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Lymphomatoide Granulomatose

Synonym: Morbus Liebow (obsolet)
Englisch: lymphomatoid granulomatosis, LYG

1. Definition

Bei der lymphomatoiden Granulomatose, kurz LG oder LYG, handelt es sich um eine seltene systemische B-Zell-lymphoproliferative Erkrankung, bei der es zu einer angiozentrischen und angiodestruktiven Infiltration durch verschiedene Immunzellen kommt.

2. Epidemiologie

Es handelt sich um eine sehr seltene Erkrankung, die in allen Altersstufen auftreten kann. Besonders häufig entwickelt sie sich im fünften Lebensjahrzehnt, wobei Männer häufiger als Frauen von der lymphomatoiden Granulomatose betroffen sind.

3. Ätiopathogenese

Die Ätiologie der Erkrankung ist noch nicht geklärt (2023). Die lymphomatoide Granulomatose ist assoziiert mit dem Epstein-Barr-Virus. Wahrscheinlich ist das gleichzeitige Vorliegen einer Immundefizienz, welche die Virusabwehr abschwächt, krankheitsauslösend. Ebenso besteht eine Beziehung zum malignen Lymphom.

4. Pathophysiologie

Krankheitsauslösend ist die klonale Expansion der betroffenen B-Zellen. Sie führt zu einer Rekrutierung zytotoxischer T-Zellen und Histiozyten, die wiederum eine lokal gesteigerte Produktion von Interferon-γ nach sich zieht. Interferon-γ induziert die Zytokine CXCL9 (MIG) und CXCL10, die dann eine Angioinvasion und Gewebsnekrose triggern.

In der Lunge führt die lymphomatoide Granulomatose führt zu einer restriktiven Ventilationsstörung und je nach Ausprägung zu einer hypoxämischen respiratorischen Insuffizienz oder zu einer hyperkapnischen respiratorischen Insuffizienz.

5. Klinik

Die betroffenen Patienten klagen über ein reduziertes Allgemeinbefinden und Unwohlsein. Typisch ist ein extranodaler Befall, bei dem häufig die Lungen (z.B. Husten, Hämoptysen, Dyspnoe, Brustschmerzen), die Haut (z.B. erythematöse Papeln, subkutane Knoten (ggf. mit Ulzeration), Follikulitis-ähnliche Läsionen oder Gesichtsödem), das ZNS (z.B. fokale Ausfälle) oder die Nieren betroffen sind. Des Weiteren können Augen, Skelettmuskulatur, Hals, Nase und Ohren betroffen sein.

6. Diagnostik

Anamnese und klinische Untersuchung sind grundlegend. Bei der Lungenfunktionsprüfung zeigt sich eine restriktive Ventilationsstörung mit reduzierter Vitalkapazität. Die BGA ergibt eine respiratorische Partial- oder Globalinsuffizienz.

Zusätzlich wird ein Röntgen-Thorax angefertigt. Auf diesem sieht man entweder eine diffuse retikulonoduläre Zeichnungsvermehrung oder multiple Rundherde, die auch nekrotisch zerfallen sein können.

In der Regel kann die Diagnose anhand einer Haut- oder Lungenbiopsie gestellt werden.

7. Pathohistologie

Die wichtigsten pathohistologischen Merkmale der lymphomatoiden Granulomatose sind:

Die Tumorzellen exprimieren den B-Zell-Marker CD20 und CD30.

Befallen sind vor allem Lunge und Haut, Hautanhangsgebilde und Nerven können ebenso infiltriert sein.

Anhand der mikroskopischen Charakteristika lassen sich 3 Grade der Erkrankung unterscheiden, wobei Grad I als "Low-Grade LYK", Grad II und III als "High-Grade LYK" bezeichnet werden:[1]

Grad Pathohistologie
I
  • polymorphes angiozentrisches Infiltrat ohne auffällige Atypie der Lymphozyten
  • minimale oder nicht nachweisbare Nekrosen
  • keine oder weniger als 5 EBV-positive Zellen im Hauptgesichtsfeld (HPF)
II
  • disseminierte Angioinvasion und/oder -destruktion
  • große oder hyperchromatische lymphoide Zellen
  • 5 bis 50 EBV-positive Zellen im HPF
  • wenig ausgeprägte Nekrosezeichen
III
  • große atypische lymphoide Zellen in polymorphem Umfeld
  • mehr als 50 EBV-positive Zellen im HPF
  • ausgedehnte, zusammenfließende Nekrosen

8. Differenzialdiagnose

Differenzialdiagnostisch sollte man Kleingefäßvaskulitiden (z.B. GPA), eine Sarkoidose und kutane Lymphome in Betracht ziehen. Das Eosinophilie-Myalgie-Syndrom ist ebenfalls eine mögliche Differenzialdiagnose.

9. Therapie

Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung gibt es keine etablierten Therapiestandards. Die Therapie ist primär abhängig vom Grad der Erkrankung. Bei Grad I oder einem gering ausgeprägten Lokalbefund ist aufgrund der möglichen Spontanremission zunächst ein Watchful Waiting mit Verbesserung des Immunstatus (Immunmodulation) möglich.[2] Bei Grad II und III oder multiplem Befall ist eine Chemotherapie (z.B. mit Cyclophosphamid, Etoposid oder Vincristin) meist unumgänglich. Alternativ kommt bei einem isolierten Krankheitsherd eine Radiotherapie oder chirurgische Resektion infrage.

10. Prognose

Bei Patienten mit Grad I kann es in etwa 20% der Fälle zu einer Spontanremission kommen. Bei Grad II und III ist die Prognose in der Regel schlecht. Nur bei jedem zweiten Patienten kann durch die medikamentöse Therapie eine Remission erreicht werden. Die mittlere Überlebenszeit liegt jedoch lediglich bei 1,5 Jahren. In einigen Fällen geht die lymphomatoide Granulomatose in ein aggressives B-Zell-Lymphom (z.B. diffus großzelliges B-Zell-Lymphom) über.

11. Quellen

  1. Song JY, Pittaluga S, Dunleavy K, Grant N, White T, Jiang L, Davies-Hill T, Raffeld M, Wilson WH, Jaffe ES. Lymphomatoid granulomatosis--a single institute experience: pathologic findings and clinical correlations. Am J Surg Pathol. 2015 Feb;39(2):141-56. doi: 10.1097/PAS.0000000000000328. PMID: 25321327; PMCID: PMC4293220.
  2. Roschewski M, Wilson WH. Lymphomatoid granulomatosis. Cancer J. 2012 Sep-Oct;18(5):469-74. doi: 10.1097/PPO.0b013e31826c5e19. PMID: 23006954.
Fachgebiete: Innere Medizin

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