Diagnostische Lücke
Synonym: diagnostisches Fenster
Englisch: window period
Definition
Die diagnostische Lücke ist die Zeitspanne zwischen dem Eintritt einer Infektion und dem frühest möglichen Zeitpunkt des Erregernachweises. Sie spielt eine wichtige Rolle in der Infektionsepidemiologie.
Hintergrund
Die diagnostische Lücke ist vor allem dann relevant, wenn das Ergreifen der richtigen Therapiemaßnahme zeitkritisch ist, z.B. bei foudroyant verlaufenden Infektionen. Ferner ist sie bei Blut- und Organspenden von Bedeutung, da der Empfänger durch unerkannt erregerhaltiges Spendergewebe infiziert werden kann.
Daüber hinaus gibt es noch eine zweite Form der diagnostischen Lücke. Sie tritt auf, wenn bei einer chronischen Infektionskrankheit der Erreger im weiteren Verlauf unter die Nachweisgrenze fällt. Dies ist z. B. bei Hepatitis B bekannt, hier spricht man von "low level carrier". Der Screeningparameter HBsAg ist dann falsch negativ.
Labormedizin
Eine diagnostische Lücke kommt dadurch zustande, dass zu Beginn einer Erkrankung keine ausreichende Menge an Viruspartikeln oder krankheitsspezifischen Antikörpern vorliegt, die nachgewiesen werden kann. Basiert die Diagnostik auf einem Antikörpernachweis, ist die diagnostische Lücke von der Serokonversion abhängig.
Bei einem Virusnachweis mittels ELISA können bei einigen Infektionen (z.B. HIV) mehrere Wochen vergehen, ehe das Immunsystem Antikörper produziert hat, die einen sicheren Nachweis ermöglichen. Durch die Entwicklung empfindlicherer Labormethoden (z.B. RT-PCR) kann die diagnostische Lücke bei vielen Erregern verkleinert werden.