Periphere arterielle Verschlusskrankheit: Unterschied zwischen den Versionen
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'''''Englisch''': peripheral arterial disease, PAD, peripheral arterial occlusive disease'' | '''''Englisch''': <name lang="en">peripheral arterial disease</name>, PAD, peripheral arterial occlusive disease'' | ||
==Definition== | ==Definition== | ||
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==Einteilung== | ==Einteilung== | ||
===...nach Symptomatik=== | ===...nach Symptomatik=== | ||
Die pAVK der Beingefäße wird anhand der Symptomatik nach [[Fontaine]] | Die pAVK der Beingefäße wird anhand der Symptomatik nach [[Fontaine]] eingeteilt in:<ref name=":0">Kunstmann I et al. [https://www.aerzteblatt-thueringen.de/pdf/thu2501.pdf Ambulante Früherkennung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Becken- und Beinarterien – Gefäß-Check der Beine]. Ärzteblatt Thüringen 2025</ref> | ||
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! width=17% | Stadium || width=5% | || Symptomatik | ! width=17% | Stadium || width=5% | || Symptomatik | ||
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| || IIa || beschwerdefreie Gehstrecke > 200 m | | || IIa || beschwerdefreie Gehstrecke > 200 m | ||
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| Stadium III || || [[Schmerz|Ruheschmerz]] | | Stadium III*|| ||ischämischer [[Schmerz|Ruheschmerz]] | ||
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| Stadium IV || || [[Trophische Störung]]en ([[Nekrose]]n, [[Ulkus|Ulzera]], [[Gangrän]]) | |Stadium IV*|| || [[Trophische Störung]]en ([[Nekrose]]n, [[Ulkus|Ulzera]], [[Gangrän]]) | ||
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Daneben gibt es eine klinische Stadieneinteilung nach [[Rutherford-Klassifikation|Rutherford]], die häufiger im angloamerikanischen Bereich und in [[Klinische Studie|klinischen Studien]] angewendet wird:<ref name=":0" /> | |||
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| 0 || asymptomatisch | |||
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| 1 || leichte Claudicatio intermittens | |||
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| 2 || mäßige Claudicatio intermittens | |||
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| 3 || schwere Claudicatio intermittens | |||
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| 4* || ischämischer Ruheschmerz | |||
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| 5* || kleinflächige Nekrose | |||
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| 6* || großflächige Nekrose | |||
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<nowiki>*</nowiki> Stadium der chronischen Extremitäten-bedrohenden Ischämie (CLTI) | |||
===...nach Lokalisation=== | ===...nach Lokalisation=== | ||
In über 90 % d.F. ist die [[untere Extremität]] von der pAVK betroffen. Dabei unterscheidet man je nach Lokalisation folgende Formen: | In über 90 % d.F. ist die [[untere Extremität]] von der pAVK betroffen. Dabei unterscheidet man je nach Lokalisation folgende Formen: | ||
* [[pAVK vom Beckentyp]] ("B-Typ"): Stenosen im Bereich von [[Aorta abdominalis]] und [[Arteria iliaca|Arteriae iliacae]]; häufig bei Rauchern; ca. 35 % | *[[pAVK vom Beckentyp]] ("B-Typ"): Stenosen im Bereich von [[Aorta abdominalis]] und [[Arteria iliaca|Arteriae iliacae]]; häufig bei Rauchern; ca. 35 % | ||
