Synonyme: Progressive systemische Sklerosdermie, systemische Sklerodermie, systemische Sklerose, PSS
Englisch: progressive systemic sclerosis
Die progressive systemische Sklerose, kurz PSS, ist eine Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen. Es handelt sich um eine Systemerkrankung des Bindegewebes, die neben der Haut auch die Gefäße und inneren Organe betrifft. Sie bezeichnet die schwerste Verlaufsform der Sklerodermie.
ICD10-Code: M34.0
Die Inzidenz der progressiven systemischen Sklerose beträgt etwa 1-25/100.000 Einwohner/Jahr. Es sind vor allem Frauen im 30. bis 50. Lebensjahr betroffen. Der Anteil von Frauen und Männern, mit PSS beträgt 5:1. Die limitierte Verlaufsform kommt in etwa dreimal häufiger vor, als die diffuse Form.
Weiße Männer erkranken mit einem Altersgipfel bei 75-84 Jahren, weiße Frauen bei 65-74 Jahren. Farbige Frauen erkranken mit einem Altersgipfel bei 65-74 Jahren und farbige Männer bei 45-54 Jahren.[1]
Die genaue Ätiologie der progressiven systemischen Sklerose ist bisher nicht geklärt. Als mögliche Ursachen zählen:
Als eine mögliche Ursache der Erkrankung werden stimulierende Autoantikörper gegen den Rezeptor des Wachstumsfaktors Platelet Derived Growth Factor (PDGF) diskutiert.
Pathophysiologisch liegt eine erhöhte Kollagensynthese zu Grunde, deren Ursache aktuellen Hypothesen (2020) zu Folge in einer zellulären Dysfunktion der Fibroblasten oder der T-Lymphozyten mit Folge einer Fibroblastenaktivitätsteigerung liegt.
Das klinische Bild zeigt sklerotische Veränderungen von Haut und Organen. Die progressiv fortschreitende Erkrankung hat ein typisches Befallsmuster, das von distal bis zum Körperstamm hin fortschreitet (zentripetales Fortschreiten).
Im Frühstadium der Erkrankung sind vor allem Hautveränderungen (100%) wegweisend, die meist 3 Stadien durchlaufen. Zunächst bestehen Ödeme (puffy fingers) mit morgendlichen Schmerzen, gefolgt von Induration und anschließender Atrophie. Der Krankheitsbeginn ist meist an den Händen, die Haut wirkt straff und gespannt (Sklerodaktylie). Durch Schrumpfung der Haut kommt es zu schmerzhaften Kontrakturen, Ulzerationen und Nekrosen (sogenannten Rattenbissnekrosen). Darüber hinaus findet sich ein sekundäres Raynaud-Syndrom (95%) mit dem typischen Trikolore-Phänomen (Blässe, Zyanose, reaktive Hyperperfusion)
Im weiteren Verlauf nimmt die Sklerose zum Körperstamm hin zu. Aufgrund der Hautatrophien resultieren zunehmende Einschränkungen der Gelenkfunktion mit Arthralgien und schmerzhaften Bewegungsstörungen, sowie der Gesichtsmimik (Maskengesicht, Lidschlussstörungen). Weiterhin kommt es zum Kleinerwerden der Mundöffnung (Mikrostomie), sowie zur radiären Faltenbildung um den Mund (Tabaksbeutelmund).
Weitere Symptome sind:
Das Spätstadium der Erkrankung ist durch Organmanifestationen individuell unterschiedlichen Ausmaßes charakterisiert. Betroffene Organe und daraus resultierende Störungen können sein:
Die Komplikationen sind vielfältig. Im Rahmen der jeweiligen Organerkrankungen kommt es in der Regel zu einer progressiven Verschlechterung der Symptomatik. Durch die Hautveränderungen unter Einbeziehung des Muskel- und Skelettbefalls besteht die Gefahr dermatogener und tendomyogener Kontrakturen mit zunehmender Bewegungseinschränkung des Patienten.
Arterielle Durchblutungsstörungen können Ulzerationen und Nekrosebildung verursachen, die typischerweise an den Fingerkuppen auftreten.
Die Erfassung einer möglichen Organbeteiligung umfasst:
Die ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für die Systemische Sklerose (Stand 2012) sind in der folgenden Tabelle aufgeführt. Die Diagnose kann bei einer Punktzahl von ≥ 9 Punkten gestellt werden (Sensitivität und Spezifität ca. 90%).
Kriterien | Subkriterien | Punkte |
---|---|---|
Hautverdickung der Finger | Beide Hände, bis proximal der MCP-Gelenke | 9 |
Hautverdickung der Finger | Geschwollene Finger Ganzer Finger, distal bis MCP |
2 4 |
Läsionen der Fingerkuppe | Digitale Ulzera Narbengrübchen |
2 3 |
Teleangiektasie | 2 | |
Abnorme Nagelfalzkapillaren | 2 | |
Lungenbeteiligung | Pulmonale Hypertonie und/oder Interstitielle Lungenerkrankung | 2 |
Raynaud-Syndrom | 3 | |
Sklerodermie-assoziierte Antikörper | Anti-Centromer-Antikörper, Anti-Topoisomerase I (Anti-Scl-70) oder Anti-RNA-Polymerase III | 3 |
Die Therapie der progressiven systemischen Sklerodermie erfolgt symptombezogen und umfasst unter anderem:
Je nach Ausprägung der Endorganschäden ist die Prognose sehr unterschiedlich. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei ca. 85%, nach 10 Jahren leben noch rund 70% der Patienten.[2] Haupttodesursachen stellen hierbei die pulmonale Hypertonie sowie die Lungenfibrose dar.
Fachgebiete: Chirurgie, Dermatologie, Innere Medizin
Diese Seite wurde zuletzt am 1. Dezember 2020 um 18:59 Uhr bearbeitet.
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