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Schock (Hund)

Synonyme: Kreislaufschock, Schocksyndrom
Englisch: shock

1. Definition

Unter Schock versteht man beim Hund eine akute hämodynamische Störung, die zu einer massiv herabgesetzten Kapillardruchblutung führt, sodass sich eine Gewebehypoxie mit funktionellen und/oder morphologischen Veränderungen entwickelt.

2. Klassifikation

Für klinische sowie therapeutische Zwecke wird das Syndrom nach funktionellen hämodynamischen (pathophysiologischen) Kriterien in verschiedene Formen unterteilt. Allen Formen ist eine relative und/oder absolute zelluläre Hypoxie gemein. Diese kann zur Einschränkung von Organfunktionen und letztendlich auch zum Tod des Tiers führen.

Man unterscheidet vier Schockformen:

3. Ätiologie

Beim Hund können unterschiedliche Auslöser zum Kreislaufschock führen.

Schock-Form  Auslöser (Beispiele)
Hypovolämischer Schock:
Blutung:
  • innere Blutungen
  • äußere Blutungen
Plasmaverlust:
Flüssigkeits- und/oder Elektrolytverluste:
Distributiver Schock:
Kardiogener Schock:
Obstruktiver Schock:

4. Pathogenese

Da die Auslöser eines Schocks meist schwerwiegende Insulte darstellen, reagiert der Organismus initial mit einem gesteigerten Metabolismus (Hypermetabolismus), der bis zu 10 Tage andauern kann. Aufgrund des gesteigerten Metabolismus kommt es zu einem deutlich erhöhten Sauerstoff- und Energieverbrach des Tiers und zu einer Akzentuierung des Sauerstoffdefizits (Sauerstoffschuld) auf zellulärer Ebene. Hieraus folgt eine Kaskade an weitreichenden Veränderungen.

Durch die Hypoxie kommt es zur Akkumulation von Stoffwechselprodukten in Organen sowie Geweben (u.a. Laktat). Der Säure-Basen-Haushalt verschiebt sich und es entwickelt sich eine metabolische Azidose. Da die Hypoxie primär jene Organe betrifft, die einer hohen Metabolisation unterliegen (z.B. Gehirn oder Nieren), sind initial nur diese Bereiche betroffen. Bei Fortbestehen der Erkrankung greifen die Schäden jedoch auch auf andere Organe über.

Der Körper reagiert auf die Veränderungen mit unterschiedlichen Kompensationsmechanismen (z.B. erhöhte Atemfrequenz bei pH-Verschiebungen oder erhöhte Herzfrequenz bei Hypotonie), die vorübergehend zu einer Stabilisierung führen. Werden die Auslöser nicht behandelt, wird ein Schwellenwert erreicht, sodass auf die kompensatorische Phase die Phase der Dekompensation folgt. Ab diesem Zeitpunkt ist der Organismus nicht mehr in der Lage, massive Abweichungen (z.B. im Säure-Basen-Haushalt) auszugleichen, sodass es zu weitreichenden Schädigungen der Organe und letztendlich auch zum Multiorganversagen und Tod kommt.

5. Klinik

Die meisten Hunde zeigen ein reduziertes Bewusstsein (Apathie, Somnolenz), Schwäche, blasse bis gräuliche Schleimhäute mit einer verlängerten kapillaren Rückfüllzeit, Tachypnoe, Tachykardie und einen schwachen Puls. Initial können in der kompensatorischen bzw. hypermetabolen Phase auch Tachykardie, pochender Puls, gerötete Schleimhäute und eine kurze kapilläre Rückfüllzeit (KFZ) nachweisbar sein. Dies gleicht wiederum dem Bild der hyperdynamischen Phase eines distributiven Schocks. Aufgrund der Vasodilatation dominieren hier gerötete Schleimhäute, eventuell Fieber sowie warme Extremitäten. Im fortgeschrittenen Schockstadium kommt es aufgrund einer Dekompensation zu kalten Extremitäten und Hypothermie.

Die meisten dieser Befunde lassen sich auf einen erhöhten Sympathikotonus mit einer peripheren Vasokonstriktion zurückführen. Der Organismus versucht dadurch, den Blutdruck und die Perfusion der lebenswichtigen Organe wie Herz, Lungen und Gehirn aufrecht zu erhalten.