* [[pAVK vom Oberschenkeltyp]] ("O-Typ"): Stenosen im Bereich von [[Arteria femoralis]] und [[Arteria poplitea]]; ca. 50 % | * [[pAVK vom Oberschenkeltyp]] ("O-Typ"): Stenosen im Bereich von [[Arteria femoralis]] und [[Arteria poplitea]]; ca. 50 % | ||
* [[pAVK vom Unterschenkeltyp]] ("U-Typ", pAVK vom peripheren Typ): Stenosen [[distal]] der Arteria poplitea; häufig bei [[Diabetes mellitus]] und [[Thrombangiitis obliterans]]; ca. 15 %. | *[[pAVK vom Unterschenkeltyp]] ("U-Typ", pAVK vom peripheren Typ): Stenosen [[distal]] der Arteria poplitea; häufig bei [[Diabetes mellitus]] und [[Thrombangiitis obliterans]]; ca. 15 %. | ||
** [[pAVK vom akralen Typ]]: seltene Unterform mit isoliertem Verschluss von Zehenarterien | ** [[pAVK vom akralen Typ]]: seltene Unterform mit isoliertem Verschluss von Zehenarterien | ||
Bei 20 bis 60 % der Patienten finden sich jedoch Stenosen in unterschiedlichen Lokalisationen. Man bezeichnet diese Form als Mehr-Etagen-Erkrankung bzw. als pAVK vom Mehretagentyp. Als [[Leriche-Syndrom]] wird der (partielle) Verschluss der [[infrarenal]]en Aorta bezeichnet. | Bei 20 bis 60 % der Patienten finden sich jedoch Stenosen in unterschiedlichen Lokalisationen. Man bezeichnet diese Form als Mehr-Etagen-Erkrankung bzw. als pAVK vom Mehretagentyp. Als [[Leriche-Syndrom]] wird der (partielle) Verschluss der [[infrarenal]]en Aorta bezeichnet. | ||
In weniger als 10 % d.F. betrifft die pAVK die [[obere Extremität]]: | In weniger als 10 % d.F. betrifft die pAVK die [[obere Extremität]]: | ||
* pAVK vom Schultertyp (30 %): Stenosen im Bereich von [[Arteria subclavia]] und [[Arteria axillaris]] | *pAVK vom Schultertyp (30 %): Stenosen im Bereich von [[Arteria subclavia]] und [[Arteria axillaris]] | ||
* pAVK vom digitalen Typ (70 %): Stenosen im Bereich der [[Arteriae digitales dorsales manus|Arteriae digitales]] | *pAVK vom digitalen Typ (70 %): Stenosen im Bereich der [[Arteriae digitales dorsales manus|Arteriae digitales]] | ||
===...nach Verlauf=== | === ...nach Verlauf=== | ||
* [[ | *[[chronische Gliedmaßen-bedrohende Ischämie]] (CLTI): Komplikation der chronischen pAVK | ||
* [[ | *[[akute Extremitätenischämie]]: akuter Verschluss einer Extremität, eher seltene Komplikation einer pAVK | ||
Eine Claudicatio intermittens verläuft bei 70 bis 80 % der Patienten meist [[blande]], sodass auch 5 Jahre nach Stellung der Diagnose eine stabile Claudicatio besteht. Bei 10 bis 20 % der Patienten kommt es im gleichen Zeitraum zu einer Verschlechterung, bei 5 bis 10 % zu einer CLTI. Bei 1 bis 2 Prozent der Patienten mit Claudicatio intermittens besteht bezogen auf ihre Lebensdauer die Gefahr einer [[Amputation]].<ref name=":0" /> | |||
==Epidemiologie== | ==Epidemiologie== | ||
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit ist eine relativ häufige Erkrankung. Die [[Prävalenz]] wird | Die periphere arterielle Verschlusskrankheit ist eine relativ häufige Erkrankung. Weltweit sind davon etwa 200 Millionen Menschen betroffen. Mit steigendem Lebensalter nimmt die Häufigkeit zu. Die [[Prävalenz|Gesamtprävalenz]] wird mit 3 bis 10 % in der Allgemeinbevölkerung angegeben. Bei Personen über dem 70. Lebensjahr beträgt die Prävalenz sogar 15 bis 20 %. Allerdings wird die Erkrankung nur in einem Drittel der Fälle [[symptomatisch]]. Bei etwa einem Drittel der Patienten wird das Stadium der Claudicatio intermittens (Fontaine II) diagnostiziert, während bei 1 bis 3 % aller pAVK-Patienten eine CLTI besteht.<ref name=":0" /> Männer sind rund viermal häufiger betroffen als Frauen. | ||
