(Weitergeleitet von Morbus Bechterew)
Synonyme: Ankylosierende Spondylitis, Morbus Bechterew, Bechterew-Strümpell-Marie-Krankheit, Spondylarthritis ankylopoetica
Englisch: ankylosing spondylitis
Die Spondylitis ankylosans ist eine chronisch entzündliche seronegative Spondylarthritis aus dem rheumatischen Formenkreis. Die bevorzugte Manifestation liegt im Bereich der kaudalen Wirbelsäule und der Iliosakralgelenke (ISG).
siehe auch: Spondylitis
Das männliche Geschlecht ist 2,5- bis 5-mal häufiger betroffen. Aufgrund eines etwas abweichenden Verlaufs ist bei Frauen jedoch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Frauen weisen seltener eine Beteiligung des Achsenskeletts und der Hüfte, aber häufiger einen Befall von peripheren Gelenken, eine Osteitis pubis und isolierte Beteiligung der Halswirbelsäule auf.
Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr.
Eine eindeutige Ätiologie konnte noch (2021) nicht nachgewiesen werden. Die Erkrankung ist in der europäischen Bevölkerung in über 90 % der Fälle mit HLA-B27 assoziiert. Es wird von einer hohen genetischen Prädisposition ausgegangen.
Die Erkrankung hat einen charakteristischen, schubweisen Verlauf. In der Frühphase steht die Schmerzsymptomatik im Vordergrund. Die Patienten klagen insbesondere über nächtliche Rückenschmerzen. Während des chronischen Verlaufes verringert sich die Beweglichkeit, meist unter Ausbildung einer verstärkten thorakalen Kyphose und einer verminderten lumbalen Lordose. Aufgrund der fehlenden Seitenmobilität der Wirbelsäule kann eine begleitende Skoliose zu einer ausgeprägten Abweichung der Wirbelsäule aus der Senkrechten führen, da die Kompensationsmöglichkeiten durch die Einsteifung fehlen. In späten Stadien kann die Atmung durch verringerte Thoraxexpansion beeinträchtigt sein. Weiterhin besteht ein erhöhtes Risiko für eine Wirbelkörperquerfraktur (sog. "Chalk Stick Fracture") mit Verletzung des Rückenmarks nach bereits leichten Traumata.
Neben den typischen Kreuzschmerzen leiden viele Patienten an einer asymmetrischen oligoartikulären peripheren Arthritis und Enthesiopathien z.B. im Bereich der Achillessehne (Achillodynie).
Im Verlauf zeigen sich auch häufig extraartikuläre Symptome. Bei rund einem Viertel der Patienten kommt es zu einer akuten Uveitis anterior. Auch eine kardiovaskuläre Beteiligung mit Störungen des Reizleitungssystems (AV-Block) sowie eine Aortitis mit Klappenbeteiligung sind beschrieben. Seltener kommt es zu entzündlicher Beteiligung des Kolons, der Harnröhre (Urethritis) sowie zu Schädigungen der Lunge (apikal betonte interstitielle Lungenerkrankung) oder einer sekundären Amyloidose.
Neben der typischen Körperhaltung kann die Atemexkursion des Thorax, die mit einem Maßband quantifiziert wird, weitere Aufschlüsse liefern: Bei Bechterew-Patienten beträgt der Unterschied zwischen Inspiration und Expiration meist weniger als 2 cm. Die Beteiligung der Iliosakralgelenke lässt sich durch das Mennell-Zeichen prüfen. Zur Beurteilung der Wirbelsäulenbeweglichkeit können auch das Ott-Zeichen bzw. das Schober-Zeichen herangezogen werden. Klinisch sehr einfach zu prüfen und bei der Spondylitis ankylosans häufig pathologisch ist auch der Hinterkopf-Wand-Abstand (HWA).
Die Spondylitis ankylosans betrifft folgende Lokalisationen:
In frühen Stadien ist das Röntgenbild noch unauffällig. Entscheidender Hinweis auf eine Spondylitis ankylosans sind dünne vertikale Syndesmophyten und eine begleitende bilaterale Sakroiliitis. Im Endstadium versteift sich die gesamte Wirbelsäule bambusstabförmig und es kommt zur Kastenwirbelbildung. Die kyphotische Fehlstellung führt zum Totalrundrücken.
Die Computertomographie (CT) wird insbesondere nach einem Trauma durchgeführt, um eine Chalk Stick Fracture nachzuweisen. Weiterhin werden chronische Veränderungen wie Erosionen, subchondrale Sklerose und Ankylose im CT besser dargestellt.
In der Magnetresonanztomographie (MRT) können bereits Frühzeichen der Spondylitis ankylosans nachgewiesen werden. Typische Befunde sind:
Die Spondylitis ankylosans wird zu Beginn medikamentös mit nichtsteroidalen Antiphlogistika und Biologika (TNF-Hemmer) behandelt. TNF-Hemmer beeinflussen die Schmerzen, die Beweglichkeit und vermindern eine Versteifung.
Um die Mobilität möglichst lange zu erhalten, sind physiotherapeutische Behandlungsprogramme indiziert. Aufrichtungsosteotomien sind angezeigt, wenn eine Einsteifung in hochgradiger Fehlstellung vorliegt. Die konsequente Therapie hat eine geradlinigere Wirbelsäule zur Folge, die Gegenarbeit zur Kyphosenbildung bringt allerdings eine Schmerzverstärkung mit sich.
Fachgebiete: Orthopädie, Rheumatologie
Diese Seite wurde zuletzt am 25. Januar 2022 um 10:49 Uhr bearbeitet.
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