Benigne Prostatahyperplasie
Synonyme: BPH, Prostataadenom, Prostatavergrößerung, benignes Prostatasyndrom, BPS, myoglanduläre Prostatahyperplasie, benigne Prostataobstruktion
Englisch: benign prostatic hypertrophy, BPH
Definition
Die benigne Prostatahyperplasie, kurz BPH, ist eine mit Vergrößerung des Organs einhergehende Hyperplasie der Prostata, die vorwiegend ältere Männer betrifft.
Nomenklatur
Das typische Beschwerdebild der BPH wird nach neuerer Nomenklatur (Stand 2021) als benignes Prostatasyndrom, kurz BPS, bezeichnet. Die benigne Prostatahyperplasie meint demnach lediglich den histopathologischen Nachweis der Organvergrößerung, ohne dass eine Symptomatik vorliegen muss. Diese Terminologie hat sich jedoch in der medizinischen Alltagssprache noch nicht überall durchgesetzt.
Epidemiologie
Ätiologie
Die Ursache der BPH ist derzeit (2022) weitgehend ungeklärt. Zum einen wird diskutiert, dass mit zunehmendem Alter eine Verschiebung des Androgenstoffwechsels stattfindet. Eine relative Zunahme von Dihydrotestosteron und Östrogen scheint einen Wachstumsreiz auf das prostatische Gewebe auszuüben. Dihydrotestosteron stimuliert durch die Bindung an den Androgenrezeptor die Synthese von Wachstumsfaktoren wie FGF und IGF. Die BPH wird unter anderem mit einer Überexpression von FGF und damit einhergehender Proliferation von Prostatadrüsen in Verbindung gebracht.[3]
Zum anderen wird eine sich im Alter ändernde Interaktion zwischen Stroma und Epithel der Prostata als Ursache der Hyperplasie diskutiert. Als mögliche Risikofaktoren gelten Entzündungen (lokal oder systemisch) und Adipositas. Eine genetische Komponente kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.[2]
Pathogenese
Ausgangspunkt für die Entwicklung einer benignen Prostatahyperplasie ist meist die Transitionszone (Übergangszone) oder die periurethrale Zone der Prostata. Im Gegensatz dazu entwickeln sich Prostatakarzinome in der Mehrzahl der Fälle in der peripheren Zone.
Eine BPH führt zu folgenden Veränderungen an der Harnblase: Aus dem erhöhten Auslasswiderstand durch die Kompression der Harnröhre resultiert eine reaktive Detrusorhyperplasie, die in eine Restharnbildung mündet, wenn der erhöhte Auslasswiderstand nicht mehr kompensiert wird. Bei weiter bestehender BPH folgt schließlich die Ausbildung eines vesikoureteralen Refluxes und einer Hydronephrose, die bis hin zur Niereninsuffizienz führen kann.
Pathologie
Makroskopisch lassen sich im hyperplastischen Gewebe der periurethralen Zone und Transitionszone üblicherweise zahlreiche größenvariable Knoten erkennen. Die Beschaffenheit ist grob-elastisch und ähnelt der Konsistenz des Daumenballens. In der peripheren Zone befindet sich Gewebe, das bei Druck verdrängt wird und eine Pseudokapsel bildet. Gelegentlich bildet sich am inneren Harnröhrenostium ein Knoten, der als "Home'scher Mittellappen" bezeichnet wird. Er versperrt den Harnröhreneingang wie ein Deckel.
Histologisch unterscheiden sich die nodulären Veränderungen je nach ihrer Zusammensetzung:
- Fibrovaskuläre Stromaknoten: überwiegend aus Fibroblasten, Blutgefäßen und Kollagenfasern
- Fibromuskuläre Knoten: zusätzlich glatte Muskelfasern und Myofibroblasten
- Leiomyomatöse Knoten (selten): nur glatte Muskelfasern
- Fibro- und myoglanduläre Knoten: überwiegend aus Drüsengewebe
Stadien der benignen Prostatahyperplasie
- Stadium I: Dysurie, Nykturie, Startschwierigkeiten, Strahlabschwächung, kein Restharn
- Stadium II: Restharn > 50 ml, beginnende Dekompensation
- Stadium III: Überlaufblase, Stauungsnieren, akuter Harnverhalt, postrenales Nierenversagen
Symptome
Die Hyperplasie per se verursacht keine Symptome. Nur durch Einengung der Harnröhre oder einen ventilartigen Verschluss des Blasenausgangs (Mittellappenadenom) entstehen Symptome:
- Pollakisurie
- Nykturie
- Abschwächung des Harnstrahls
- evtl. imperativer Harndrang
- evtl. Urgeinkontinenz
Komplikationen
Die Entwicklung von Restharn begünstigt Harnwegsinfektionen sowie die Entstehung von Blasensteinen und führt damit zum Harnstau. Die Entstehung einer Makrohämaturie ist durch Ruptur gestauter Venen im Blasenausgangsbereich (Varizen am Blasenhals) möglich. Weitere Komplikationen sind:
- Balkenblase (trabekuläre Arbeitshypertrophie der Blasenmuskulatur)
- Hydroureter/Hydronephrose
- Nierenversagen
Die Prostatahyperplasie ist keine Präkanzerose.