==Risikofaktoren== | ==Risikofaktoren== | ||
Neben einer genetischen Veranlagung erhöhen folgende [[Risikofaktor|Faktoren]] das Risiko für eine pAVK: | Neben einer genetischen Veranlagung erhöhen folgende [[Risikofaktor|Faktoren]] das Risiko für eine pAVK: | ||
* [[Rauchen]] | *[[Rauchen]] | ||
* [[Diabetes mellitus]] | *[[Diabetes mellitus]] | ||
* [[Hyperlipoproteinämie]] | *[[Hyperlipoproteinämie]] | ||
* [[Hypertonie]] | *[[Hypertonie]] | ||
* [[Adipositas]] | *[[Adipositas]] | ||
* [[Bewegungsmangel]] | *[[Bewegungsmangel]] | ||
* [[Stress]] | *[[Stress]] | ||
==Pathogenese== | ==Pathogenese== | ||
Die chronische pAVK ist in ca. 95 % d.F. eine Manifestationsform der [[Arteriosklerose]]. Seltene Ursachen sind z.B.: | Die chronische pAVK ist in ca. 95 % d.F. eine Manifestationsform der [[Arteriosklerose]]. Seltene Ursachen sind z.B.: | ||
* [[Vaskulitis]] (z.B. Thrombangiitis obliterans, [[Riesenzellarteriitis]], [[Takayasu-Arteriitis]]) | *[[Vaskulitis]] (z.B. Thrombangiitis obliterans, [[Riesenzellarteriitis]], [[Takayasu-Arteriitis]]) | ||
* [[zystische Adventitiadegeneration]] | *[[zystische Adventitiadegeneration]] | ||
* [[trauma]]tische Gefäßverletzungen | *[[trauma]]tische Gefäßverletzungen | ||
* [[fibromuskuläre Dysplasie]] | *[[fibromuskuläre Dysplasie]] | ||
Eine akute Extremitätenischämie entsteht in 20 % d.F. aufgrund einer [[arterielle Thrombose|arteriellen Thrombose]] (z.B. im Rahmen einer pAVK). Häufiger wird sie jedoch durch eine [[Embolie]] ausgelöst, z.B. bedingt durch ein [[Popliteaaneurysma]] oder durch [[kardial]]e Thromben bei [[Vorhofflimmern]]. | |||
Unter der Behandlung mit [[BCR-ABL-Tyrosinkinaseinhibitor|BCR-ABL-Tyrosinkinaseinhibitoren]] (z.B. [[Nilotinib]], [[Ponatinib]]) besteht bei onkologischen Patienten eine erhöhte [[Inzidenz]]. Bei bis zu 30 % dieser Patienten manifestiert sich eine pAVK.<ref name=":0" /> | |||
==Symptome== | ==Symptome== | ||
Die chronische pAVK verläuft anfangs meist [[asymptomatisch]]. Der Stenosegrad, das Ausmaß der [[Kollateralkreislauf|Kollateralkreisläufe]] und die Lokalisation der Stenose bestimmen das klinische Bild. | Die chronische pAVK verläuft anfangs meist [[asymptomatisch]]. Der Stenosegrad, das Ausmaß der [[Kollateralkreislauf|Kollateralkreisläufe]] und die Lokalisation der Stenose bestimmen das klinische Bild. | ||
Das Leitsymptom der pAVK ist die Claudicatio intermittens | Das Leitsymptom der pAVK ist die Claudicatio intermittens. Darunter versteht man belastungsabhängige, krampfartige Schmerzen – am häufigsten in der Wade. Sie sind oft verbunden mit Schwäche- und Kältegefühl und zwingen den Patienten zu Pausen. | ||
Als "walking-through-Phänomen" wird die Besserung der Beschwerden trotz weiterer Belastung bezeichnet. Bei einer [[Gluteal|glutealen]] Claudicatio sind die Gefäße im Becken, bei einer [[Pedal|pedalen]] Claudicatio im Unterschenkel betroffen. | |||
Die Symptome treten distal der Stenose auf, z.B. im Unterschenkel bei einer pAVK vom Oberschenkeltyp. Eine [[Impotenz]] | Die Symptome treten distal der Stenose auf, z.B. im Unterschenkel bei einer pAVK vom Oberschenkeltyp. Eine [[Impotenz]] weist auf auf ein [[Leriche-Syndrom]] hin. | ||
Bei fortgeschrittener pAVK können Symptome einer kritischen | Bei fortgeschrittener pAVK können Symptome einer kritischen CLTI auftreten: | ||
* Ruheschmerz (v.a. im Bereich des [[Vorfuß]]es) | *Ruheschmerz (v.a. im Bereich des [[Vorfuß]]es) | ||
* blasse, kühle Haut | *blasse, kühle Haut | ||
