Pulmonale alveoläre Mikrolithiasis
Englisch: pulmonary alveolar microlithiasis
Definition
Die pulmonale alveoläre Mikrolithiasis, kurz PAM, ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Lungenerkrankung, die durch intraalveoläre Ablagerung und Akkumulation von Kalziumphosphat-haltigen Mikrolithen gekennzeichnet ist.
Epidemiologie
Mit weltweit rund 1.100 dokumentierten Fällen zählt die PAM zu den seltensten Lungenerkrankungen. Die Prävalenz liegt in Endemiegebieten wie der Türkei, Japan, Indien oder Italien bei bis zu 1,85 pro 1 Mio. Einwohner. Etwa ein Drittel der weltweit dokumentierten Fälle tritt familiär auf (häufig bei Konsanguinität), typischerweise mit horizontaler Transmission (Geschwister) in einem autosomal-rezessiven Erbgang mit vollständiger Penetranz, d.h. Personen mit zwei mutierten Allelen entwickeln mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch eine klinisch manifeste PAM. Die Erkrankung betrifft beide Geschlechter gleichermaßen, wobei in familiären Clustern mit ≥ 3 betroffenen Geschwistern häufiger ein weibliches Überwiegen beschrieben wurde.
Das Erkrankungsalter variiert stark – von der frühen Kindheit bis ins hohe Erwachsenenalter. In der Regel bleibt die PAM über Jahre asymptomatisch und wird häufig zufällig im Rahmen radiologischer Untersuchungen entdeckt. Die Diagnose wird überwiegend zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr gestellt.
Ätiopathogenese
PAM beruht in nahezu allen untersuchten Fällen auf biallelischen Mutationen im SLC34A2-Gen, das auf Chromosom 4 am Genlokus 4p15.2 lokalisiert ist. SLC34A2 kodiert für den Typ-IIb-Natrium-Phosphat-Cotransporter (NaPi-IIb), der hauptsächlich in alveolären Typ-II-Pneumozyten exprimiert wird. Seine Funktion besteht in der Rückresorption von Phosphationen aus dem alveolären Surfactant. Bei einem Funktionsverlust durch Mutationen kommt es zur Akkumulation von Phosphationen im Alveolarlumen. Diese Phosphationen bilden mit dem alveolär verfügbaren Kalzium unlösliche Kalziumphosphatkristalle. In Folge bilden sich lamelläre Mikrolithen, die zu chronischen entzündlichen Reaktionen und sekundären Fibrosierung der Umgebung führen.
Der Transporter wird auch in anderen Geweben exprimiert (z.B. Dünndarm, Testis, Brustdrüse, Uterus, Sympathikusgrenzstrang), was zu extrapulmonalen Manifestationen (z.B. testikuläre Mikrolithiasis) führen kann.
Klinik
Das klinische Bild der pulmonalen alveolären Mikrolithiasis ist durch eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen dem radiologischem Befund und der zunächst geringen klinischen Symptomatik geprägt. Viele Patienten bleiben über Jahre oder Jahrzehnte nahezu beschwerdefrei. Oft erfolgt die Diagnose im Rahmen zufälliger Röntgen- oder CT-Untersuchungen aus anderem Anlass.
In den initialen Krankheitsstadien sind die Betroffenen entweder asymptomatisch oder weisen unspezifische Befunde auf, z.B.:
- Belastungsdyspnoe (meist das erste Leitsymptom)
- Reizhusten, meist trocken
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit
- Thorakales Engegefühl oder unklare Thoraxschmerzen
Im Verlauf kommt es bei einem Großteil der Betroffenen zu einer progredienten Verschlechterung der pulmonalen Funktion mit Ausbildung einer restriktiven Ventilationsstörung. Die Symptome im fortgeschrittenen Stadium umfassen:
- Ruhedyspnoe
- Zunehmende körperliche Leistungsminderung
- Zyanose (zentral/peripher)
- Trommelschlägelfinger und Uhrglasnägel (als Folge der chronischen Hypoxie)
- Zeichen eines Cor pulmonale (z.B. periphere Ödeme oder gestaute Halsvenen)
- Symptome einer pulmonalen Hypertonie treten typischerweise im Spätverlauf auf und sind prognostisch ungünstig.
