Amphetamin
Handelsnamen: Elvanse®, Dexedrine®, Attentin®, Benzedrine® (obsolet)
Synonyme: 1-Phenylpropan-2-amin, α-Methylphenethylamin
Englisch: amphetamine
Definition
Amphetamin ist ein synthetisch hergestelltes indirektes Sympathomimetikum, das initial zur Behandlung von Asthma bronchiale eingesetzt wurde. Gegenwärtig (2024) kommt es bei Narkolepsie und ADHS zum Einsatz.
Geschichte
1887 wurde Amphetamin von dem rumänischen Chemiker Lazăr Edeleanu an der Berliner Universität erstmals synthetisiert.
1927 wird von Gordon Alles der Name Amphetamin geprägt.
Ende der 1920er entdecken Pharmafirmen (Smith, Kline & French) das Potential des Amphetamins und verkaufen es unter dem Namen Benzedrin® als Mittel gegen Asthma.
Die psychogene Wirkung des Amphetamins wird wenig später entdeckt und im Zweiten Weltkrieg von den Armeen genutzt – die Indikationsstellung wird großzügig um Krankheiten wie Erkältung, Parkinson, Depressionen und Impotenz erweitert.
Amphetamin nimmt Mitte der 1950er solche Ausmaße an, dass der Verkauf begrenzt wird, bis Anfang der 1980er ist Amphetamin als Benzedrin® jedoch weiter erhältlich.
Seit 1981 wird im BtMG Amphetamin in Anlage III aufgeführt (Handel, Besitz und Herstellung ohne Genehmigung stehen unter Strafe), jedoch ist es weiter verschreibungsfähig. Gegenwärtig (2024) wird Amphetamin als Arzneistoff zur Behandlung von ADHS genutzt.
Chemie
Die Summenformel von Amphetamin ist C9H13N. Amphetamin gehört zur Stoffgruppe der Phenylethylamine und ist das α-Methyl-Homolog des Phenylethylamins. Bei Raumtemperatur ist die reine freie Base von Amphetamin eine bewegliche, farblose und flüchtige Flüssigkeit mit einem charakteristischen starken aminartigen Geruch und einem beißenden, brennenden Geschmack.
Amphetamin ist ein Racemat aus den beiden Stereoisomeren D-Amphetamin (Dexamfetamin) und L-Amphetamin (Levoamfetamin). Pharmakologisch werden meist Dexamfetamin oder sein Derivat Lisdexamfetamin verwendet, da sie eine deutlich stärkere Wirkung haben als Levoamfetamin.
Das Amphetaminderivat Metamfetamin wird unter dem Namen "Crystal Meth" als Droge verwendet.
Wirkmechanismus
Nach der Aufnahme von Amphetamin in die präsynaptischen Zellen kommt es dort zur Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin aus den intrazellulären Vesikeln in das Zytosol. Die Neurotransmitter werden anschließend über spezifische Transporter aus der Zelle in den synaptischen Spalt transportiert, wo sie ihre sympathomimetische Wirkung entfalten.
Weiter bewirkt Amphetamin eine Reuptake-Inhibition, sodass die erhöhte Konzentration der Neurotransmitter im synaptischen Spalt länger aufrechterhalten bleibt. Die begrenzte Speicherkapazität der intrazellulären Vesikel führt zu einer schnellen Toleranzentwicklung (Tachyphylaxie).
Pharmakokinetik
Die Halbwertszeit des Amphetamins beträgt etwa zehn Stunden, wobei es durch die Lipidlöslichkeit zu einer Umverteilung aus dem Plasma ins Fettgewebe kommt.
Amphetamin wird in der Leber über CYP2D6 verstoffwechselt und über die Niere ausgeschieden.
Anwendungsgebiete
In Deutschland wird Amphetamin in retardierter Form als Medikament der zweiten Wahl zur Behandlung der ADHS eingesetzt.
In den USA gilt Amphetamin als Standardmedikation gegen Narkolepsie und ADHS.
Weitere Anwendungsgebiete waren:
- Asthma bronchiale
- Depression
- Erkältung
- Stress
- Impotenz
- Adipositas
Darreichungsformen
Amphetamin kann sowohl intravenös (i.v.) als auch oral als Tablette appliziert werden.
Nebenwirkungen
Neben dem starken psychischen Suchtpotential, das zur Einschränkung der Amphetaminnutzung geführt hat, kann es unter anderem zu folgenden Nebenwirkungen kommen:
Toxikologie
Im Tiermodell zeigt sich eine LD50 Dosis von 21 mg·kg−1 (Maus). Im Zuge einer Intoxikation kommt es zu verstärkter Ausprägung der Nebenwirkungen. Näheres siehe unter Amphetaminintoxikation.
Labormedizin
Material
Amphetamine können im Rahmen eines Drogen-Suchtests im Urin nachgewiesen werden. Dafür werden 20 ml Spontanurin benötigt.
Referenzbereich
Der Test sollte, wenn keine Amphetamine konsumiert wurden, negativ ausfallen. Andernfalls gelingt ein Nachweis ca. 1 bis 3 Tage nach dem Konsum.
Falsch-positive Ergebnisse
Folgende Arzneistoffe können einen falsch-positiven Amphetamin- und Methamphetamin-Nachweis im Urin verursachen:[1]
Amantadin, Aripiprazol, Atenolol, Atomoxetin, Bisoprolol, Bupropion, Ceftarolin fosamil, Chlorpromazin, Chloroquin, Cyclohexylamin (Metabolit von Cyclamat), Doxepin, Desipramin, Ephedrin, Esmolol, Fenfluramin, Fenofibrat, Fluoxetin, Imatinib, Labetalol, Mebeverin, Metformin, Methyldopa, Methylphenidat, Metoprolol, Mexiletin, Moxifloxacin, Ofloxacin, Perazin, Phenylephrin, Phenylpropanolamine, Procainamid, Promethazin, Propranolol, Pseudoephedrin, Ranitidin, Selegilin, Sertralin, Sildenafil, Tapentadol, Tetracain, Thioridazin, Tramadol, Trazodon, Trimipramin
Rechtsstatus
In der Bundesrepublik Deutschland fällt Amphetamin unter das BtMG.
Als Racemat ((RS)-1-Phenylpropan-2-ylazan) und als Dexamfetamin ((S)-1-Phenylpropan-2-ylazan) ist es in Anlage III (verschreibungsfähig) aufgeführt, als Levoamfetamin ((R)-1-Phenylpropan-2-ylazan) in Anlage II (nicht verschreibungsfähig).
Der Handel und Besitz ohne Rezept oder Genehmigung ist strafbar, ein Arzt darf seinem Patienten maximal 600 mg Amphetamin in 30 Tagen verschreiben.
Quellen
- ↑ Dicheva-Radev S. Falsch-positiver Test auf Amphetamin unter Methyldopa. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 02/2024, abgerufen am 17.07.2024