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Pankreatitis (Hund)

Synonym: Bauchspeicheldrüsenentzündung
Englisch: pancreatitis

1. Definition

Die Pankreatitis des Hundes ist eine akut oder chronisch verlaufende Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas).

2. Ätiologie

Die Ätiologie einer Pankreatitis bleibt oft ungeklärt (idiopathische Pankreatitis).

Zu den Risikofaktoren gehören die Aufnahme fettreicher Mahlzeiten, Traumata (z.B. Verkehrsunfall, chirurgisches Trauma), lokale Durchblutungsstörungen (z.B. während einer Anästhesie oder im Schock), Hyperkalzämie und die Applikation verschiedener Medikamente bzw. Wirkstoffe (v.a. Kaliumbromid, Phenobarbital, L-Asparaginase, Azathioprin und Kalzium).

In seltenen Fällen können auch Infektionen wie z.B. Babesiosen oder Leishmaniosen zur Pankreatitis führen.

3. Klassifikation

Anhand der Klinik und der Histologie unterscheidet man zwischen zwei Verlaufsformen:

  • akute Pankreatitis
  • chronische Pankreatits

Die akute Pankreatitis kann nach der Beseitigung der Auslöser und vollständigen Genesung zur Restitutio ad integrum des Organs führen. Im Gegensatz dazu stellt die chronische Pankreatitis eine fortdauernde Entzündung dar, die durch irreversible morphologische Veränderungen (v.a. Fibrose und Atrophie des Parenchyms) charakterisiert ist. Beide Verlaufsformen können in einer milden oder auch in einer schweren Form auftreten. Bei der milden Verlaufsform kommt es nur zu geringgradigen lokalen Störungen, die meist mit der Genesung des Patienten enden. Dem gegenüber steht die schwere Verlaufsform, die mit weitreichenden Pankreasveränderungen sowie systemischen Organstörungen verbunden ist und mit einer ungünstigen bis infausten Prognose einhergeht. Hierbei ist beachten, dass eine akute Pankreatitis oft schwergradig verläuft, während eine chronische Pankreatitis häufig mit einer milden Verlaufsform vergesellschaftet ist.

Einige Autoren und Kliniker klassifizieren die Pankreatitis auch anhand pankreatischer Komplikationen. Hierzu zählen z.B. akute nekrotische Flüssigkeitsansammlungen, Pseudozysten und eine abgekapselte Pankreasnekrose.

4. Pathogenese

In schweren Erkrankungsfällen wird eine Pankreatitis durch die Selbstverdauung (Autolyse) des exokrinen Pankreas hervorgerufen. Um einer Autolyse entgegenzuwirken, verfügt das Organ über eine Reihe von Schutzmechanismen. Erst wenn alle diese Schutzvorrichtungen durchbrochen sind, kommt es zur Erkrankung.

Die Erkrankung verläuft dabei in zwei Stufen:

Milde Verlaufsformen gehen häufig ohne Anzeichen einer Autolyse einher. Wie die einzelnen prädisponierenden Faktoren letztendlich zu einer Entzündung des Pankreas führen können, ist bislang noch ungeklärt.

5. Klinik

Eine Pankreatitis kann sich klinisch unterschiedlich äußern – abhängig vom Verlauf (akut vs. chronisch) und dem Schweregrad (mild vs. schwer). Das klinische Bild reicht vom subklinischen Verlauf bis hin zum multiplen Organversagen. Die verschiedenen Symptome können aber auch fließend ineinander übergehen.

Eine massive Pankreatitis geht mit Erbrechen (90 %), Schwäche (79 %), Abdominalschmerzen (58 %), Dehydratation (46 %), Durchfall (33 %) und Fieber (21 %) einher. Bei milden und chronisch verlaufenden Pankreatitiden hingegen werden oft unspezifische Symptome wie Anorexie und Lethargie beobachtet. In schweren Fällen können aber noch chronisches Erbrechen, Abdominalschmerzen und systemische Komplikationen hinzukommen.

6. Komplikationen

Eine Pankreatitis kann auch mit systemischen Organstörungen und lokalen pankreatischen Komplikationen verbunden sein. Zu den systemischen Komplikationen zählen:

Als lokale Komplikationen können u.a. auftreten:

7. Differenzialdiagnosen

8. Diagnose

Die Diagnostik beinhaltet neben hämatologischen und serologischen Untersuchungen (Blutbild inkl. Serologie) auch bildgebende Verfahren (Röntgen und Ultraschall).

Zusätzlich zu diesen Befunden muss die pankreatische Lipase (canine pankreatische Lipase-Immunreaktivität, cPLI) immunologisch gemessen werden. Im Gegensatz zu den konventionellen Serumlipaseaktivitätsbestimmungen misst dieser Assay nur die von den Acinuszellen des exokrinen Pankreas produzierte Lipase. Ein Anstieg der Serum-cPLI ist sowohl hoch spezifisch als auch hoch sensitiv (Sensitivität bei 82 %) für eine Pankreatitis.

