Lymphozyten nachgewiesen werden.
Auswahl
Die Auswahl des Erregernachweises richtet sich u.a. nach dem Zeitpunkt der Infektion und der Art des Erregers. Die direkte optische Identifizierung mit dem Mikroskop wird vor allem bei Parasiten eingesetzt. Die Anzucht von Erregern in der Kultur ist in der Regel Bakterien und Pilzen vorbehalten. Ein serologischer Erregernachweis gelingt erst, wenn das Immunsystem in hinreichendem Umfang Antikörper gebildet hat (sog. diagnostische Lücke). Die molekulargenetische Untersuchung wird bevorzugt eingesetzt, wenn ein Erreger nicht oder nur mit hohem Aufwand angezüchtet werden kann z. B. Viren oder Chlamydien, oder wenn die Gefahr besteht, dass der vermutete Erreger aufgrund schlechter Transportbedingungen abstirbt, z. B. bei Gonokokken.
Aussagekraft
Die Aussagekraft eines Erregernachweises ist methodenabhängig. Jedes Nachweisverfahren hat dabei Vor- und Nachteile, die in die Bewertung der Relevanz des Untersuchungsergebnisses einfließen müssen.
Bei Kultivierung eines Erregers ist das Ergebnis - abhängig von der Reproduktionsgeschwindigkeit - frühestens nach 24 bis 48 Stunden verfügbar. Die Kultivierung ist dafür normalerweise die einzige Möglichkeit, eine vollständige Resistenzbestimmung zu erhalten.
Molekulargenetische Methoden sind zwar sehr empfindlich, können aber durch Fehler bei der Probenentnahme falsche Ergebnisse liefern. Außerdem weisen sie Erreger auch dann nach, wenn sie nicht mehr vital sind. Eine weitere Fehlermöglichkeit besteht, wenn der Nachweis über eine bestimmte genetische Veränderung erfolgt, z. B. einen Single Nucleotide Polymorphism, aufgrund einer Mutation an anderer Stelle aber gar kein Genprodukt entsteht. Beim MRSA-Nachweis kommt es z. B. nicht selten vor, dass zwar molekulargenetisch ein MecA-Gen vorliegt, phänotypisch aber kein MRSA.
Ein indirekter Erregernachweis kann durch immunologische Kreuzreaktionen in seiner Aussagekraft beschränkt sein und unspezifisch positiv werden. Der Nachweis von Antikörpern kann längere Zeit, evtl. lebenslang, positiv bleiben (sog. Serumnarbe), auch wenn die Erkrankung ausgeheilt ist. Typische Beispiele hierfür sind Syphilis und Hepatitis C.