Pseudoephedrin
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Synonyme: Isoephedrin, L-(+)-Pseudoephedrin, Pseudoephedrinum
Englisch: pseudoephedrine
Definition
Pseudoephedrin ist ein indirektes Sympathomimetikum aus der Gruppe der Phenylethylamin-Derivate. Es wird zu den Alkaloiden gerechnet.
Chemie
Pseudoephedrin ist ein Phenylethylamin-Derivat und weist strukturelle Verwandtschaft zu Amphetaminen auf. Es ist das Stereoisomer von Ephedrin und hat die Summenformel C10H15NO. Der chemische Name lautet
- (1S,2S)-2-(Methylamino)-1-phenylpropan-1-ol (IUPAC)
Die molare Masse beträgt 165,2 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) 1,32, die Schmelztemperatur 119 °C. Die CAS-Nummer lautet 90-82-4. Die Substanz liegt bei Raumtemperatur als kristalliner, weißer Feststoff vor und hat einen bitteren Geschmack. Arzneilich genutzt wird das Salz Pseudoephedrinhydrochlorid. Pseudoephedrin ist wenig löslich in Wasser und leicht löslich in Ethanol und Chloroform. Das Hydrochlorid-Salz ist wasserlöslich.
Vorkommen
Pseudoephedrin wird neben Ephedrin von verschiedenen Pflanzenarten der Gattung Ephedra (z.B. Ephedra vulgaris, E. sinica, E. equisetina, E. ciliata, E. intermedia, E. lomatolepis, E. monosperma, E. procera, Ephedraceae), Asiatischem Tüpfelmohn (Roemeria refracta, Papaveraceae) und der Sandmalve (Sida cordifolia, Malvaceae) produziert.
Wirkmechanismus
Pseudoephedrin ist ein zentral wirksames indirektes Sympathomimetikum, das die Konzentration an Noradrenalin im synaptischen Spalt erhöht. Die Freisetzung von Noradrenalin aus den präsynaptischen Speichervesikeln wird erhöht und die Wiederaufnahme durch Blockade des Noradrenalintransporters in die Präsynapse gehemmt. Es kommt zu einer Verstärkung der Aktivierung der postsynaptischen Adrenozeptoren. Noradrenalin wirkt als Agonist an Alpha- und Betarezeptoren, wobei die alpha-mimetische Wirkung stärker als die beta-mimetische Wirkung ist und der Sympathikotonus insgesamt gesteigert wird. Durch Vasokonstriktion kommt es zur Abschwellung der Nasen- und Nebenhöhlenschleimhäute. Die Wirkungen auf den Blutdruck, die Herzfrequenz und die zentralen Wirkungen sind schwächer als die von Ephedrin.
Pharmakokinetik
Nach peroraler Applikation wird Pseudoephedrin rasch und nahezu vollständig resorbiert. Die maximale Plasmakonzentration wird nach 2 Stunden erreicht. Pseudoephedrin überwindet die Blut-Hirn-Schranke. Durch die Biotransformation in der Leber entsteht durch N-Demethylierung ein aktiver Metabolit. Die renale Elimination erfolgt zu 55 bis 75 % unverändert. Die Eliminationshalbwertszeit ist von der Azidität des Urins abhängig und variiert zwischen 5 und 8 Stunden. Ansäuerung des Urins beschleunigt, Alkalisierung verlangsamt die Ausscheidung.
Indikationen
Pseudoephedrin wird in Kombination mit Cetirizin, Tiprolidin oder Desloratadin zur symptomatischen Behandlung der allergischen und akuten Rhinitis eingesetzt.
In Kombination mit Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure wird es darüber hinaus zur Behandlung von Erkältungs- und Grippesymptomen verwendet.
Darreichungsform
Pseudoephedrin ist in Deutschland nur in Kombination mit anderen Wirkstoffen verfügbar und steht in Form von Filmtabletten, Granulat, Saft, Suspension und Weichkapseln zur oralen Anwendung zur Verfügung.