Diagnostik
- Anamnese
- Körperliche Untersuchung:
- Harnblase vergrößert evtl. tastbar
- Bei der rektalen Untersuchung erfolgt eine Beurteilung der Größe, Konsistenz (derb-elastisch, wie Daumenballen) und evtl. Nachweis von Indurationen der Prostata.
- Sonographie:
- Restharnbestimmung möglich (Länge x Höhe x Tiefe x 0,5)
- Bei sehr großen Restharnmengen zusätzlich Sonographie der Niere zum Ausschluss einer Hydronephrose
- Zur Größenbestimmung der Prostata dient die transrektale Sonographie
- Bei unklarem Ultraschallbefund immer histologische Abklärung mittels Biopsie
- Infusionsurogramm: Anhebung des Blasenbodens durch die hyperplastische Prostata, die einmündenden Ureter imponieren wie Korbhenkel (Korbhenkelphänomen)
- Laborchemische Untersuchungen: Retentionswerte, Elektrolyte, Prostataspezifisches Antigen (PSA)
- Uroflowmetrie: Maximalflow < 15 ml/s
Differentialdiagnose
Bei Restharnbildung ist immer auch an eine Urethrastriktur zu denken. Bei irritativen Miktionsbeschwerden sollten ein Blasentumor und eine neurogene Blasenentleerungsstörung in Betracht gezogen werden.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung.
Stadium I
In Stadium I wird die benigne Prostatahyperplasie konservativ behandelt. Hierzu verwendet man pflanzliche Präparate (Phytotherapeutikum) des Kürbis oder Sägepalmenextrakt.
Stadium II
In Stadium II wird die benigne Prostatahyperplasie ebenfalls konservativ behandelt. Jedoch kommen hierbei stärker wirksame Medikamente zum Einsatz. Durch selektive Alpha-Blocker, die an α1A-Rezeptoren wirken (z.B. Tamsulosin) wird eine Relaxation der glatten Blasenhalsmuskulatur erreicht. Häufige Nebenwirkungen während der Therapie sind:
5-Alpha-Reduktasehemmer (z.B. Finasterid) verkleinern die Prostata durch Eingriff in den hormonellen Stoffwechsel der Drüse, der Effekt auf den Harnfluss und die Symptomatik ist dabei gering. Zu beachten ist dabei, dass durch 5-α-Reduktasehemmer der PSA-Wert halbiert wird.
Eine Reduzierung des Prostatavolumens ist auch durch Antiandrogene möglich, bei denen jedoch eine Impotenz resultiert.
Stadium III
Das Stadium III wird operativ behandelt. Indikationen für eine operative Therapie sind:
- Überlaufinkontinenz
- wiederholte akute Harnverhaltung
- Blasensteine
- Rezidivierende Harnwegsinfekte
- Restharn > 100 ml
Relative OP-Indikationen sind Pollakisurie sowie Schlafstörungen durch Nykturie.
In Abhängigkeit von der Größe der Prostata kann eine transurethrale Inzision der Prostata (TUIP) oder eine transurethrale Prostataresektion (TUR-P) durchgeführt werden bzw. bei großer Prostata eine offene chirurgische Enukleation (transvesikale, retropubische oder perineale Adenomektomie). Als Grenzwert für die transurethrale Resektion der Prostata gilt eine Adenomgröße, die einem Organgewicht von 60 bis 80 g entspricht.
Zur Gewährleistung ausreichender Sichtverhältnisse wird bei der TUR-P ein Spülmedium verwendet, das elektrolytfrei ist. Während der OP gelangt über eröffnete Gefäße von dieser Spüllösung bis zu 1 L in das Blutgefäßsystem, als Folge kann eine Überwässerung mit Hyponatriämie auftreten (TUR-Syndrom).
Alternative Therapiemethoden
- Thermische Koagulationsnekrose des Adenomgewebes
- Hyperthermie-Therapie
- Laservaporisation (Greenlight-Laser, HoLEP, ThuVEP, ThuLEP)
- Interstitielle Laserkoagulation (ILK)
- Prostata-Arterien-Embolisation (PAE)
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Quellen
- ↑ Bechis SK, Otsetov AG, Ge R, Olumi AF: Personalized medicine for the management of benign prostatic hyperplasia. J Urol. 2014 Jul;192(1):16-23. doi: 10.1016/j.juro.2014.01.114. Epub 2014 Feb 25.
- ↑ 2,0 2,1 Vuichoud C, Loughlin KR: Benign prostatic hyperplasia: epidemiology, economics and evaluation. Can J Urol. 2015 Oct;22 Suppl 1:1-6.
- ↑ Shah A. et al.: Mechanistic targets for BPH and prostate cancer–a review. Reviews on Environmental Health 2020
Bildquelle
Literatur
- Höfler et al. Lehrbuch Pathologie, 6. Auflage, 2019