von lateinisch: tumor - Schwellung
Synonyme: Neubildung, Geschwulst, Neoplasma, Neoplasie
Englisch: tumor
1 Definition
Der Begriff Tumor wird in der Medizin in zweierlei Bedeutungen verwendet:
1.1 Weitere Bedeutung
Im weiteren Sinn ist ein Tumor eine Schwellung bzw. eine Raumforderung, ohne dass damit eine Aussage über die Natur der Schwellung gemacht wird. Insofern kann mit dem Begriff Tumor eine Entzündung, ein Ödem eine Zyste oder eine Geschwulst bezeichnet werden. "Tumor" ist eines der 5 Entzündungszeichen nach Galen.
1.2 Engere Bedeutung
Im engeren Sinn versteht man unter einem Tumor eine benigne (gutartige) oder maligne (bösartige) Neubildung (Neoplasie) von Körpergewebe, die durch eine Fehlregulation des Zellwachstums entsteht. Bösartige Tumoren werden umgangsprachlich auch als Krebs bezeichnet.
2 Hintergund
Tumoren können nahezu alle lebenden Körpergewebe betreffen. Je nach Lokalisation und Funktion des Tumors können sie zu einer Fehlfunktion von Organen mit Beeinträchtigung des Gesamtorganismus bis zum Tod führen. Bösartige Tumoren sind nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache in den Industrieländern. Im Jahr 2014 verstarben in Deutschland rund 223.000 Patienten an den Folgen einer bösartigen Tumorerkrankung.[1]
3 Einteilung
Tumoren lassen sich nach ihrem Wachstumsverhalten, insbesondere den Merkmalen des invasiven oder nicht-invasiven Wachstums und der Metastasierung in drei Klassen einteilen:
- Benigne Tumoren sind "gutartig". Sie wachsen in der Regel langsam und verdrängen das umgebende Gewebe lediglich, ohne die Grenzen zu den Nachbargeweben zu überschreiten.
- Semimaligne Tumoren wachsen lokal destruierend und infiltrierend, setzen aber in der Regel keine Metastasen.
- Maligne Tumoren sind "bösartig". Sie wachsen invasiv in das umgebende Gewebe ein und zerstören es. Darüber hinaus setzen sie durch hämatogene oder lymphogene Aussaat Metastasen.
Die Einteilung ist nicht trennscharf - zwischen den einzelnen Formen besteht ein fließender Übergang. Benigne Tumoren können im Laufe ihres Wachstums maligne entarten. In einem komplexen Tumor können benigne und maligne Tumorteile nebeneinander vorliegen.
4 Histologie
Tumoren bestehen aus zwei Komponenten:
- Parenchymzellen, d.h. neoplastische Zellen und
- nichttumoröses Stroma, d.h. Bindegewebe und versorgende Blutgefässe.
Die Nomenklatur der Tumoren bezieht sich auf den Phänotyp der Parenchymzellen. Man unterscheidet:
Maligne (bösartige) Tumoren mesenchymaler Zellen werden als Sarkome bezeichnet. Diese Bezeichnung leitet sich vom griechischen Wort "sarcos" (= fleischig) ab. Sie enthalten wenig Bindegewebsstroma. Maligne Tumoren epithelialer Zellen heißen Karzinome.
Oft werden Tumoren durch Anhängen des Suffix -om an die Stammzelle benannt.