In seltenen Fällen wurden auch extrapulmonale Manifestationen beschrieben:
- Testikuläre Mikrolithiasis (v.a. bei Männern mit PAM und nachgewiesener SLC34A2-Mutation).
- Nephrolithiasis wurde in Einzelfällen ebenfalls beschrieben, könnte aber auch einen Zufallsbefund darstellen.
Diagnostik
Anamnese
Bei Verdacht auf eine pulmonale alveoläre Mikrolithiasis ist die Anamnese oft unspezifisch. Charakteristisch ist eine lange symptomarme Latenzphase, in der die Erkrankung radiologisch bereits fortgeschritten sein kann. Viele Betroffene berichten über eine langsam progrediente Belastungsdyspnoe, seltener über Reizhusten oder ein thorakales Druckgefühl. Häufig besteht bereits seit Jahren eine bekannte Lungenveränderung im Röntgenbild, die als "alte Infiltrate" oder "verkalkte Läsionen" fehlgedeutet wurde. In späten Stadien kann eine zunehmende Leistungsminderung oder Zyanose im Vordergrund stehen. Auch rezidivierende Atemwegsinfekte oder "Asthma"-Diagnosen in der Kindheit wurden retrospektiv bei PAM-Patienten beschrieben.
Da bis zu 30–40 % der Fälle familiär gehäuft auftreten, insbesondere in Regionen mit hoher Konsanguinität, sollte eine Familienanamnese erhoben werden. Hinweisend sind Fälle von "Lungenfibrose", "Silikose" oder "unbekannten Lungenerkrankungen" bei Geschwistern, Eltern oder Onkeln/Tanten. Eine genetische Beratung ist bereits zu diesem Zeitpunkt sinnvoll.
Körperliche Untersuchung
Im Rahmen der körperlichen Untersuchung fällt die Lungenerkrankung häufig erst im Spätstadium auf. Bei der Auskultation können fein- bis grobblasige inspiratorische Rasselgeräusche über den basalen Abschnitten beider Lungen hörbar sein. Ein weiteres typisches, jedoch unspezifisches Zeichen sind Trommelschlägelfinger und Uhrglasnägel. In fortgeschrittenen Fällen zeigen sich klinische Zeichen der chronischen respiratorischen Insuffizienz wie Zyanose, Tachypnoe, periphere Ödeme und Zeichen der Rechtsherzbelastung (Cor pulmonale). Ein pathologisch verstärkter 2. Herzton über der Pulmonalklappe kann auf eine beginnende pulmonale Hypertonie hinweisen. Bei jungen asymptomatischen Patienten kann die körperliche Untersuchung allerdings komplett unauffällig sein.
Lungenfunktionsdiagnostik
Die Lungenfunktion zeigt typischerweise ein restriktives Ventilationsmuster, das den zunehmenden Verlust funktionellen Lungenparenchyms widerspiegelt. Die totale Lungenkapazität (TLC), die Vitalkapazität (VC) und die forcierten exspiratorischen Volumina (FEV1, FVC) sind meist reduziert. In Frühstadien kann die Spirometrie noch normal sein oder lediglich eine diskrete Restriktion zeigen. Besonders sensitiv ist die Messung der Diffusionskapazität (DLCO), die in vielen Fällen frühzeitig vermindert ist. Sie korreliert gut mit dem mikrolithischen Umbau der Alveolarwände und dem Verlust an funktionaler Gasaustauschfläche.
Im Bodyplethysmographen zeigt sich neben der Restriktion häufig auch eine reduzierte Compliance, was für ein fibrotisches Parenchym spricht. Der Atemwegwiderstand ist in der Regel nicht erhöht, es sei denn, es liegen zusätzliche Emphysemaspekte oder bronchiale Umbauprozesse vor.
In belastungsabhängigen Tests (z.B. 6-Minuten-Gehtest, Spiroergometrie) kann eine rasch eintretende Hypoxämie dokumentiert werden, die auf eine erhebliche Diffusionsstörung hinweist.
