Stillen
Synonym: Brusternährung
Englisch: breast feeding
Definition
Geschichte
In der Geschichte der Menschheit war das Stillen lange Zeit die einzige Möglichkeit, ein Baby zu ernähren. In Deutschland geriet das Stillen um die 1950er Jahre aus der Mode. Die wachsende Babynahrungsindustrie bot industrielle Babynahrung an und wurde dabei von Ernährungsexperten und deren Forschungsergebnissen unterstützt. Erst Mitte der 1970er Jahre kam es zu einer Renaissance des Stillens.
Empfehlungen
Die Innocenti-Deklaration der WHO und der UNICEF empfiehlt seit 2001:
- sechs Monate ausschliessliches Stillen, d.h. keine zusätzliche Nahrung oder Flüssigkeiten, ausser eventuelle Gaben von Vitaminen oder Medikamenten
- bis zum vollendeten 2. Lebensjahr neben geeigneter Beikost zusätzlich stillen
- darüber hinaus so lange Mutter und Kind wollen
Die deutsche Stillkommission empfiehlt im Gegensatz dazu, vier bis sechs Monate ausschliesslich zu stillen.
Nutzen
Muttermilch enthält eine für den Säugling optimale Zusammensetzung von Nährstoffen. Der Säugling erhält über die Milch Antikörper des mütterlichen Immunsystems. Dieser "Nestschutz" immunisiert den Säugling über die Stillzeit hinaus passiv mit mütterlichen Antikörpern und schützt ihn vor verschiedenen Krankheiten.
Den höchsten Anteil an Antikörpern enthält die Vormilch (Kolostrum); diese wird in den ersten 18 - 36 Stunden nach der Geburt gebildet.
Desweiteren enthält Muttermilch Bifidobakterien, die die Darmflora günstig beeinflussen.
Der enge und intensive Kontakt zwischen Mutter und Kind wirkt sich positiv auf die Bindung aus und fördert die emotionale Entwicklung des Kindes.
Ernährung
Eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollwertprodukten ist die optimale Grundlage für das Stillen. Die Stillende sollte zudem 50 bis 60 g Eiweiß pro Tag zu sich nehmen sowie 1200 mg Kalzium. Es wird empfohlen nicht übermässig viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen, sondern je nach Durstgefühl zu trinken.
Kaffee, Tee und Softdrinks sowie alkoholische Getränke sollten Sie nach Möglichkeit nur in geringem Maße zu sich nehmen. Rauchen wirkt sich ebenfalls negativ auf die Muttermilch aus. Bei der Einnahme von Medikamenten ist darauf zu achten, das sie ebenfalls in die Muttermilch übergehen können.
Technik
- Die Mutter hebt eine Brust mit Ihrer freien Hand leicht an. Sie legt oberhalb der Brustwarze den Daumen und unterhalb der Brustwarze die Finger in ca. 3 cm Abstand von der Brustwarze an.
- Der Körper des Babys sollte der Mutter ganz zugewandt sein ohne dass das Baby seinen Kopf drehen muss um trinken zu können.
- Die Lippen des Babys werden nun mit der Brustwarze stimuliert. So wird der Suchreflex ausgelöst, was zur Folge hat, dass das Baby den Mund öffnet und die Zunge auf die untere Zahnleiste sinken lässt.
- Nun sollte das Baby herangezogen werden, damit es die Brustwarze und einen großen Teil des Brustgewebes in den Mund bekommt.
- Es sollte dringend vermieden werden, dass das Baby nur an der Brustwarze saugt. Dies führt zu einer unvollständigen Entleerung der Brust und kann als Folge zu wunden Brustwarzen und ungenügender Ernährung führen.
- Richtiges Stillen klappt manchmal nicht auf Anhieb und erfordert einige Übung.
Bei Problemen mit dem Stillen kann eine Laktationsberatung hinzugezogen werden. Entsprechende Angebote sind an geburtshilflichen Kliniken regelhaft verfügbar.
Physiologie
siehe: Milchejektion, Milchejektionsreflex
Zeit und Häufigkeit
Etwa 8 bis 12 Stillmahlzeiten in 24 Stunden sind normal. Wenn das Baby trinken will, sollte es gestillt werden. Die Bedürfnisse des Kindes sind maßgebend; die Menge der Milch passt sich dem mühelos an.
Eine Stillzeit von 15 bis zu 45 Minuten ist normal, die Mahlzeiten können aber auch kürzer sein. Eine Mutter hat ca. sechs Milchspendereflexe pro Mahlzeit. Während der Mahlzeit ändert sich die Zusammensetzung der Milch ständig:
- Fettarme Vormilch zur Löschung des Dursts, angereichert mit Mineralien, Vitaminen und Abwehrstoffen.
- Fettreiche Hintermilch zur Sättigung und für die Gewichtszunahme
Menge
Aussreichend gestillt ist ein Kind, das
- zufrieden und lebhaft ist
- etwa 6 bis 8 nasse Windeln in 24/h hat
- 2 mal oder öfter Stuhlgang in 24/h hat (in den ersten vier Wochen)
Nach der Geburt verlieren Kinder bis zu 10% ihres Geburtsgewichtes.
Nach zwei Wochen haben sie ihr Gewicht in der Regel wieder erreicht und nehmen dann wöchentlich 120 bis 250g und mehr zu.
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