Bei einer verminderten Kontraktilität des Herzens sowie bei Hypovolämie und Perikard- oder Pleuraerguss können zusätzlich leise Herztöne wahrgenommen werden. Eine erhöhte Atemfrequenz (Tachypnoe) hingegen weist auf eine Hypoxämie, Hypovolämie oder gar eine schwere metabolische Azidose hin. Durch die Hypotonie kommt es letztendlich auch zu einer verminderten Nierendurchblutung, was in einem niedrigen Harnvolumen resultiert.

Parameter kompensiert dekompensiert terminal Info
Herzfrequenz: Tachykardie Tachykardie-Bradykardie Bradykardie DD: Stress, Schmerz
Schleimhautfarbe: gerötet blass grau-violett distributiver Schock, nicht blass
 KFZ: < 1 s > 2 s  variabel -
Bewusstsein: normal Apathie Stupor-Koma -
Körpertemperatur: normal Hypothermie Hypothermie distributiver Schock/Sepsis evtl. ↑
Periphere Temperatur: normal kalte Akren kalte Akren -
Harnproduktion: normal keine DD: Uroabdomen, ARF
Bemerkungen: bei kardiogenem Schock bei distributivem Schock nicht mehr stabilisierbar  -

6. Differenzialdiagnosen

Als Differenzialdiagnosen kommen eine Vielzahl an Erkrankungen in Frage, u.a.:

7. Diagnose

Die Diagnostik ist aufgrund der Komplexität und der Vielzahl der zugrundeliegenden Ursachen umfangreich, weshalb die verschiedenen Untersuchungsverfahren teilweise parallel durchzuführen sind.

Neben einem kompletten Blutbild inkl. Differenzialblutbild und Statuserhebung des Elektrolyt- sowie Säure-Basen-Haushalts, muss das spezifische Harngewicht (Refraktometer) untersucht werden. Zu den wichtigsten Laborparametern zur Überwachung der Infusionstherapie gehören Hämatokrit, Gesamtprotein, Albumin und Elektrolyte. Neben einer aggressiven Flüssigkeitstherapie ist auch eine Überwachung der Harnproduktion unbedingt notwendig (z.B. mit Harnblasenkatheter). Zusätzlich müssen die Blutglukose und die Harnstoff- sowie Kreatininkonzentration engmaschig überwacht werden.

Der Säure-Basen-Haushalt kann mittels Blutgasanalyse und Laktatbestimmung überwacht werden. Bei Verdacht auf eine Gerinnungsstörung ist eine Thrombozytenzählung inkl. Gerinnungsstatus anzufertigen. Initial kann auch eine semiquantitative Beurteilung mittels HE-gefärbten Blutausstrich erfolgen.

Die weitere Diagnostik richtet sich nach der Art des Schocks und ist bei den entsprechenden Schockarten zu entnehmen.

8. Therapie

Das oberste Ziel jeder Schocktherapie ist die Wiederherstellung der Sauerstoffversorgung der Zellen. Die entscheidenden Faktoren hierbei sind:

  • Erhöhung des Blutvolumens und damit Verbesserung der Gefäßfüllung, sodass der Sauerstoff zu den Zellen gelangt und
  • Wiederherstellung der Sauerstofftransportfähigkeit des Kreislaufs.

Zu Beginn der Therapie muss bei einer absoluten oder relativen Hypovolämie der Volumenverlust wiederhergestellt werden. Als einzige Ausnahme gilt der kardiogene Schock, bei dem die Infusionstherapie unbedingt an die Klinik anzupassen ist.

Als primäres Ziel der Schocktherapie gilt die Expansion des Blutvolumens. Für die Infusionstherapie stehen, abhängig von der Ursache und den Begleitsymptomen (z.B. Hypalbuminämie, Dehydratation oder Natriumveränderungen), unterschiedliche Infusionslösungen zur Auswahl:

Die weiteren therapeutischen Maßnahmen hängen von der Art des Schocks und den begleitenden Symptomen ab.

9. Literatur

  • Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2017. Praktikum der Hundeklinik. 12., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219961-3

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