Prolaktinom
Synonym: Prolactinom
Englisch: prolactinoma
Definition
Das Prolaktinom ist ein endokrin-aktiver Tumor des Hypophysenvorderlappens, der Prolaktin produziert und zu einer Hyperprolaktinämie führt. Das Wachstum geht von prolaktinbildenden Drüsenzellen aus und ist praktisch ausschließlich benigne. Das Prolaktinom ist der häufigste endokrin aktive Hypophysentumor.
Es handelt sich um eine Form des Hypophysenadenoms.
Pathologie
Bis zu einer Größe von 10 mm wird das Prolaktinom als Mikroadenom bezeichnet. Obwohl eine Kapsel oft fehlt, sind sie gut vom Hypophysenparenchym abgrenzbar. Die Differenzierung zwischen Parenchym und Adenomgewebe erfolgt mit der Silberfaserfärbung, der Differentialdiagnose des Adenomtyps dienen die elektronenmikroskopische und die immunzytochemische Analyse. Das seltene, invasive Wachstum ist mit einem Defekt im p53-Gen assoziiert.
Klinik
Bei einem Tumor der Hypophyse manifestieren sich zum einen Symptome, die durch das lokal verdrängende Wachstum in der Umgebung der Hypophyse entstehen, zum anderen hormonbedingte systemisch-periphere Symptome durch die Überproduktion des jeweiligen Hormons.
Lokale Symptome
- Durch die Kompression des umliegenden Hypophysengewebes kann es zu einem partiellen Hypopituitarismus mit Ausfall der Sekretion der anderen Hypophysenhormone (GH, ACTH, FSH, LH) kommen. Dies äußert sich entsprechend der fehlenden systemischen Funktion dieser Hormone. In einigen Fällen liegt ein hormoninaktives Prolaktinom vor. In diesem Fall ergibt sich der Anhalt für einen Hypophysentumor nicht aus den Symptomen der Prolaktinämie, sondern aus den fehlenden Wirkungen der übrigen Hypophysenhormone.
- Aufgrund der Lage in der Sella turcica kranial des Chiasma opticum kommt es bei größeren Tumoren zu kompressionbedingten Sehstörungen im Sinne einer bitemporalen Hemianopsie.
- Bei besonders großen Tumoren können Blutgefäße an der Hirnbasis komprimiert werden. Es resultieren Kopfschmerzen, Nausea und Emesis.
- Bei Erweiterung der Sella turcica kann es zu röntgenologisch sichtbaren Arrosionen des Processus clinoideus kommen.
Systemische Symptome
Frau
Durch die exzessive Prolaktinsekretion kommt es durch die GnRH-hemmende Wirkung des Prolaktins bei 90% der Patientinnen zur Hypoöstrogenämie mit Anovulation und Amenorrhö.
50% der Patienten entwickeln ebenfalls eine Galaktorrhö. Ist diese nicht nachweisbar, spricht das für eine weit fortgeschrittene Hyperprolaktinämie. Durch die unterbundene GnRH-Sekretion und den daraus resultierenden Mangel an Östrogen und Progesteron bleiben die Laktogenese (Umwandlung mütterlicher Brustdrüsenzellen in milchproduzierende Alveolarzellen) und die Laktation aus.
Als Spätsymptom kann eine Osteoporose aufgrund der Hypoöstrogenämie auftreten.
Mann
Beim Mann stehen Störungen der Potenz und Verlust der Libido im Vordergrund. Eine Galaktorrhö kommt aufgrund des niedrigen Östrogenspiegels sehr selten vor.
Diagnostik
Zur Diagnose der Hyperprolaktinämie wird der basale Prolaktinspiegel im Serum gemessen. Normalwerte sind
- bei der Frau < 20 ng/ml (20 µg/l)
- beim Mann < 15 ng/ml (15 µg/l)
Die Blutentnahme sollte 1-2 Stunden nach dem Aufstehen erfolgen, da der Prolaktinspiegel während des Schlafes ansteigt. Basale Werte über 100-250 ng/ml sind nahezu beweisend für ein Prolaktinom, Konzentrationen unter 100 ng/ml sprechen entweder für ein Mikroadenom oder müssen differentialdiagnostisch abgeklärt werden.
Differentialdiagnose
Eine Hyperprolaktinämie kann ebenfalls durch bestimmte Medikamente (Neuroleptika, Antihypertensiva, Östrogene), Stress, Hypothyreose oder durch hypothalamische Läsionen (Zerstörung des Transportweges für das hemmend wirkende Dopamin, Blutung, Trauma) verursacht sein.
Ebenso sind physiologisch bedingte Erhöhungen des Prolaktinspiegels durch Gravidität (Östrogenwirkung), Stillen oder Stress ausgelöst auszuschließen.
Therapie
Prolaktinome werden medikamentös mit Dopaminagonisten (z.B. Bromocriptin oder Cabergolin) behandelt, welche die Prolaktin-Sekretion der Hypophyse unterdrücken. Treten durch das Wachstum des Prolaktinoms neurologische Ausfälle auf, ist ggf. eine neurochirurgische Entfernung des Tumors indiziert.
Die Dopaminagonisten sollten zur Reduktion möglicher Nebenwirkungen nach dem Abendessen verabreicht werden.
Mikroprolaktinome werden nur dann mit Dopaminagonisten behandelt, wenn der Tumor durch seine klinischen Symptome Probleme bereitet: d.h. bei Schwangerschaftswunsch, Libido- oder Potenzverlust beim Mann oder bei bestehendem Osteoporoserisiko. Ansonsten ist, aufgrund der eher seltenen Entwicklung zum Makroprolaktinom, eine medikamentöse Therapie nicht unbedingt indiziert.
Verlauf und Prognose
Unter Therapie mit Dopaminagonisten normalisiert sich der Prolaktinspiegel bei Mikroprolaktinomen fast immer. Besteht zunächst keine Indikation zur medikamentösen Therapie eines Mikroprolaktinoms, sollten regelmäßige Laboruntersuchungen erfolgen, um frühzeitig auf eine mögliche Tumorproliferation reagieren zu können.
Normalisiert sich der Prolaktin-Spiegel unter Gabe von Dopaminagonisten, so kann nach mehrjähriger Behandlung an ein, zunächst monatliches, Auslassen der Therapie gedacht werden.
um diese Funktion zu nutzen.