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Kryptogene organisierende Pneumonie

Synonyme: proliferative Bronchiolitis, proliferative Bronchiolitis obliterans, Bronchiolitis obliterans mit organisierender Pneumonie, BOOP (obsolet)
Englisch: cryptogenic organizing pneumonia, bronchiolitis obliterans with organizing pneumonia

1. Definition

Die kryptogene organisierende Pneumonie, kurz COP, ist eine Form der idiopathischen interstitiellen Lungenerkrankung (IIP). Sie ist histopathologisch durch eine überschießende Bildung von Granulationsgewebe gekennzeichnet.

2. Nomenklatur

Die veraltete Bezeichnung Bronchiolitis obliterans mit organisierender Pneumonie (BOOP) ist irreführend, da es sich bei der COP nicht um eine Bronchiolitis handelt. Vielmehr sind die Alveolarräume und im geringeren Ausmaß die Bronchiolen von einer Proliferation des Bindegewebes betroffen.

3. Epidemiologie

Die COP tritt nur sporadisch auf und gilt daher als seltene Krankheit ("orphan disease"). Die Prävalenz wird mit 1 bis 10 pro 100.000 angegeben. Die COP macht 1,8 bis 13 % aller interstitiellen Lungenerkrankungen aus. Sie manifestiert sich in der Regel im Alter zwischen 50 und 60 Jahren und tritt gleichermaßen bei Männern und Frauen auf.

4. Ätiopathogenese

Die Ursache der COP ist per definitionem unklar. Prädisponierende Faktoren sind derzeit (2023) nicht bekannt. Es besteht keine Assoziation mit einem Nikotinabusus.

Die Pathogenese der COP wird in vier Phasen eingeteilt:

  • Verletzungsphase: Permeabilitätsödem, Fibrinablagerung
  • Proliferationsphase: Bildung von fibrotisch-inflammatorischen Masson-Körpern
  • Reife Phase: "reife" fibrotische Knospen im Alveolarraum
  • Lösungsphase: Rückbildung der Läsionen

5. Symptome

Die Symptomatik entwickelt sich subakut (< 2 Monate) und kann einer ambulant erworbenen Pneumonie ähneln. Im Vordergrund stehen Fieber, Husten, Myalgien, Krankheitsgefühl und Abgeschlagenheit. Später kann eine zunehmende Dyspnoe bei Belastung auftreten, die in Einzelfällen auch massiv sein kann. Gegebenenfalls kommt es zu Gewichtsverlust, Hämoptysen, thorakalen Schmerzen oder Nachtschweiß. Einige Patienten berichten von einem der Symptomatik vorangegangenen Atemwegsinfekt.

6. Diagnostik

Die Diagnose einer kryptogenen organisierenden Pneumonie wird in Zusammenschau der Symptomatik, der radiologischen und ggf. histopathologischen Befunde sowie nach Ausschluss von Differenzialdiagnosen gestellt. Leitbefund bei der Auskultation ist ein Knisterrasseln. Laborchemisch fallen ein erhöhtes CRP sowie eine erhöhte Erythrozytensedimentationsrate (ESR) auf. In der Lungenfunktion zeigt sich oft eine restriktive Ventilationsstörung, bei einigen Patienten auch eine obstruktive Komponente.

6.1. Bildgebung

Radiologisch zeigt sich in 68 bis 81 % der Fälle das sogenannte klassische Muster mit bilateralen peribronchovaskulären und/oder subpleuralen Konsolidierungen, wobei die mittleren bis unteren Lungenfelder bevorzugt betroffen sind. In einigen Arealen können die Konsolidierungen spontan regredient sein.

Weitere radiologische Muster sind:

6.1.1. Röntgen-Thorax

Im Röntgen-Thorax finden sich typischerweise multifokale fleckförmige, z.T. migratorische Konsolidierungen, die meist peripher, subpleural oder peribronchovaskulär verteilt sind. Weiterhin können noduläre Verschattungen, Parenchymbänder oder basale retikuläre Verschattungen vorhanden sein.

6.1.2. CT-Thorax

Die hochauflösende Computertomographie (HR-CT) stellt die radiologische Methode der Wahl dar. Typisch sind fleckige Konsolidierungen, meist mit positivem Bronchopneumogramm. Dabei werden die anatomischen Grenzen nicht respektiert, sodass sich der Prozess kontinuierlich über mehrere Lungensegmente ausdehnen kann. Sie sind meist subpleural und/oder peribronchovaskulär, teilweise perilobulär lokalisiert. Am häufigsten betroffen sind der Mittellappen, die Lingula und die Unterlappen. Die Konsolidierungen können verschwinden, während gleichzeitig an anderer Lokalisation neue auftreten. In 90 % der Fälle kommen zusätzlich Milchglastrübungen vor, meist bilateral und fleckig verteilt.

Singuläre Lungenrundherde oder Raumforderungen sind meist peripher lokalisiert und können ein Aerobronchogramm oder kleine, blasenartige Dichteanhebungen aufweisen. Bei einer Größe > 3 cm ist die Raumforderung meist polygonal geformt und irregulär begrenzt. Unter < 3 cm große Noduli sind in der Regel oval oder rund mit glatten Rändern.