Labordiagnostik
Die Routine-Laboruntersuchung liefert keine spezifischen Hinweise auf PAM. Sowohl Serumkalzium als auch -phosphat, Vitamin D, Parathormon und Nierenwerte sind bei Patienten mit PAM meist im Normbereich. Auch Entzündungsparameter (CRP, Leukozyten) sind in der Regel unauffällig. Einige Studien zeigten eine Erhöhung von Surfactant-Proteinen A und D (SP-A und SP-D) im Serum, insbesondere im fortgeschrittenen Krankheitsstadium. Diese Proteine gelten als Marker für eine alveoläre Schädigung und könnten in Zukunft als Verlaufsparameter nutzbar sein.
Bronchoalveoläre Lavage
Die bronchoalveoläre Lavage (BAL) kann zur Diagnosesicherung beitragen, insbesondere wenn keine Biopsie verfügbar ist. In der Lavageflüssigkeit lassen sich gelegentlich typische lamellierte Mikrolithen nachweisen - kleine rundliche, oft PAS-positive Körper mit konzentrischer Schichtung. Ihre Detektion ist jedoch nicht zuverlässig, da sie ungleichmäßig verteilt und schwer zu gewinnen sind. Die Sensitivität der BAL liegt deutlich unter der histologischen Sicherung.
Die Zellzahl und Differenzierung im Lavagefluid zeigen keine spezifische Entzündungskonstellation. Ein leicht erhöhter Anteil von Makrophagen und vereinzelte Lymphozyten sind möglich.
Bildgebung
Die Bildgebung spielt eine zentrale Rolle bei der Diagnosestellung der pulmonalen alveolären Mikrolithiasis. Charakteristisch ist die Tatsache, dass der radiologische Befund häufig dem klinischen Erscheinungsbild deutlich voraus ist.
Röntgen-Thorax
Die Thoraxübersichtsaufnahme zeigt im typischen Fall ein diffuses, symmetrisches, feinkörniges mikronoduläres Muster, das an einen Sandsturm erinnert ("sandstorm appearance"). Diese Mikrokalzifikationen, die im Alveolarraum sedimentieren, sind besonders dicht in den basalen, subpleuralen und parakardialen Lungenabschnitten nachweisbar.
Mögliche Frühzeichen sind unscharfe perihiläre und retikulonoduläre Verschattungen, die im Verlauf immer dichter und körniger werden. In späteren Stadien können die Lungenfelder aufgrund der diffusen Verkalkungen weißlich überstrahlt erscheinen.
Ein weiteres typisches, wenn auch subtileres Zeichen ist das sogenannte Black Pleura Sign. Dabei erscheint die Pleura visceralis im konventionellen Röntgenbild als dunkle Linie. Diese Demarkation entsteht aufgrund der relativen Dichteunterschiede zwischen der kalzifizierten Lunge und der nicht verkalkten Pleura.
CT-Thorax
Die HRCT gilt als radiologischer Goldstandard in der Diagnostik von PAM. Bereits im Frühstadium können hier diskrete, punktförmige hyperdense Mikrolithen (Durchmesser < 3 mm) nachgewiesen werden, oft auch bei klinisch asymptomatischen Personen.
Die typischen HRCT-Befunde umfassen:
- Dicht gepackte Mikronoduli mit kalzifizierter Dichte, diffus über alle Lungenabschnitte verteilt, bevorzugt in den subpleuralen und basalen Lungenarealen
- Crazy-Paving-Muster: Milchglastrübungen mit überlagerten verdickten Inter- und Intralobulärsepten: Ausdruck der Mikrolithen und begleitender Fibrose
- Verdickung bronchovaskulärer Bündel bzw. des peribronchovaskulären Interstitiums
- Subpleurale Zysten: Durch Verlust elastischer Fasern und Destruktion von Alveolarsepten
- Kleinfleckige Konfluenz der Mikrolithen zu größeren kalzifizierten Arealen
- In fortgeschrittenen Stadien: Lungenemphysem, Bronchiektasen, Architekturstörungen, Zeichen der pulmonalen Hypertonie und Rechtsherzbelastung.
In Einzelfällen wurde über Verkalkungen der Pleura, der mediastinalen Lymphknoten und der Trachealwand berichtet.