* schmerzhafte trophische Störungen: Gangrän, [[Ulcus cruris arteriosum]], Nekrosen (v.a. an Außenseite der Unterschenkel, am [[Außenknöchel]] und an den Zehen) | *schmerzhafte trophische Störungen: Gangrän, [[Ulcus cruris arteriosum]], Nekrosen (v.a. an der Außenseite der Unterschenkel, am [[Außenknöchel]] und an den Zehen) | ||
Komplikationen der pAVK ergeben sich durch [[Wundinfektion]]en mit der Gefahr einer [[Sepsis]] sowie bei einer akuten Extremitätenischämie. Patienten mit pAVK besitzen ein hohes Risiko für das Auftreten von weiteren arteriosklerotischen Erkrankungen (z.B. [[Myokardinfarkt]], [[Schlaganfall]]). | Komplikationen der pAVK ergeben sich durch [[Wundinfektion]]en mit der Gefahr einer [[Sepsis]] sowie bei einer akuten Extremitätenischämie. Patienten mit pAVK besitzen ein hohes Risiko für das Auftreten von weiteren arteriosklerotischen Erkrankungen (z.B. [[Myokardinfarkt]], [[Schlaganfall]]). | ||
==Diagnostik== | ==Diagnostik== | ||
Der Verdacht auf eine pAVK ergibt sich nach sorgfältiger [[Anamnese]] und [[körperliche Untersuchung|körperlicher Untersuchung]]. Dabei sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden: | Der Verdacht auf eine pAVK ergibt sich nach sorgfältiger [[Anamnese]] und [[körperliche Untersuchung|körperlicher Untersuchung]]. Dabei sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden: | ||
* [[Anamnese]]: Schmerzcharakter, Schmerzlokalisation, arteriosklerotische Risikofaktoren | *[[Anamnese]]: Schmerzcharakter, Schmerzlokalisation, arteriosklerotische Risikofaktoren | ||
* [[Inspektion]]: [[Hautfarbe]], Störungen der [[Trophik]] | *[[Inspektion]]: [[Hautfarbe]], Störungen der [[Trophik]] | ||
* [[Palpation]]: [[Pulsstatus]], verminderte [[Sensibilität]] und [[Hauttemperatur]] | *[[Palpation]]: [[Pulsstatus]], verminderte [[Sensibilität]] und [[Hauttemperatur]] | ||
* [[Auskultation]]: [[systolisch]]e, maschinenartige [[ | *[[Auskultation]]: [[systolisch]]e, maschinenartige [[Stenosegeräusch|Stenosegeräusche]] distal der Stenose, meist erst ab 60 bis 70%iger Stenose | ||
Anschließend sollte der [[Knöchel-Arm-Index]] (ABI) ermittelt werden. Bei nicht plausiblen Werten kommen ergänzende Untersuchungsmöglichkeiten in Frage: | Anschließend sollte der [[Knöchel-Arm-Index]] (ABI) ermittelt werden. Bei nicht plausiblen Werten kommen ergänzende Untersuchungsmöglichkeiten in Frage: | ||
* [[Pulsatilitätsindex]] | *[[Pulsatilitätsindex]] | ||
* [[Zehen-Arm-Index]] | *[[Zehen-Arm-Index]] | ||
* [[Oszillographie]] | *[[Oszillographie]] | ||
* [[Lichtreflexionsrheographie]] | *[[Lichtreflexionsrheographie]] | ||
* [[transkutane Sauerstoffdruckmessung]] | *[[transkutane Sauerstoffdruckmessung]] | ||
Bei fehlenden bzw. schwachen peripheren Pulsen oder einem ABI-Wert von < 0,9 sollte anschließend eine [[farbkodierte Duplexsonographie]] (FKDS) durchgeführt werden. Die FKDS ist die diagnostische Methode der Wahl zur Beurteilung von Aorta, Beckenarterien und Beinarterien. Bei therapeutischer Konsequenz und nicht ausreichend beurteilbarem FKDS-Befund kommen weitere [[Bildgebung|bildgebende Verfahren]] zum Einsatz: | Bei fehlenden bzw. schwachen peripheren Pulsen oder einem ABI-Wert von < 0,9 sollte anschließend eine [[farbkodierte Duplexsonographie]] (FKDS) durchgeführt werden. Die FKDS ist die diagnostische Methode der Wahl zur Beurteilung von Aorta, Beckenarterien und Beinarterien. Bei therapeutischer Konsequenz und nicht ausreichend beurteilbarem FKDS-Befund kommen weitere [[Bildgebung|bildgebende Verfahren]] zum Einsatz: | ||