Bei der COP können auch multiple Lungenrundherde vorhanden sein:

  • < 4 mm (mikronoduläres Muster) mit peribronchialer oder zentrilobulärer Verteilung
  • 4 bis 10 mm (azinäres Muster) in peribronchovaskulärer oder peripherer Verteilung
  • > 10 mm: irreguläre Ränder (88 %), Aerobronchogramm (45 %), mit bandförmigem Kontakt zur Pleura ("pleural tag") (23 %), perifokale verdickte Interlobulärsepten

Weitere mögliche Manifestationen der COP sind:

  • umgekehrtes Halo-Zeichen (auch Atoll-Zeichen genannt): hochspezifisch, aber nur bei 19 % der Patienten vorhanden. Dabei entspricht die zentrale Milchglastrübung der entzündeten Alveolarwand, während die sichel- bis ringfömige umgebende Konsolidierung der organisierenden Pneumonie in den distalen Atemwegen entspricht.
  • retikuläre Verdichtungen: einige COP-Patienten entwickeln eine interstitielle Fibrose. Dabei finden sich auch Traktionsbronchiektasen und Honeycombing.
  • Parenchymbänder: lineare oder bandfömige, glatte oder irreguläre Verdichtungen > 2 cm Länge und > 8 mm Breite mit Aerobronchogramm. Oft mit multifokalen Konsolidierungen.
  • Crazy Paving
  • Bronchiale Dilatation: innerhalb der Konsolidierungen oder Milchglastrübungen
  • mediastinale Lymphadenopathie
  • Pleuraergüsse

6.2. Nuklearmedizin

In der PET/CT zeigt die organisierende Pneumonie typischerweise einen vermehrten FDG-Uptake.

6.3. Histopathologie

Goldstandard für die Diagnose einer COP ist die videoassistierte thorakoskopische Lungenbiopsie (VATS), um ausreichend Material für eine zuverlässige Diagnose erhalten zu können.

Die COP zeichnet sich durch eine organisierende Pneumonie aus. In den Alveolen und z.T. in den Bronchiolen findet sich eine lückenhafte Füllung durch "Knospen" von Granulationsgewebe aus Fibroblasten und mononukleären Zellen (Masson-Körper). Die interstitielle Entzündung mit Lymphozyten und Plasmazellen ist mild bis moderat ausgeprägt. Entlang der Alveolarsepten finden sich hyperplastische Pneumozyten Typ II. Weiterhin zeigen sich Foci einer endogenen Lipidpneumonie.

7. Differenzialdiagnosen

7.1. Sekundäre organisierende Pneumonie

Eine organisierende Pneumonie kann bei einer Vielzahl an Erkrankungen vorkommen:

7.2. Chronische eosinophile Pneumonie

Die wichtigste Differenzialdiagnose ist die chronische eosinophile Pneumonie. Hierbei zeigen sich subpleurale Milchglastrübungen und/oder Konsolidierungen, wobei die Oberlappen bevorzugt betroffen sind. Bandförmige Verdichtungen parallel zur Thoraxwand können ebenfalls auffallen. In 75 % der Fälle sind Asthmatiker betroffen. Im Serum zeigt sich eine periphere Eosinophilie (meist > 1.500/µl), in der bronchoalveolären Lavage eine alveoläre Eosinophilie > 25 - 40 %.

7.3. Bakterielle Pneumonie

Die Abgrenzung einer COP von einer bakteriellen Pneumonie ist klinisch meist nicht möglich, sodass häufig eine CT durchgeführt wird:

  • Eine COP respektiert i.d.R. keine anatomischen Grenzen und breitet sich über mehrere Lungensegmente in der Lungenperipherie aus. Zentral zeigt sie in Richtung des Hilus einen abrupten Übergang zum gesunden Lungengewebe.
  • Demgegenüber breitet sich ein Pneumonie meist über das gesamte Lungensegment bis in Hilusnähe aus. Migratorische Konsolidierungen kommen nicht vor.

7.4. Weitere Differenzialdiagnosen

Eine Lungenembolie mit Infarktpneumonie stellt sich im Gegensatz zur COP glatt begrenzt und keilförmig dar und respektiert die Segmentgrenzen. Hilfreich ist eine CT-Angiographie zum Thrombusnachweis. Ein ähnliches Bild zeigt die invasive pulmonale Aspergillose, die meist nur bei Patienten mit Immundefekt angetroffen wird.

Weitere Differenzialdiagnosen sind:

8. Therapie und Prognose

Standardtherapie der COP sind Glukokortikoide (z.B. Prednison 0,75 mg/kgKG/d für 4 Wochen, danach langsam ausschleichen). Initial kann hochdosiertes intravenöses Methylprednisolon verabreicht werden. Die Steroide führen häufig zu einer wesentlichen Verbesserung, wobei die Rezidivrate mit 13 bis 58 % hoch ist. Auslassversuche sowie Reduktion der Erhaltungsdosis sollten daher vorsichtig und langsam erfolgen.

Falls es zu keinem Ansprechen gegenüber Steroiden kommt oder Nebenwirkungen zu gravierend sind, können gegebenenfalls andere Immunsuppressiva (z.B. Azathioprin oder Cyclophosphamid) zum Einsatz kommen.

Finden sich in der initialen Bildgebung bereits retikuläre Verdichtungen, ist von einem schlechteren Ansprechen auf Glukokortikoide und einem erhöhten Risiko des Fortschreitens in eine Lungenfibrose auszugehen.


Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.

9. Literatur

Fachgebiete: Pneumologie

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