Seminom
von lateinisch: semen - Samen
Englisch: seminoma
Definition
Ein Seminom ist ein maligner Keimzelltumor, der von den Spermatogonien des Hodens ausgeht.
Epidemiologie
Ca. 55 % aller Hoden-Keimzelltumore sind Seminome. Sie treten gehäuft zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf.
Morphogenese
Seminome gehen vom Keimepithel des Hodens aus. Sie bilden atypische Keimzellen, die sich morphologisch und immunhistologisch von gesunden Spermatogonien unterscheiden. Die Ausbreitung der Seminome findet innerhalb der Tubuli seminiferi statt. Nach der Pubertät kommt es zu einem invasiven Wachstum. Der genaue Stimulus ist bis jetzt unbekannt (Stand 2021). Während der Transformation des Tumors wird die Tubulusmembran durchdrungen, sodass es durch das expansive Wachstum zu einem Anschluss an die Blutgefäße und Lymphgefäße kommt. Hierdurch kann es zur Metastasenbildung kommen.
Pathologie
Makroskopisch
Das Seminom weist eine homogene Struktur und markige Konsistenz auf. Es präsentiert eine grauweißliche Schnittfläche.
Histologisch
Histologisch unterscheidet man drei Subtypen:
- Klassisches Seminom: Große runde Zellen mit hellem Zytoplasma und Kernen, die grobscholliges Chromatin und deutliche Nukleolen zeigen. Das Stroma zeigt variable ausgeprägte lymphozytäre bis zu epitheloidzellig-granulomatösen Entzündungscharakteristika.
- Seminom mit Riesenzellen: 10 bis 15 % der Seminome weisen β-Gonadotropin produzierende synzytiotrophoblastische Riesenzellen auf. Im Serum ist β-HCG erhöht.
- Spermatozytäres Seminom: Zeichnet sich durch polymorphe Zellen und Riesenzellen aus. Die Kerne sind gröber und das Zytoplasma ist nicht transparent. Es manifestiert sich gehäuft nach dem 40. Lebensjahr und metastasiert nicht. Im Gegensatz zu den anderen Seminomtypen entsteht dieser nicht aus den Keimzellen, sondern direkt aus den Prospermatogonien. Das spermatozytäre Seminom ist sehr selten.
Metastasierung
Etwa 20 % der Seminome metastasieren. Diese Metastasierung breitet sich zunächst über den Lymphweg aus. Prädisponierte Lymphknoten liegen retroperitoneal in Höhe der Nierengefäße. Grund dafür ist der embryonal erfolgte Descensus testis. Eine weitere Metastasierung kann auch die Lymphknoten betreffen, die entlang des Ductus deferens liegen. Eine hämatogene Ausbreitung ist relativ selten und betrifft am ehesten die Lunge, aber auch das ZNS.
Stadieneinteilung
Die Stadien des Seminoms entsprechen den klassischen Stadien bei Hodentumoren.
- Stadium I: keine Lymphknotenmetastasen
- Stadium II: Unterteilt in:
- IIa: betroffene Lymphknoten < 2 cm
- IIb: betroffene Lymphknoten 2 bis 5 cm
- IIc: betroffene Lymphknoten > 5 cm
- Stadium III: hämatogene Metastasen oder extraperitoneale Lymphknotenmetastasierung
Symptome
Leitsymptom ist eine meist schmerzlose, unilaterale Schwellung des Hodens. Bei 30 % der Erkrankten können jedoch auch Schmerzen auftreten. Etwa 15 % der Seminome weisen im Labor eine β-HCG-Erhöhung auf. In etwa 3 % der Fälle kommt es zur Ausbildung einer endokrinen Gynäkomastie. Bei fortgeschrittener Erkrankung kann es durch die Metastasenbildung und die damit zusammenhängende Verdrängung des Umgebungsgewebes zu weiteren Symptomen kommen, z.B. zu einer Stauungsniere.
Bei Metastasierung in die Lunge oder das ZNS treten weitere organspezifische Symptome auf.
Diagnostik
Neben der Anamnese gibt die bimanuelle Untersuchung des Hodens Aufschluss über eine mögliche Erkrankung. In der Sonographie zeigt sich eine unregelmäßige, hyporeflexive Echotexturstörung sowie eine Hypervaskularisierung.
Laborchemisch sollten verschiedene Tumormarker zur Bestätigung der Diagnose und Ausschluss von Differentialdiagnosen bestimmt werden. Das Alpha-1-Fetoprotein (AFP) ist bei reinen Seminomen nicht erhöht.
Die Bestimmung von β-HCG ermöglicht die Differenzierung zwischen einem klassischen Seminom und einem Seminom mit Riesenzellen. Die Laktatdehydrogenase ist ebenfalls erhöht. Bei starker β-HCG-Produktion des Tumors sollte man die Schilddrüsenwerte kontrollieren, da β-HCG ein partieller Agonist am TSH-Rezeptor ist und fT4 erhöht sein kann.
Differentialdiagnosen
Mögliche Differentialdiagnosen die berücksichtigt und ausgeschlossen werden müssen sind:
- Epididymitis
- Skrotalhernie
- Hydrozele
- Spermatozele
- Tumoren des Nebenhodens
Therapie
Unabhängig des Tumorstadiums erfolgt initial die Orchiektomie mit Absetzung des Ductus deferens auf Höhe des inneren Leistenringes. Die weitere Therapie richtet sich nach dem klinischen Stadium. Während beim Stadium I noch eine Überwachungsstrategie ausreichend sein kann, ist beim Stadium II eine Radiation oder Polychemotherapie angeraten. Die Therapie eines Stadium III Seminoms erfolgt durch Polychemotherapie und Resektion möglicher Metastasen.
Prognose
Die Prognose der Seminome ist abhängig vom Hormonstatus und einer möglichen Metastasierung. Eine gute Prognose mit einer über 90%-igen 5-Jahres-Überlebensrate haben etwa 60 % aller Seminome.
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Literatur
- Urologie, Springer, 4. Auflage 2010
- Innere Medizin, Herold, 2020
- Kellner U, Frahm S, Mawrin C et al., Kurzlerhbuch Pathologie, Thieme, 3. Auflage 2019
- Ursus-Nikolaus Riede, Werner, Allgemeine und Spezielle Pathologie, Springer, 2. Auflage, 2017
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