Dosierung
Die Einzeldosis für Erwachsene beträgt 30 bis 60 mg, die Tagesmaximaldosis 240 mg.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Folgende Nebenwirkungen können bei der Anwendung auftreten:
- Unruhe, Agitiertheit, Halluzinationen, Angst, Schlaflosigkeit
- Kopfschmerzen, Krampfanfälle, hämorrhagischer oder ischämischer Schlaganfall
- Palpitationen, Tachykardie, Angina pectoris, Herzrhythmusstörungen, Hypertonie
- Mundtrockenheit, Durst, Übelkeit, Erbrechen
- Exanthem, Urtikaria, Pruritus, Hyperhidrose
- Miktionsstörungen
Unter der Anwendung von Pseudoephedrin wurde über wenige Fälle eines posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndroms (PRES) oder eines reversiblen zerebralen Vasokonstriktionssyndroms (RCVS) berichtet. Beide Syndrome sind durch plötzliche, starke Kopfschmerzen oder Donnerschlagkopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Verwirrtheit, Krampfanfälle und/oder Sehstörungen gekennzeichnet. In den meisten Fällen klangen die Symptome nach dem Absetzen und unter symptomatischer Therapie wieder ab. Über Todesfälle durch PRES oder RCVS wurde bisher (2024) nicht berichtet.[1]
Wechselwirkungen
Pseudoephedrin verstärkt die blutdrucksteigernde Wirkung anderer Arzneimittel, z.B. trizyklischer Antidepressiva, Psychostimulanzien und Anorektika vom Amphetamin-Typ.
Folgende Kombinationen sind aufgrund des Risikos einer starken Vasokonstriktion und/oder eines starken Blutdruckanstiegs kontraindiziert:
- Monoaminooxidase(MAO)-Hemmer (Gefahr einer hypertensiven Krise)
- Bromocriptin, Cabergolin, Lisurid, Pergolid
- Dihydroergotamin, Ergotamin, Methylergometrin (dopaminerge Vasokonstriktion)
- Phenylpropanolamin, Phenylephrin, Ephedrin
- Halogenhaltige Inhalationsnarkotika (perioperative akute Hypertonie möglich, Absetzen von Pseudoephedrin 24 Stunden vor der Narkose)
Die Wirkung blutdrucksenkender Arzneimittel (Antihypertensiva) wird abgeschwächt.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels
- Hypertonie, Tachyarrhythmie, koronare Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen (Long-QT-Syndrom)[1]
- hämorrhagischer Schlaganfall
- Hyperthyreose
- erhöhter Augeninnendruck
- Blasenentleerungsstörungen
- schwere Leber- oder Niereninsuffizienz[1]
Missbrauch
Pseudoephedrin wird missbräuchlich als Aufputschmittel sowie zur illegalen Synthese anderer Phenylethylamin-Derivate (Amphetamin, Methamphetamin u.a.) verwendet.[2]
Schwangerschaft und Stillzeit
Toxizität
Eine Überdosierung oder Vergiftung kann ein sympathomimetisches Syndrom auslösen, bei dem vor allem folgende kardiovaskuläre, zentrale und metabolische Symptome im Vordergrund stehen:
- Tachykardie, Palpitationen, Hypertonie bis zur hypertensiven Krise, Angina pectoris
- Tachypnoe, Dyspnoe
- Hyperthermie mit konsekutiver Rhabdomyolyse und disseminierter intravasaler Gerinnung (DIC)
- psychomotorische Erregung ("fight-or-flight response": unruhig, zerfahren, agitiert, aggressiv), Tremor, Hyperreflexie
- Halluzinationen, Paranoia, Delir, Krampfanfälle, intrazerebrale Blutung und/oder zerebraler Infarkt
Ein Multiorganversagen ist möglich. Die Sicherung der Vitalfunktionen hat bei der Behandlung einer Vergiftung Priorität. Maßnahmen der primären Giftentfernung sind nur innerhalb einer Stunde nach Ingestion einer vital bedrohlichen Dosis indiziert und erfordern Intubationsschutz und Reanimationsbereitschaft.
ATC-Code
- R01BA02 - Pseudoephedrin
- R01BA52 - Pseudoephedrin, Kombinationen
- R01BA57 - Pseudoephedrin und Ibuprofen
- R01BA58 - Pseudoephedrin und Desloratadin
- R01BA60 - Pseudoephedrin und Cetirizin
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Pseudoephedrin: Mögliches Risiko für posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom (PRES) und reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS). Rote Hand Brief 15.02.2024, abgerufen am 15.02.2024
- ↑ Illegale Herstellung von Metamfetamin aus Ephedrin und Pseudoephedrin. AMK-Nachrichten 16.04.2009, abgerufen am 30.03.2023
Weblinks
- Drugbank - Pseudoephedrine, abgerufen am 30.03.2023
- Gelbe Liste Wirkstoffe - Pseudoephedrin, abgerufen am 30.03.2023
- PharmaWiki - Pseudoephedrin, abgerufen am 30.03.2023
- PubChem: 7028
- MeSH: D054199
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