Weitere Bildgebung
In der MRT zeigen die kalzifizierten Läsionen eine Hypointensität oder eine Signalauslöschung in T1- und T2-gewichteten Sequenzen. Die MRT spielt jedoch diagnostisch kaum eine Rolle.
Eine Knochenszintigrafie mit 99mTc-MDP zeigt diffuse pulmonale Anreicherungen. Das Verfahren wird nur in Einzelfällen durchgeführt.
Pathologie
Die Diagnosesicherung von PAM kann histologisch über eine transbronchiale Biopsie (TBB) oder häufiger über eine chirurgische Lungenbiopsie, z.B. mittels videoassistierter Thorakoskopie (VATS), erfolgen.
Makroskopie
Makroskopisch zeigt sich ein diffus körniges, gräulich-weißes Parenchym, das palpatorisch verhärtet ist. Im fortgeschrittenen Stadium erinnert die Lunge an Sandpapier oder Mörtel.
Mikroskopie
Das histologische Hauptmerkmal der PAM sind unzählige, intraalveolär gelegene, konzentrisch lamellierte, kalzifizierte Mikrolithen. Diese kugeligen Strukturen bestehen überwiegend aus Hydroxylapatit (Ca₅(PO₄)₃OH), sind PAS-positiv, kalziumreich (Nachweis mit Von-Kossa oder Alizarin-Rot) und besitzen einen charakteristisch zwiebelschalenartigen Aufbau. Die Mikrolithen liegen frei in den Alveolarräumen, teils intra- oder peribronchiolär, gelegentlich auch in alveolären Duktuli. Die Alveolarsepten sind oft fibrosiert, verdickt oder durch reaktive Prozesse verändert. Es findet sich ein variabler Grad an interstitieller Fibrose, insbesondere peribronchiovaskulär und subpleural.
In späteren Stadien sieht man zusätzlich:
- Destruktion alveolärer Architekturen
- Einwanderung von Makrophagen
- epitheliale Metaplasien und teilweise Verklebung von Alveolen
- gelegentlich chronisch-lymphozytäre Infiltrate im Interstitium
Immunhistochemie
Immunhistochemisch sind die Typ-II-Pneumozyten positiv für SP-A, SP-B, SP-C und SP-D, und teilweise für NaPi-IIb, sofern der Transporter nicht vollständig funktionslos ist (z.B. bei Missense-Mutationen).
Molekulargenetik
Mittels molekulargenetischen Analysen können die ursächlichen Mutationen im SLC34A2-Gen nachgewiesen werden. SLC34A2 besteht aus 13 Exons. Bisher wurden über 25 verschiedene pathogene Varianten von SLC34A2 beschrieben, darunter:
- Nonsense-Mutationen
- Frameshift-Mutationen
- Splice-site-Veränderungen
- Exon-Deletionen
- Missense-Mutationen mit Verlust der Transportaktivität
Die meisten Mutationen führen zu Funktionsverlusten (Loss-of-Function-Mutation) des NaPi-IIb-Transporters. In nahezu allen bisher genetisch untersuchten Fällen mit klinischer und histologischer PAM-Diagnose konnten homozygote oder seltener compound-heterozygote Mutationen nachgewiesen werden.
Eine klare Genotyp-Phänotyp-Korrelation ist bislang (2025) nicht eindeutig belegt. Einzelne Mutationen sind mit einem früheren Erkrankungsbeginn oder einer schnelleren Progression assoziiert, doch mangels großer Kohorten bleiben diese Beobachtungen anekdotisch.
Differentialdiagnosen
Die Differentialdiagnostik der PAM umfasst eine Reihe interstitieller, granulomatöser, infektiöser und speicherassoziierter Lungenerkrankungen. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass PAM im Frühstadium radiologisch anderen Krankheitsbildern ähnelt. Die Differenzierung erfordert daher stets eine kontextuelle Gesamtschau aus Klinik, Bildgebung, Histologie und gegebenenfalls genetischer Analyse. Wichtige Differenzialdiagnosen sind:
- Pneumokoniosen (Silikose, Berylliose): zeigen mikronoduläre Muster mit betonter Verteilung in den oberen Lungenabschnitten. Silikose führt häufig zu Eierschalenverkalkung der Lymphknoten, was bei PAM fehlt. Klinisch ist eine berufliche Exposition gegenüber Quarz- oder Berylliumstaub anmnestisch entscheidend. Patienten sind meist älter und zeigen progrediente Husten- und Dyspnoesymptomatik, teils mit systemischen Symptomen. Histologisch fehlen bei diesen Erkrankungen die typischen konzentrisch lamellierten Mikrolithen. Stattdessen finden sich granulomatöse Entzündungsreaktionen, fibrosierende Umbauprozesse und bei Berylliose nicht-verkäsende Granulome.
