Methylamphetamin
Synonyme: N-Methylamphetamin, Metamfetamin, Crystal, Meth, Yaba, Pervitin, (S)-2-Methylamino-1-phenylpropan, Desoxyephedrin, (S)-N-Methyl-1-phenyl-propan-2-amin
Englisch: methylamphetamine, methamphetamine
Definition
Methylamphetamin ist ein synthetisches Phenylethylaminderivat aus der Gruppe der Amphetamine mit stark stimulierenden Eigenschaften. Es wurde in der Humanmedizin in Deutschland bis 1988 als Arzneistoff angewendet und ist in Ländern wie den USA noch auf dem Markt. Der Missbrauch als psychoaktive Droge ist heute (2024) die am weitesten verbreitete Anwendung.
Chemie
Die vollständige chemische Bezeichnung lautet (S)-N-Methyl-1-phenyl-propan-2-amin. Die Summenformel ist C10H15N. Bei Zimmertemperatur liegt Methylamphetamin in flüssigem Aggregatzustand vor. Die Löslichkeit in Wasser ist sehr schlecht. Gut löslich ist die psychoaktive Substanz in Ethanol, Essigsäureethylester, Chloroform und Ethylether.
In flüssiger Form wird Methylamphetamin selten als Droge angeboten. Seine Hydrochloridform, auch bekannt als Crystal, ist hingegen ein Feststoff. Der Schmelzpunkt von Methylamphetamin-Hydrochlorid liegt bei ca. 170 – 177 °C.
Es gibt zwei Methylamphetamin-Enantiomere. In hohen Dosen können beide Enantiomere ähnliche Effekte hervorrufen. Das D-Enantiomer hat jedoch eine stärkere und längere psychodynamische Wirkung als das L-Enantiomer.
Synthese
Methylamphetamin kann auf verschiedenen Wegen synthetisiert werden:
- Leuckart-Wallach-Reaktion
- Kondensation von Methylamin mit Phenylaceton unter Entstehung von N-Methylimin. Im Anschluss daran erfolgt eine Reduktion durch Lithiumaluminiumhydrid
- Reduktion von L-Ephedrin mit Lithium in flüssigem Ammoniak
- Hydrogenolyse von Ephedrin unter Anwesenheit einer Säure als Katalysator
Wirkmechanismus
Methylamphetamin steigert die Freisetzung von Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin und Serotonin. Dabei spielen verschiedene Mechanismen eine Rolle:[1]
- Umverteilung von Katecholaminen aus synaptischen Vesikeln ins Zytosol
- Umkehr des transmembranären Transports von Neurotransmittern
- Hemmung von Monoamintransportern, z.B. des vesikulären Monoamintransporters 2 (VMAT2)
- Verringerte Expression von Dopamintransportern auf Zelloberflächen
- Hemmung der Monoaminoxidasen
- Steigerung der Aktivität und Expression der Tyrosinhydroxylase, die an der Dopaminsynthese beteiligt ist
Methylamphetamin fungiert als starker Agonist am TAAR1-Rezeptor. Dabei handelt es sich um einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor, der über Aktivierung der Adenylatzyklase zu einem Anstieg der intrazellulären cAMP-Konzentration führt. Über die Aktivierung der Proteinkinasen A und C wird die weitere Neurotransmission von Dopamin, Noradrenalin und Serotonin im ZNS reguliert.
Darüber hinaus wirkt Methylamphetamin modulierend auf verschiedene molekulare Signalkaskaden mit verschiedenen negativen Effekten für das Gehirn. Es wurde z.B. gezeigt, dass sich die Morphologie der Mitochondrien in Neuronen und Mikroglia unter dem Einfluss von Methylamphetamin ändert. Dadurch steigt der oxidative Stress und das Risiko für neurodegenerative Prozesse.[1]
Pharmakokinetik
Methylamphetamin kann über verschiedene Wege (oral, intranasal, inhalativ, intravenös) aufgenommen werden. Die Bioverfügbarkeit von Methylamphetamin variiert je nach Applikationsart zwischen 67 % (oral) und 100 % (intravenös). Die Wirkung setzt bei oraler Einnahme etwa eine halbe Stunde nach der Einnahme ein und dauert etwa 6 bis 8 Stunden an, teils auch deutlich länger. Die Nebenwirkungen können sogar mehrere Wochen anhalten.
Wichtige Metaboliten sind z.B. Amphetamin und 4-Hydroxy-Methylamphetamin.