* [[MR-Angiographie]] (MRA) | *[[MR-Angiographie]] (MRA) | ||
* [[CT-Angiographie]] (CTA) | *[[CT-Angiographie]] (CTA) | ||
* [[Digitale Subtraktionsangiographie]] (DSA) | *[[Digitale Subtraktionsangiographie]] (DSA) | ||
* [[CO2-Angiographie]] | *[[CO2-Angiographie]] | ||
Außerdem sollte eine Belastungsuntersuchung ([[Ergometrie|Laufbandergometrie]]) zur Quantifizierung der Gehstrecke durchgeführt werden. Weitere klinische Funktionstests sind: | Außerdem sollte eine Belastungsuntersuchung ([[Ergometrie|Laufbandergometrie]]) zur Quantifizierung der Gehstrecke durchgeführt werden. Weitere klinische Funktionstests sind: | ||
* [[Lagerungsprobe nach Ratschow]] | *[[Lagerungsprobe nach Ratschow]] | ||
* [[Faustschlussprobe]] | *[[Faustschlussprobe (pAVK)|Faustschlussprobe]] | ||
* [[Allen-Test]] | *[[Allen-Test]] | ||
Derzeit ( | Derzeit (2025) werden Laborparameter (z.B. [[MMP-9]]) nicht zur Diagnose einer pAVK empfohlen. | ||
<dcembed>< | == HowTo-Videos == | ||
<dcembed ratio="16x9"><dcEmbedUrl src="https://www.doccheck.com/de/detail/videos/6185-ratschow-lagerungsprobe-so-gehts"></dcEmbedUrl> | |||
<dcEmbedUrl src="https://www.doccheck.com/de/detail/videos/5812-allen-test-so-gehts"></dcEmbedUrl></dcembed> | |||
==Differenzialdiagnosen== | ==Differenzialdiagnosen== | ||
* [[Venenthrombose|venöse Thrombose]] (z.B. [[tiefe Beinvenenthrombose]]) | *[[Venenthrombose|venöse Thrombose]] (z.B. [[tiefe Beinvenenthrombose]]) | ||
* [[Claudicatio spinalis]] | *[[Claudicatio spinalis]] (Nervenwurzelkompression, Spinalkanalstenose) | ||
* [[Polyneuropathie]] | *[[Polyneuropathie]] | ||
*[[Arthrose]] der Gelenke der unteren Extremität | |||
==Therapie== | ==Therapie== | ||
Die Therapie der pAVK variiert | Die Therapie der pAVK variiert je nach Fontaine-Stadium. Man unterscheidet zwischen [[konservativ]]en, [[medikamentös]]en und [[interventionell]]en bzw. [[operativ]]en Maßnahmen. | ||
<dcembed ratio="16x9" caption="Video: pAVK bei Diabetes mellitus"><dcembedurl src="https://www.doccheck.com/de/detail/videos/5786-schaufensterkrankheit-gefahr-im-doppelpack"></dcembedurl></dcembed> | |||
===Konservative Therapie=== | ===Konservative Therapie=== | ||
Zu den konservativen Maßnahmen zählen: | Zu den konservativen Maßnahmen zählen: | ||
* [[Nikotinabstinenz]] | *[[Raucherentwöhnung|Nikotinabstinenz]] | ||
* [[Gehtraining]] (Stadium II) zur Verbesserung der [[Kollateralisation]] | *[[Gehtraining]] (Stadium II) zur Verbesserung der [[Kollateralisation]] | ||
* [[Wundbehandlung]] (Stadium IV) | * [[Wundbehandlung]] (Stadium IV) | ||
Ab Stadium II ist die | === Medikamentöse Therapie === | ||
Patienten mit pAVK sollten immer ein [[Statin]] (z.B. [[Atorvastatin]], [[Rosuvastatin]]) erhalten, um das [[LDL-Cholesterin|Low-Density-Cholesterin]] (LDL-C) auf weniger als 1,4 mmol/l (55 mg/dl) bzw. auf mindestens 50 % des Ausgangswerts zu senken. Kann das durch eine Monotherapie nicht erreicht werden, sollte zusätzlich [[Ezetimib]] verordnet werden, um die Resorption von Cholesterin zu hemmen. Ist auch diese Kombination nicht ausreichend wirksam, sollten zusätzlich [[Bempedoinsäure]], [[PCSK9-Hemmer|PCSK9-Inhibitoren,]] [[Evinacumab]] und [[Lipidapherese]] eingesetzt werden.<ref name=":0" /> | |||
Zur [[Blutdruck]]einstellung (< 140/90 mmHg) werden [[ACE-Hemmer]], [[AT1-Rezeptorantagonist|AT1-Rezeptorantagonisten]] und [[Calciumantagonist|Calciumantagonisten]] empfohlen. Ein Diabetes mellitus sollte entsprechend der Leitlinien bestmöglich eingestellt werden. | |||
