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Systemische Sklerose

(Weitergeleitet von Systemische Sklerodermie)

Synonyme: systemische Sklerodermie, progressive systemische Sklerose (obsolet), progressive systemische Sklerodermie (obsolet)
Englisch: progressive systemic sclerosis

1. Definition

Die systemische Sklerose, kurz SSc, ist eine Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen. Es handelt sich um eine Systemerkrankung des Bindegewebes, die neben der Haut auch die Gefäße und inneren Organe betrifft. Sie bezeichnet die schwerste Verlaufsform der Sklerodermie.

2. Epidemiologie

Die jährliche Inzidenz der systemischen Sklerose beträgt etwa 1 bis 25 von 100.000. Es sind vor allem Frauen im 30. bis 50. Lebensjahr betroffen. Der Anteil von Frauen und Männern mit systemischer Sklerose beträgt 5 zu 1. Die limitierte Verlaufsform kommt in etwa dreimal häufiger vor, als die diffuse Form.

Weiße Männer erkranken mit einem Altersgipfel bei 75 bis 84 Jahren, weiße Frauen bei 65 bis 74 Jahren. Schwarze Frauen erkranken mit einem Altersgipfel bei 65 bis 74 Jahren und Schwarze Männer bei 45 bis 54 Jahren.[1]

3. Verlaufsformen

4. Ätiologie

Die genaue Ätiologie der systemischen Sklerose ist bisher (2024) nicht geklärt. Als mögliche Ursachen zählen:

5. Pathogenese

Als eine mögliche Ursache der Erkrankung werden stimulierende Autoantikörper gegen den Rezeptor des Wachstumsfaktors Platelet Derived Growth Factor (PDGF) diskutiert.

Pathophysiologisch liegt eine erhöhte Kollagensynthese zugrunde, deren Ursache aktuellen Hypothesen (2024) zu Folge in einer zellulären Dysfunktion der Fibroblasten oder der T-Lymphozyten mit Folge einer Fibroblastenaktivitätsteigerung liegt. Es besteht zudem eine Vaskulopathie mit Proliferation der Intima und Mikrozirkulationsstörungen.

6. Klinik

Das klinische Bild zeigt sklerotische Veränderungen von Haut und Organen. Die progressiv fortschreitende Erkrankung hat ein typisches Befallsmuster, das von distal bis zum Körperstamm hin fortschreitet (zentripetales Fortschreiten).

Im Frühstadium der Erkrankung sind vor allem Hautveränderungen (100 %) wegweisend, die meist 3 Stadien durchlaufen. Zunächst bestehen Ödeme (puffy fingers) mit morgendlichen Schmerzen, gefolgt von Induration und anschließender Atrophie. Der Krankheitsbeginn ist meist an den Händen, die Haut wirkt straff und gespannt (Sklerodaktylie). Durch Schrumpfung der Haut kommt es zu schmerzhaften Kontrakturen, Ulzerationen und Nekrosen. Charakteristisch sind Fingerkuppennekrosen, früher auch als "Rattenbissnekrosen" bezeichnet. Darüber hinaus findet sich ein sekundäres Raynaud-Syndrom (95 %) mit dem typischen Trikolore-Phänomen (Blässe, Zyanose, reaktive Hyperperfusion)

Im weiteren Verlauf nimmt die Sklerose zum Körperstamm hin zu. Aufgrund der Hautatrophien resultieren zunehmende Einschränkungen der Gelenkfunktion mit Arthralgien und schmerzhaften Bewegungsstörungen, sowie der Gesichtsmimik (Maskengesicht, Lidschlussstörungen). Weiterhin kommt es zum Kleinerwerden der Mundöffnung (Mikrostomie), sowie zur radiären Faltenbildung um den Mund (Tabaksbeutelmund).

Weitere Symptome sind:

Das Spätstadium der Erkrankung ist durch Organmanifestationen individuell unterschiedlichen Ausmaßes charakterisiert. Betroffene Organe und daraus resultierende Störungen können sein:

7. Komplikationen

Die Komplikationen sind vielfältig. Im Rahmen der jeweiligen Organerkrankungen kommt es in der Regel zu einer progressiven Verschlechterung der Symptomatik. Durch die Hautveränderungen unter Einbeziehung des Muskel- und Skelettbefalls besteht die Gefahr dermatogener und tendomyogener Kontrakturen mit zunehmender Bewegungseinschränkung des Patienten.

Arterielle Durchblutungsstörungen können Ulzerationen und Nekrosebildung verursachen, die typischerweise an den Fingerkuppen auftreten.

8. Diagnostik

Die Erfassung einer möglichen Organbeteiligung umfasst:

9. Klassifikation

Die ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für die Systemische Sklerose (Stand 2012) sind in der folgenden Tabelle aufgeführt. Die Diagnose kann bei einer Punktzahl von ≥ 9 Punkten gestellt werden (Sensitivität und Spezifität ca. 90 %).

Kriterien Subkriterien Punkte
Hautverdickung der Finger Beide Hände, bis proximal der MCP-Gelenke 9
Hautverdickung der Finger Geschwollene Finger
Ganzer Finger, distal bis MCP
2
4
Läsionen der Fingerkuppe Digitale Ulzera
Narbengrübchen
2
3
Teleangiektasie 2
Abnorme Nagelfalzkapillaren 2
Lungenbeteiligung Pulmonale Hypertonie und/oder Interstitielle Lungenerkrankung 2
Raynaud-Syndrom 3
Sklerodermie-assoziierte Antikörper Anti-Centromer-Antikörper, Anti-Topoisomerase I (Anti-Scl-70) oder Anti-RNA-Polymerase III 3

10. Therapie

Die Therapie der systemischen Sklerodermie erfolgt symptombezogen und umfasst unter anderem:

11. Prognose

Je nach Ausprägung der Endorganschäden ist die Prognose sehr unterschiedlich. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei ca. 85 %, nach 10 Jahren leben noch rund 70 % der Patienten.[2] Haupttodesursachen stellen hierbei die pulmonale Hypertonie sowie die Lungenfibrose dar.

12. Quellen

  1. Barnes, J.K., Mayes, M.D.: Classification and epidemiology of systemic sclerosis (scleroderma) In: Rheumatology. Hrsg. Hochberg, M.D., Gravallese et al., 7th. Edition. Elsevier 2019: Printed in China. 1231-1234.
  2. Sticherling. Systemic sclerosis-dermatological aspects. Part 1: Pathogenesis, epidemiology, clinical findings Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft: JDDG 10 (10): 705–18. 2012

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