Die Elimination erfolgt nach hepatischer Metabolisierung über die Niere. Bei der Metabolisierung ist unter anderem Cytochrom CYP2D6 beteiligt. Die Ausscheidung über den Urin ist abhängig vom Urin-pH und dauert bei alkalischem pH länger. Methylamphetamin wirkt zudem als CYP2D6-Inhibitor.[2]
Methylamphetamin ist sehr lipophil und kann daher leicht die Blut-Hirn-Schranke passieren und ist dort widerstandsfähiger gegenüber dem Abbau durch Monoaminoxidasen als andere Stimulanzien.
Wirkprofil
Methylamphetamin wirkt wie ein indirektes Sympathomimetikum, indem es die Freisetzung von Katecholaminen stimuliert.
Die Einnahme von Methylamphetamin führt zu einer weitegehenden Hemmung von Durst, Hunger, Schmerzen und Müdigkeit. Der Konsument erlangt für einen bestimmten Zeitraum ein Gefühl von übernatürlicher Stärke und ein übersteigertes Selbstbewusstsein. Er hat den Eindruck, dass die Geschwindigkeit, mit der das Leben vorbeizieht, um ein Vielfaches schneller ist. Das sexuelle Verlangen ist gesteigert.
Gravierende Persönlichkeitsveränderungen gehören ebenso zum Wirkungsspektrum, wie Paranoia, Schlafstörungen und starke Psychosen. Ebenso kann es dosisabhängig zu akustischen und optischen Halluzinationen kommen. Diese übersteigen die Intensität anderer Amphetamine deutlich.
Nach einem Rausch mit Methylamphetamin treten oft eine totale körperliche Erschöpfung sowie starke Depressionen auf.
Abhängigkeitspotential
Methylamphetamin besitzt ein extrem hohes Suchtpotenzial. Viele Konsumenten werden bereits bei einmaliger Applikation dauerhaft süchtig. Das Aussetzen der Drogeneinnahme führt zu einem ausgeprägten Entzugssyndrom.
Nebenwirkungen
- Nervensystem
- Aggressivität
- Egozentrismus
- Narzissmus
- starke Paranoia
- extreme Schlafstörungen
- Entstehung einer Schizophrenie
- Tremor
- Kardiovaskukäres System
- Gastrointestinales System
- Sonstige
- Haarausfall
- Zahnausfall
- Hyperthermie
- signifikante Schwächung des Immunsystems mit einhergehender verstärkter Anfälligkeit für Infekte
- Zersetzung sämtlicher Schleimhäute in Mund, Nase, Rachen, etc.
- Rhabdomyolyse mit konsekutiver Nierenfunktionsstörung bis hin zum Nierenversagen[3]
- Störung des Menstruationszyklus
- Hautentzündungen
Labormedizin
Nachweis
Im Urin-Schnelltest ist Methylamphetamin i.d.R. über 1 bis 3 Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar. Dieser Nachweis ist aufgrund von Kreuzreaktionen sehr fehleranfällig. Die toxikologische Analytik im Urin und im Blut erfolgt mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie (GC/MS) oder Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC). In Haarproben kann Methylamphetamin noch nach Monaten nachgewiesen werden.[4]
Falsch-positive Ergebnisse
Folgende Arzneistoffe können einen falsch-positiven Amphetamin- und Methylamphetamin-Nachweis im Urin verursachen:[5]
Amantadin, Aripiprazol, Atenolol, Atomoxetin, Bisoprolol, Bupropion, Ceftarolin fosamil, Chlorpromazin, Chloroquin, Cyclohexylamin (Metabolit von Cyclamat), Doxepin, Desipramin, Ephedrin, Esmolol, Fenfluramin, Fenofibrat, Fluoxetin, Imatinib, Labetalol, Mebeverin, Metformin, Methyldopa, Methylphenidat, Metoprolol, Mexiletin, Moxifloxacin, Ofloxacin, Perazin, Phenylephrin, Phenylpropanolamine, Procainamid, ProMethylamphetaminzin, Propranolol, Pseudoephedrin, Ranitidin, Selegilin, Sertralin, Sildenafil, Tapentadol, Tetracain, Thioridazin, Tramadol, Trazodon, Trimipramin
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Paulus & Stewart, Methamphetamine Use Disorder: The Next Addiction Crisis, JAMA Psychiatry, 2021
- ↑ de la Torre et al., MDMA, methamphetamine, and CYP2D6 pharmacogenetics: what is clinically relevant?, Front Genet., 2012
- ↑ Chansaengpetch N et al. Methamphetamine-induced profound rhabdomyolysis and myoglobin cast nephropathy: A case report and a literature review J Forensic Leg Med. 2023
- ↑ Scherbaum N. Das Drogentaschenbuch. 6. Aufl., Stuttgart, New York : Thieme 2019
- ↑ Dicheva-Radev S. Falsch-positiver Test auf Amphetamin unter Methyldopa. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 02/2024, abgerufen am 17.07.2024
Weblinks
um diese Funktion zu nutzen.