- Miliartuberkulose: Radiologisch kann die Miliartuberkulose eine PAM imitieren, insbesondere im Frühstadium, mit diffusen, feinen, zufällig verteilten Mikronoduli. Diese sind jedoch nicht verkalkt, sondern weichgewebsdicht. Klinisch bestehen systemische Symptome wie Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust und deutliches Krankheitsgefühl. Laborchemisch und mikrobiologisch ist ein positiver Tuberkulintest und ggf. der Nachweis von Mykobakterien in Sputum oder BAL entscheidend. Histologisch finden sich epitheloidzellige Granulome mit zentraler Verkäsung.
- Sarkoidose: Radiologisch können sich bei der pulmonalen Sarkoidose retikulonoduläre Verschattungen bzw. perilymphatisch verteilte Mikronoduli zeigen. Kalzifikationen sind in Lymphknoten möglich, aber nicht alveolär. Klinisch zeigen sich häufig systemische Symptome, okuläre Manifestationen, Hautveränderungen (Erythema nodosum) und eine Hyperkalzämie. Histologisch finden sich typische nichtverkäsende Granulome. Serologisch ist ACE und löslicher IL-2-Rezeptor erhöht.
- Pulmonale Hämosiderose: Radiologisch zeigen sich im chronischen Stadium retikulonoduläre Verdichtungen und interstitielle Verdickungen. Verkalkte Mikronoduli finden sich nicht. In der BAL finden sich siderophile Makrophagen. Klinisch stehen Hämoptysen im Vordergrund, begleitet von Dyspnoe, Anämie und ggf. Eisenmangel. Histologisch zeigen sich intraalveoläre Blutungen und Eisenablagerungen.
- Idiopathische Lungenfibrose (IPF): basal und subpleural betonte Retikulationen mit Honigwaben (radiologisches UIP-Muster). Ähnliche Klinik. Histologisch zeigt sich ein UIP-Muster mit Fibroblastenfoci und temporaler Heterogenität.
- Pulmonale metastatische Kalzifikationen: z.B. bei chronischer Niereninsuffizienz. Diffuse zentrilobuläre Verkalkungen in der CT. Histologisch finden sich diffuse Kalziumablagerungen in Gefäßen, Basalmembranen und Alveolarsepten.
- pulmonale Ossifikationen: Dendriforme pulmonale Ossifikation (DPO) stellen lineare oder netzartige Ossifikationen entlang der Alveolarsepten dar, die oft sekundär bei chronischer Lungenfibrose, Herzinsuffizienz oder nach langer mechanischer Beatmung auftreten. Histologisch zeigen sich knöcherne Trabekel mit Osteoid und Osteozyten. Bei der nodulären pulmonalen Ossifikation finden sich kleine rundliche knöcherne Herde im Parenchym.
- multiple verkalkte Mikronoduli nach Varizellenpneumonie
Therapie
Derzeit (2025) existiert keine kausale medikamentöse Therapie für die pulmonale alveoläre Mikrolithiasis. Die Behandlung erfolgt daher primär symptomatisch und supportiv. Zum Einsatz kommen:
- Langzeit-Sauerstofftherapie (LTOT): Indiziert bei Hypoxämie in Ruhe oder unter Belastung.
- Atemphysiotherapie: Zur Verbesserung der Lungenmechanik und Sekretmobilisation.
- Impfprophylaxe: Gegen Pneumokokken, Influenza und SARS-CoV-2 zur Vermeidung von Infektionen.
- Vermeidung pulmonotoxischer Noxen: Insbesondere Nikotinabstinenz ist essenziell.