5 Beispiele
- Gutartige Tumoren
- Bösartige Tumoren
5.1 Nomenklatur der Tumoren
Gesundes Gewebe
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Gutartige Tumoren
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Bösartige Tumoren
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Epitheliale Tumoren
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Plattenepithel
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Plattenepithelpapillom
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Plattenepithelkarzinom
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Basalzellen
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Basaliom *)
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Urothel
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Übergangsepithelpapillom
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Urotheliom
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Drüsen
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Adenom, Papillom, Zystadenom
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Adenokarzinom, Papilläres Adenokarzinom, Villöses Adenokarzinom, Zystadenokarzinom, Siegelringkarzinom
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Neuroendokrine Tumoren
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Endokrine Zellen (verschiedene Organe)
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Karzinoide
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Nebennierenmark
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Phäochromozytom
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Malignes Phäochromozytom
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Nebennierenrinde
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Nebennierenrindenadenom
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Nebennierenrindenkarzinom
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Endokrines Pankreas
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Insulinom
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Malignes Insulinom
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Adenohypophyse
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Prolaktinom
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Paraganglion
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Paragangliom
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C-Zellen
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Medulläres Karzinom
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Neuroektodermale Tumoren
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Gliazellen, Meningozyten
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Gutartige Gliome, Meningeom
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Astrozytom, Glioblastom, Anaplastisches Meningeom
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Melanozyten
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Nävus
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Malignes Melanom
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Mesenchymale Tumoren (Sarkome)
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Bindegewebe und Derivate
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Fibrom
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Fibrosarkom
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Aggressive Fibromatose *)
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Myxosarkom
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Kutanes fibröses Histiozytom
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Malignes Fibröses Histiozytom
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Fettgewebe
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Lipom
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Liposarkom
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Knorpel
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Chondrom
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Chondrosarkom
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Knochen
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Osteom
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Osteosarkom
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Synovialis
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Synovialkarzinom
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Glatte Muskulatur
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Leiomyom
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Leiomyosarkom
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Quergestreifte Muskulatur (Skelettmuskulatur)
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Rhabdomyom
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Rhabdomyosarkom**)
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Gefäße
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Hämangioendotheliom, Lymphangiom
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Hämangiosarkom, Lymphangiosarkom
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Periphere Nerven
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Schwannom
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Maligner peripherer Nervenscheidentumor (MPNST)
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Neurofibrom
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Mesothel
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Benignes Mesotheliom
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Malignes Mesotheliom
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Hirnhaut
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Meningeom
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Granulosazelle
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Granulosazelltumor, Luteom
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Sonderformen mesenchymaler Tumoren
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Knochenmark
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Akute myeloische Leukämie, Chronische myeloische Leukämie
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Ewing-Sarkom
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Plasmazellen
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Multiples Myelom
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Lymphatisches System
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Maligne Lymphome: Hodgkin-Lymphom, Non-Hodgkin-Lymphom
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Gemischt endothelial-mesenchymale Tumoren
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Fibroadenom der Mamma
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Adenofibrom des Ovars
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Adenosarkom
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Adenosarkom der Gebärmutterschleimhaut
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Karzinosarkom der Gebärmutterschleimhaut
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Keimzelltumoren
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Keimzellen
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Differenziertes Teratom
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Malignes Teratom
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Seminom
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Ovar
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Dysgerminom
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Tumoren der embryonalen Gewebe
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Embryonales Karzinom
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Nephroblastom
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Neuroblastom
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Medulloblastom
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Retinoblastom
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Hepatoblastom
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Chorionepitheliom
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Kraniopharyngeom
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*) semimaligne Tumoren
**) Rhabdomyosarkome entstehen aus unreifen Mesenchymzellen, nicht aus der quergestreiften Muskulatur.
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6 Effekte von Tumoren auf den Körper
Sowohl benigne als auch maligne Tumoren können den umgebenden Körper schädigen. Zu den verursachenden Faktoren zählen:
- Druckatrophie umgebender Strukturen durch verdrängendes Wachstum
- Obstruktion (Verlegung) von Lumina
- Gewebezerstörung, Ulkusbildung
- Arrosionsblutungen
- Sekundärinfektionen
- Gesteigerte Syntheseaktivität (Hormonproduktion)
- Tumorkachexie: Atrophie des Muskel- und Fettgewebes, Anorexie, Anämie, Schwäche. Vermutlich durch TNF-α und andere Zytokine verursacht.
- Paraneoplastische Syndrome: Darunter versteht man Symptome, die nicht direkt aus der Lokalisation oder der Tumorart zu erklären sind. Bsp: ektopische Hormonproduktion (ACTH, Parathormon, Insulin), Erkrankungen der Nerven und Muskeln (Myasthenie), Hypertrophe Osteoarthropathie (Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel), Thrombophlebitis, usw.
- Ödeme durch Obstruktion von Venen oder Lymphgefässen
7 Quellen
- ↑ Zentrum für Krebsregisterdaten, abgerufen am 10.2.2019