Die definitive Diagnose kann aber erst durch eine histologische Untersuchung eines Pankreasbioptats gesichert werden.

8.1. Laborbefunde

Parameter Wert Befund
Blutbild:
Thrombozyten:  Thrombozytopenie
Neutrophile Granulozyten:  Neutrophilie
Erythrozyten:  Anämie
Serologie:
Chlor: Hyperchlorämie
Alkalische Phosphatase:
Phosphat: Hyperphosphatämie
ALT
Harnpflichtige Substanzen  Azotämie
Bilirubin:  Hyperbilirubinämie
Albumin:  Hypalbuminämie
Cholesterin:  Hypercholesterinämie
Glukose: ↓/↑  Hypoglykämie/Hyperglykämie

8.2. Zytologie

Die zytologische Untersuchung einer Feinnadelaspirationsbiopsie des Pankreas ist meist von Entzündungszeichen gekennzeichnet. Bei einer zeitgleich vorliegenden Pankreasnekrose lässt sich oftmals nur Zelldebris nachweisen. Kommt es gleichzeitig zu einer Flüssigkeitsansammlung im Bereich des Pankreas, können in diesem Aspirat oftmals Anzeichen eines Exsudats mit hoher Proteinkonzentration und einem hohen Gehalt an Entzündungszellen nachgewiesen werden.

8.3. Bildgebende Diagnostik

Auf den Röntgenbildern des Abdomens können u.a. ein verminderter Kontrast und eine verminderte Detailerkennbarkeit in der rechten kranioventralen Abdominalregion, dilatierte Dünndarmschlingen und Lageveränderungen verschiedener Organe gefunden werden. Die Pars descendens duodeni ist nach links und das Colon transversum nach kaudal verschoben.

Bei der Ultraschalluntersuchung lässt sich eine Vergrößerung des Pankreas, Flüssigkeitsansammlungen im Bereich des Organs, eine verminderte Echogenität des Parenchyms (Pankreasnekrose) und/oder eine Erhöhung der Echogenität in der unmittelbaren Umgebung (Fettgewebsnekrose) darstellen.

9. Therapie

Die Behandlung einer Pankreatitis besteht aus folgenden drei Säulen:

  • Entfernung/Bekämpfung der auslösenden Ursache (insofern bekannt)
  • symptomatische Therapie
  • frühzeitige Identifikation und Behandlung von potenziellen systemischen und pankreatischen Komplikationen

9.1. Symptomatische Behandlung

Die klassische symptomatische Behandlung beinhaltet folgende Maßnahmen:

Mithilfe von Antiemetika kann rasch eine adäquate enterale Ernährung gewährleistet werden. Die Diät besteht aus einer kohlenhydratreichen und fett- sowie proteinarmen Ernährung, die in kleinen Mengen verabreicht wird (z.B. gekochter Reis mit Magerquark). Alternativ kann auch auf kommerzielle Futtermittel zurückgegriffen werden. Da die Pankreatitis eine extrem katabolische Erkrankung ist, muss in schweren Fällen und bei unzureichender oraler Ernährung auf eine alternative Ernährungsmethode (z.B. nasogastrische Sonde) umgestellt werden.

Für die Applikation von Antibiotika, nichsteroidalen Antiphlogistika, Antazida sowie sekretionshemmenden Substanzen (z.B. Anticholinergika, Calcitonin, Glukagon oder Somatostatin) liegen keine ausreichenden Untersuchungen vor.

9.2. Medikamente

Medikament Wirkstoff Dosis
Antiemetikum Maropitant 1 mg/kgKG s.c. 1x tägl.
Ondansetron 0,1 mg/kgKG i.v. 1 bis 2x tägl.
Analgetikum Pethidin 5 bis 10 mg/kgKG i.m. mehrmals
Butorphanol 0,2 bis 0,4 mg/kgKG i.m./i.v./s.c. alle 2 bis 4 Std.
Morphin 0,5 bis 2,0 mg/kgKG i.m./s.c. alle 3 bis 4 Std.
Buprenorphin 0,005 bis 0,02 mg/kgKG s.c./i.v. alle 6 bis 8 Std.
Fentanyl 2 bis 5 µg/kgKG i.v. Bolus, 2 bis 5 µg/kgKG/Std. DTI

Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.

10. Prognose

Die Prognose hängt vom Vorkommen und vom Schweregrad der systemischen Komplikationen ab. Bei extrapankreatischem Organversagen (z.B. Niere, Herz oder Lunge) oder systemischen Komplikationen wie z.B. DIC und/oder Multiorganersagen ist die Prognose infaust. Bei milden Verlaufsformen hingegen ist die Prognose günstig.

11. Literatur

  • Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2017. Praktikum der Hundeklinik. 12., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219961-3

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