Dexamphetamin
Synonyme: Dexamfetamin, Dexamphetaminsulfat u.a.
Handelsnamen: Attentin®, Dexedrine®
Englisch: dextroamphetamine
Definition
Dexamphetamin ist das rechtsdrehende Enantiomer bzw. Eutomer des Amphetamins. Es gehört zu den sympathomimetischen Aminen, die einen agonistischen Effekt an α- und ß-Adrenorezeptoren entfalten. Dexamphetamin besitzt eine indirekte zentral stimulierende und anxiolytische Wirkung und wird zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) eingesetzt.
Chemie
Dexamphetamin liegt meist in Form von Dexamphetaminsulfat vor, das die Summenformel C18H28N2O4S hat. Bei Raumtemperatur ist es ein weißes, kristallines und hydrophiles Pulver. Es besteht eine strukturelle Verwandtschaft mit Katecholaminen.
Wirkmechanismus
Durch eine erhöhte Freisetzung von Noradrenalin aus den synaptischen Vesikeln kommt es zu einer erhöhten Aktivität des Sympathikus. Die zentral stimulierende Wirkung äußert sich unter anderem in einer Steigerung der Konzentrationsfähigkeit, der Leistungs- und Entscheidungsbereitschaft und der psychophysischen Aktivität sowie in der Unterdrückung von Müdigkeit, Appetit und körperlicher Abgeschlagenheit.
In Abhängigkeit vom physiologischen Verteilungsmuster der α- und ß-Rezeptoren führt Dexamphetamin in der Peripherie zu:
- Steigerung von Herzfrequenz, Kontraktionskraft und Blutdruck
- reduzierter Haut- und Schleimhautdurchblutung
- erhöhter Muskeldurchblutung
- Bronchodilatation
- Steigerung des Metabolismus
Pharmakokinetik
Dexamphetamin weist eine Bioverfügbarkeit von über 90 % auf. Maximale Plasmaspiegel werden bei Einnahme von 5 mg Dexamphetamin nach circa 1,5 Stunden erreicht. Der Wirkstoff hat eine gute Liquorgängigkeit. Dexamphetamin ist widerstandsfähig gegenüber der Monoaminoxidase. Die Plasmahalbwertszeit beträgt durchschnittlich neun bis zwölf Stunden. Der Arzneistoff wird zu 45 % unverändert renal eliminiert. Ein Teil wird zudem über das Cytochrom-P450-System, insbesondere CYP2D6, metabolisiert.
Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 7 bis 34 h und ist maßgeblich abhängig vom pH-Wert.
Indikationen
Dexamphetamin wird in der Therapie von ADHS eingesetzt. Der Wirkstoff war zuerst nur zur Behandlung von Kindern ab sechs Jahren zugelassen, wenn nach Behandlung mit Methylphenidat keine zufriedenstellenden Ergebnisse erreicht wurden. Seit 2019 gibt es auch ein Präparat, das für die ADHS-Therapie von Erwachsenen zugelassen ist.[1] Bei älteren Patienten kann eine Dosisanpassung erforderlich sein.
Darreichungsform
Das Arzneimittel wird oral in Form von Tabletten appliziert. Es ist als Fertigarzneimittel mit 5, 10, 20, 30, 40, 50, 60 und 70 mg Wirkstoff erhältlich.
Nebenwirkungen
Dexamphetamin kann unter anderem folgende Nebenwirkungen auslösen:
Herz-Kreislauf-System
- Kardiomyopathie
- Angina pectoris, Myokardinfarkt
- Palpitationen, Tachykardie
- Hypertonie, seltener Hypotonie
- Plötzlicher Tod durch kardiovaskulären Kollaps
Es wurde über einen toxischen hypermetabolischen Zustand berichtet, der durch vorübergehende Hyperaktivität, Hyperpyrexie, Azidose und Tod durch Herz-Kreislauf-Versagen gekennzeichnet ist.
Gastrointestinaltrakt
Bewegungsapparat
Nervensystem
- Kopfschmerzen
- Hyperaktivität, Hyperreflexie,
- Ataxie, Dyskinesie, Tremor, choreoathetoide Bewegungen, Tics
- Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Benommenheit
- Konvulsionen
- Schlaganfall, Intrakranielle Hämorrhagien
- Tourette-Syndrom
- Dysgeusie
- Malignes neuroleptisches Syndrom
- Aggression, Angst, Verwirrtheit, Delir, Depression, Dysphorie, emotionale Labilität, Euphorie, Halluzinationen, Insomnie, Irritabilität, Nervosität, Zwangsverhalten, Panikzustände, Paranoia, Psychose, Ruhelosigkeit
- Drogenabhängigkeit
Alkohol kann die ZNS-Nebenwirkungen von Dexamphetamin verstärken.
Auge
Sexualsystem
Sonstige
Kontraindikationen
Dexamphetamin darf nicht eingenommen werden bei (kein Anspruch auf Vollständigkeit):
- bekannter Überempfindlichkeit gegen Dexamphetamin oder andere Bestandteile
- gleichzeitiger Einnahme von MAO-Hemmern, da das Risiko einer hypertensiven Krise besteht
- Glaukom
- Phäochromozytom
- Hyperthyreose oder Thyreotoxikose
- Erregungszuständen oder psychiatrischen Erkrankungen
- Herzkreislauferkrankungen
- Porphyrie
- Drogenabhängigkeit oder Alkoholismus
- Epilepsien in der Anamnese, EEG-Auffälligkeiten
- Nieren- oder Leberinsuffizienz
Schwangerschaft und Stillzeit
Dexamphetamin ist plazentagängig. Neugeborene, die während der Schwangerschaft Dexamphetamin ausgesetzt waren, können nach der Geburt Entzugserscheinungen haben. Zudem gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Präeklampsie und Frühgeburtlichkeit. Eine Kohortenstudie konnte kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen finden. Dexamphetamin darf in der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der mögliche Nutzen die Risiken überwiegt.[2]
Der Wirkstoff geht in die Muttermilch über und darf daher während der Stillzeit nicht angewendet werden.
Verordnungshinweise
Suchtpotential
Dexamphetamin gehört zu den Betäubungsmitteln und kann abhängig machen und wird auch als Rauschmittel missbraucht. Daher ist bei der Indikation stets auf das individuelle Missbrauchsrisiko zu achten.
Entzug
Das Absetzen oder eine Dosisreduktion einer starken und längerfristigen Anwendung von Dexamphetamin kann zu Entzugssymptomen führen. Dazu gehören dysphorische Gestimmtheit, Abgeschlagenheit, lebhafte und unangenehme Träume, Insomnie oder Hypersomnie, Appetitzunahme, psychomotorische Verlangsamung und Agitation, Anhedonie und Verlangen nach dem Arzneimittel.
Fahrtüchtigkeit
Dexamphetamin kann zu Schwindel, Schläfrigkeit und Sehstörungen führen und damit einen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit bzw. auf die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen haben. Darüber müssen Patienten aufgeklärt werden und diese Tätigkeiten ggf. vermeiden. Zudem kann Dexamphetamin in Drogentests nachgewiesen werden.
Sonstiges
Nach längerer Einnahme kann ein Absetzen zu Veränderungen im Schlaf-EEG führen.
Quellen
- ↑ Deutsche Apothekerzeitung – Lisdexamfetamin für Erwachsene, abgerufen am 08.03.2024
- ↑ Fachinformation Elvanse Adult, abgerufen am 11.03.2024