- Systemische Kortikosteroide, Kalziumchelatoren und bronchoalveoläre Lavagen haben sich als ineffektiv erwiesen und werden nicht empfohlen.
Bei fortgeschrittener PAM mit respiratorischer Insuffizienz oder pulmonaler Hypertonie ist die Lungentransplantation die einzige kurative Option. Sowohl einseitige als auch doppelseitige Transplantationen wurden erfolgreich durchgeführt. Ein Rezidiv der Erkrankung in der transplantierten Lunge wurde bisher nicht beobachtet.
In den letzten Jahren wurden experimentelle Therapieansätze in Tiermodellen und Einzelfällen klinisch getestet. Bislang konnte jedoch keiner dieser Ansätze in kontrollierten Studien validiert werden:
- Etidronsäure: hemmt die Kalziumphosphat-Kristallisation und wurde in mehreren Fallberichten eingesetzt. Einige Patienten zeigten klinische und radiologische Verbesserungen, jedoch sind die Ergebnisse heterogen und nicht konsistent.
- Phosphatarme Diät: Tiermodelle zeigten, dass eine phosphatarme Ernährung die Bildung von Mikrolithen reduzieren kann. Ob dieser Ansatz beim Menschen wirksam ist, bleibt unklar.
- Osteoklastenaktivierung: Neuere Studien deuten darauf hin, dass osteoklastenähnliche Zellen in der Lunge zur Resorption von Mikrolithen beitragen könnten. Die Modulation dieser Zellen stellt einen potenziellen therapeutischen Ansatz dar, befindet sich jedoch noch im experimentellen Stadium.[1]
Prognose
Die Prognose der pulmonalen alveolären Mikrolithiasis ist schwer vorherzusagen, da der klinische Verlauf hochgradig variabel ist. Während manche Betroffene über Jahrzehnte hinweg asymptomatisch bleiben oder nur milde Symptome entwickeln, schreitet die Erkrankung bei anderen rasch voran und führt zu respiratorischer Insuffizienz und terminaler Lungenfibrose. Basierend auf Fallberichten und retrospektiven Kohorten lassen sich drei grobe Verlaufsformen unterscheiden:
- Benigner Typ: Patienten bleiben über Jahrzehnte nahezu beschwerdefrei, häufig Zufallsbefund bei Röntgen oder CT. Die Lungenfunktion bleibt lange stabil, der Progress ist minimal.
- Langsam progredienter Typ: Allmähliche Zunahme der Dyspnoe, zunehmende Einschränkung der Lungenfunktion, später Hypoxämie und Rechtsherzbelastung. Dies ist der häufigste Verlaufstyp.
- Schnell progredienter Typ: Früh auftretende Symptome, rasche Verschlechterung innerhalb weniger Jahre. Indikation zur frühzeitigen Lungentransplantation.
Einheitliche Prädiktoren für einen schweren Verlauf existieren nicht, doch mehrere klinische Befunde sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert:
- Früher Symptombeginn (<20 Jahre)
- Rasche Verschlechterung der DLCO und VC
- Auftreten von pulmonaler Hypertonie
- Radiologische Veränderungen mit zystischen Umbauten, Crazy-Paving-Muster, Lungenemphysem
- Erhöhter Sauerstoffbedarf oder O₂-Abfall unter Belastung
- Erhöhte Surfactant-Protein-A/D-Spiegel (experimentell)
Die Lebenserwartung variiert erheblich. In einer großen Übersichtsarbeit lag das Erkrankungsalter zwischen 5 und 79 Jahren; Todesfälle wurden ab dem 3. Lebensjahrzehnt berichtet.[2] Einige Patienten überlebten mehr als 50 Jahre mit relativ stabiler Lungenfunktion, während andere innerhalb weniger Jahre nach Diagnosestellung transplantationspflichtig wurden oder verstarben.
Weblink
- NIH rarediseases, abgerufen am 19.04.2021
Quellen
- ↑ Uehara Y et al. Insights into pulmonary phosphate homeostasis and osteoclastogenesis emerge from the study of pulmonary alveolar microlithiasis. Nat Commun. 2023
- ↑ Castellana G. et al. Pulmonary alveolar microlithiasis: review of the 1022 cases reported worldwide. Eur Respir Rev. 2015