Niere (Veterinärmedizin)
Synonym: Ren, Nephros
Englisch: kidney
Definition
Die Nieren der Haussäugetiere sind paarig angelegte Ausscheidungsorgane in der vorderen Lendengegend. Sie haben auch regulatorische Funktionen.
Anatomie
Die Niere der Haussäuger weist große tierartliche Unterschiede auf. Sowohl in der Gestalt als auch im detaillierten Aufbau können sie große Variabilität aufweisen. Aus diesem Grund werden die Nieren bei den entsprechenden Tieren im Einzelnen genauer beschrieben.
Morphologie
Die Grundform der Niere kann mit der einer Bohne verglichen werden. Die nach ventral gerichtete Fläche (Facies ventralis) ist konvex, die nach dorsal zeigende (Facies dorsalis) fast plan ausgebildet. Der nach kranial weisende (Extremitas cranialis) und der nach kaudal gerichtete Pol (Extremitas caudalis) ist meistens ungleich stark ausgeprägt.
Die Nierenränder werden anhand ihrer Beziehung zur Körperachse bezeichnet. Demzufolge zeigt der nach lateral gerichtete Rand (Margo lateralis) eine konvexe, der nach medial weisende Rand (Margo medialis) eine eingezogene Form. Am Margo medialis ist stets eine Einbuchtung zu erkennen, die als Hilus renalis die Eintritts- und Austrittspforte für Nerven, Blut- und Lymphgefäße sowie den Harnleiter dient. Der Hilus renalis erweitert sich in das Organinnere zum Sinus renalis, der das Nierenbecken bzw. die Verzweigungen des Harnleiters (Rind) aufnimmt.
Abweichungen der bohnenförmigen Grundform zeigen die Pferdeniere (herzförmig) sowie die unregelmäßig oval geformte Rinderniere (interlobuläre Furchungen an der Oberfläche).
Aufbau
Die Organisation der Niere ist meist schon makroskopisch sichtbar. Das Nierenparenchym wird außen von einer festen, bindegewebigen Nierenkapsel (Capsula fibrosa renis) umschlossen. Als derbe Hülle gibt sie der Niere den notwendigen Halt. Im Bereich des Hilus renalis geht die Kapsel in die Adventitia des Nierenbeckens über. Unter der Nierenkapsel befindet sich ein lockeres Stratum subfibrosum, das einige glatte Muskelzellen enthält.
Das Nierenparenchym ist von außen nach innen in verschiedene Schichten und Zonen aufgeteilt, die radiär in Lappen und Läppchen unterteilt werden. Am Flächenschnitt durch das Organ ist zu erkennen, dass außen in ungleichmäßiger Dicke die Nierenrinde (Cortex renis) liegt. Diese ist dunkelbraun-rot gefärbt, feinkörnig und in frischem Zustand mit nadelstichgroßen, roten Pünktchen ausgestattet. Die Rinde der gefurchten Niere des Rindes ist in Form einzelner Kalotten angeordnet. Auch an der glatten Niere findet man anhand der Nierenlappen eine mehrteilige Kuppelform der Nierenrinde.
Das Nierenmark (Medulla renis) weist in Richtung des Nierenbeckens und wird zwischen je zwei Interlobargefäßen in Markpyramiden (Pyramides renales) gegliedert. Die Pyramidenbasis (Basis pyramidis) liegt der Rindenkalotte an, wohingegen ihre Spitze (Papilla renalis) in den Nierenkelch oder als ganze Leiste (Crista renalis) ins Nierenbecken vorspringt. Aufgrund dieser lappenweisen Anordnung des Nierenparenchyms in Rindenkalotten und Markpyramiden entstehen je nach Verschmelzungsgrad die unterschiedlichen Nierentypen:
- Gelappte Niere (marine Säugetiere)
- Gefurchte mehrwarzige Niere (Rind)
- Glatte mehrwarzige Niere (Schwein, Mensch)
- Glatte einwarzige Niere (Fleischfresser, kleine Wiederkäuer, Pferd)
Topographie
Die Lage der Niere ist keineswegs statisch. Sie bewegt sich rhythmisch mit den Atembewegungen und verlagert sich bei unterschiedlichen Füllungszuständen benachbarter Organe oder Stellungsänderungen des Körpers in begrenztem Ausmaß.
Die rechte Niere liegt grundsätzlich rechts der Medianebene. Ihr Hilus renalis ist der kaudalen Hohlvene zugekehrt. Die linke Niere liegt links der Medianebene, wobei ihr Hilus der Bauchaorta benachbart ist. Aus beiden großen Blutgefäßen entspringen die Arteriae und Venae renales, die auf kurzem Weg beide Nieren erreichen.
Beim Schwein liegen beide Nieren nahezu auf gleicher Höhe. Bei der Katze ist dies in weniger als der Hälfte der Fälle so, meistens ist aber die rechte Niere kranial der linken gelagert. Dabei erreicht sie jedoch nie den Rand der Leber. Am deutlichsten ist der Unterschied der Nierenposition beim Hund und Pferd zu erkennen. Bei beiden Tierarten berührt die rechte Niere den Processus caudatus der Leber so, dass hier eine Impressio renalis erkennbar ist. Somit reicht die rechte Niere deutlich in den intrathorakalen Raum der Bauchhöhle hinein, wohingegen die linke Niere nahezu extrathorakal zum liegen kommt. Beim Wiederkäuer ergibt sich die Besonderheit, dass die linke Niere aufgrund der massiven Ausdehung des Pansens - insbesondere seine dorsalen Sackes - über die Medianebene nach rechts gedrängt wird und teilweise hinter und unter der rechten Niere zum liegen kommt.
Mit Ausnahme der linken Niere der Wiederkäuer, legen sich die Nieren stets mit ihrer dorsalen Fläche (Facies dorsalis) den Zwerchfellpfeilern und der inneren Lendenmuskulatur bzw. der inneren Rumpffaszie an. An diesen Stellen verwachsen sie bindegewebig mit ihrer Unterlage. Aufgrund dieses engen Kontaktes zum Untergrund sind die Nieren in den meisten Fällen nur auf ihrer ventralen Fläche (Facies ventralis) von Bauchfell überzogen. Die Nieren liegen somit stets retroperitoneal.
Funktion
Die Niere filtert in erster Linie harnpflichtige Substanzen aus dem Blut und scheidet sie mit dem Harn aus. Um diesem Filterprozess gerecht zu werden, entnimmt sie große Flüssigkeitsmengen aus dem Blutplasma, sodass über mehrere Schritte aus dem Primärharn der Endharn entsteht.
Uropoetische Leistungen der Nieren | |||
---|---|---|---|
Tierart | Blutdurchfluss/Tag | Primärharn/Tag | Harnabsatz/Tag |
Schäferhund | 1000 l | 100 l | 1-2 l |
Schwein | 1000 l | 140 l | 2-6 l |
Rind | 4500 l | 450 l | 6-12 l |
Pferd | 6500 l | 550 l | 3-10 l |
Neben der Filterfunktion verfügt die Niere auch über endokrine Mechanismen, über die sie den Blutdruck (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System) sowie die Blutbildung (Erythropoetin) beeinflusst.
Histologie
Der histologische Feinbau der Nieren kann mit dem der menschlichen Niere verglichen werden.
Literatur
- Nickel, Richard, August Schummer, Eugen Seiferle. Band II: Eingeweide. Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. Parey, 2004.
- Salomon, Franz-Viktor, Hans Geyer, Uwe Gille, eds. Anatomie für die Tiermedizin. Enke, 2008.
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