Osteitis pubis
Synonyme: Schambeinentzündung, Pubalgie
Englisch: osteitis pubis
Definition
Die Osteitis pubis ist eine Form der Stressreaktion im Bereich der Symphysis pubica. Sie tritt meist infolge chronischer mechanischer Überlastung auf und ist durch belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der Symphyse gekennzeichnet.
Hintergrund
Die Symphyse besteht aus dem hyalinen Knorpel beider Schambeine und dem dazwischenliegenden faserknorpeligen Diskus, der einen zentralen Spalt aufweist. Sie wird oben und unten sowie vorne und hinten jeweils von Bändern verstärkt, die mit dem Diskus verwachsen sind. Ventral ist eine kräftige Aponeurose ausgebildet, die in den Musculus rectus abdominis einstrahlt und beidseits den Ursprung des Musculus adductor longus bildet.
Die Osteitis pubis wurde erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieben, zunächst im Zusammenhang mit urologischen Operationen. Mittlerweile ist sie vorrangig als Überlastungssyndrom bei Sportlern bekannt geworden. In den letzten Jahren hat die Erkrankung vor allem im Profisport an Relevanz gewonnen, da sie mit längeren Ausfallzeiten verbunden sein kann.
Ätiopathogenese
Die Ursachen sind multifaktoriell und häufig durch ein Zusammenspiel aus mechanischen, funktionellen und in einigen Fällen postoperativen Einflüssen bedingt. Bei Sportlern wird sie durch wiederholte Mikrotraumen, vor allem durch Scherkräfte und Torsionsbewegungen im Bereich des Beckens, ausgelöst. Insbesondere Aktivitäten mit schnellen Richtungswechseln und plötzlichen Stopps führen zu einer Überbeanspruchung des Muskel- und Sehnenansatzes im Bereich der Symphyse. Dadurch entstehen Mikroverletzungen, die zu einer lokalen aseptischen Entzündungsreaktion führen.
Postoperative Formen treten häufig nach urologischen Eingriffen auf, insbesondere nach Prostatektomien oder Blasenoperationen. Auch nach vaginalen Geburten kann es durch eine Überdehnung der Symphyse zu entzündlichen Veränderungen kommen.
Symptome
Leitsymptom der Osteitis pubis sind belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der Symphyse, die häufig in die Leiste, das Perineum oder die Adduktorenregion ausstrahlen. Der Schmerz ist meist dumpf und verstärkt sich bei körperlicher Aktivität, insbesondere beim Laufen, Treppensteigen, abrupten Bewegungen oder beim Heben schwerer Lasten. In fortgeschrittenen Fällen kann der Schmerz bereits in Ruhe auftreten.
Diagnostik
Die Diagnose der Osteitis pubis basiert auf Anamnese, klinischer Untersuchung und bildgebender Diagnostik. In der Anamnese sind sportliche Aktivitäten mit starker Belastung der Beckenringmuskulatur oder kürzlich erfolgte operative Eingriffe wegweisend. Klinisch fallen lokale Druckschmerzen über der Symphyse, Schmerzprovokation bei Adduktorenkontraktion und eine eingeschränkte Beweglichkeit auf.
Magnetresonanztomographie
Im akuten Stadium der Osteitis pubis findet sich in der MRT ein Ödem in den angrenzenden Schambeinen sowie in den Adduktoren, insbesondere im Musculus adductor brevis. Auch eine irreguläre Symphysenfuge kann auffallen. In chronischen Fällen finden sich subchondrale Zysten vor der Symphyse und eine Degeneration der Symphyse. Des Weiteren können Einrisse an den Enthesen vorhanden sein, die in die Aponeurose einstrahlen. Man unterscheidet:
- Streifiger Riss am Unterrand des Ramus inferior ossis pubis (Secondary Cleft Sign): Avulsion der Enthesen von Musculus gracilis, Musculus adductor brevis und Musculus pectineus.
- Streifiger Riss am Unterrand des Ramus superior ossis pubis (Superior Cleft Sign): Avulsion der Enthesen von Musculus rectus abdominis und Musculus adductor longus.
Geringe Knochenmarködeme kommen auch bei asymptomatischen Personen vor. Avulsionen des Musculus rectus abdominis sind hingegen immer symptomatisch.
Therapie
Die Behandlung erfolgt in der Regel konservativ. Zunächst steht die Reduktion der mechanischen Belastung im Vordergrund. Häufig ist eine konsequente Sportpause von mehreren Wochen bis Monaten notwendig. Parallel dazu werden physiotherapeutische Maßnahmen zur Entlastung und Stabilisierung des Beckenrings eingesetzt. Hierzu gehören Dehnübungen für die Adduktoren und ein gezieltes Training zur Kräftigung der Rumpfmuskulatur. Ergänzend kommen entzündungshemmende Medikamente (z.B. NSAR) zum Einsatz.
Bei persistierenden Beschwerden können Infiltrationen mit Lokalanästhetika und/oder Kortikosteroiden in den Bereich der Symphyse erwogen werden. In Einzelfällen wurde auch über den erfolgreichen Einsatz von Stoßwellentherapie berichtet.
Operative Maßnahmen sind selten notwendig und werden nur bei therapierefraktären Verläufen in Erwägung gezogen. Mögliche Eingriffe umfassen die Kürettage der Symphyse oder eine temporäre Symphysenarthrodese.
Literatur
- Meinberg et al., Pelvic incidence and osteitis pubis in professional soccer players, Int J Sports Med, 2022
- Hurwitz et al., Pubic-symphysis and pelvic ring injuries, in: StatPearls (Internet), 2021
- Hopp et al., Schreckgespenst Schambeinentzündung: Neue Wege in Diagnostik und Therapie, Deut Z Sportmed, 2008