Ab Stadium II ist die dauerhafte Medikation eines [[Thrombozytenaggregationshemmer|Thrombozytenaggregationshemmers]] ([[Acetylsalicylsäure]] (ASS) oder [[Clopidogrel]]) indiziert. Bei starker Einschränkung der [[Lebensqualität]], Stadium IIb und nicht möglichem Gehtraining können auch [[Naftidrofuryl]] oder [[Cilostazol]] erwogen werden. Der Nutzen dieser Medikamente ist jedoch umstritten. | |||
Im Stadium III können [[Prostanoid]]e (z.B. [[Iloprost]], [[Alprostadil]] = [[Prostaglandin E1|Prostaglandin E<sub>1</sub>]]) bei Patienten verabreicht werden, bei denen eine [[Revaskularisation]] nicht möglich ist. Häufig werden sie auch [[Off-Label-Use|off label]] im Stadium II appliziert. Der Effekt von Prostaglandinen bei der pAVK ist jedoch nicht eindeutig belegt. | Im Stadium III können [[Prostanoid]]e (z.B. [[Iloprost]], [[Alprostadil]] = [[Prostaglandin E1|Prostaglandin E<sub>1</sub>]]) bei Patienten verabreicht werden, bei denen eine [[Revaskularisation]] nicht möglich ist. Häufig werden sie auch [[Off-Label-Use|off label]] im Stadium II appliziert. Der Effekt von Prostaglandinen bei der pAVK ist jedoch nicht eindeutig belegt. | ||
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Die Indikation einer interventionellen Therapie kann bereits im Stadium II gestellt werden, bei Patienten mit | Die Indikation einer interventionellen Therapie kann bereits im Stadium II gestellt werden, bei Patienten mit | ||
* erfolgloser konservativer und medikamentöser Therapie | *erfolgloser konservativer und medikamentöser Therapie | ||
* großer Beeinträchtigung der Lebensqualität, starkem Patientenwunsch oder nicht möglichem Gehtraining | *großer Beeinträchtigung der Lebensqualität, starkem Patientenwunsch oder nicht möglichem Gehtraining | ||
* v.a. bei proximalen Gefäßverschlüssen | *v.a. bei proximalen Gefäßverschlüssen | ||
Relative Indikationen einer operativen Therapie im Stadium II ergeben sich bei Patienten mit großer Beeinträchtigung der Lebensqualität oder starkem Patientenwunsch und erfolgloser/ungeeigneter interventioneller Revaskularisation. | Relative Indikationen einer operativen Therapie im Stadium II ergeben sich bei Patienten mit großer Beeinträchtigung der Lebensqualität oder starkem Patientenwunsch und erfolgloser/ungeeigneter interventioneller Revaskularisation. | ||
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Standardverfahren der interventionellen Revaskularisation ist die [[perkutane transluminale Angioplastie]] (PTA) mit [[Ballondilatation]]. Je nach Lokalisation wird im gleichen Zuge ein [[Stentimplantation|Stent]] implantiert (z.B. bei [[aortoiliakal]]er Läsion oder bei den meisten [[femoropopliteal]]en Stenosen). | Standardverfahren der interventionellen Revaskularisation ist die [[perkutane transluminale Angioplastie]] (PTA) mit [[Ballondilatation]]. Je nach Lokalisation wird im gleichen Zuge ein [[Stentimplantation|Stent]] implantiert (z.B. bei [[aortoiliakal]]er Läsion oder bei den meisten [[femoropopliteal]]en Stenosen). | ||
Spezielle Verfahren sind: | Spezielle Verfahren sind: | ||
* [[Atherektomie]] | *[[Atherektomie]] | ||
* [[Cutting-Balloon-Technik]] | *[[Cutting-Balloon-Technik]] | ||
* [[Rotationsthrombektomie]] | *[[Rotationsthrombektomie]] | ||
* [[Laserangioplastie]] | *[[Laserangioplastie]] | ||
====Operative Verfahren==== | ====Operative Verfahren==== | ||
Bei der operativen Revaskularisation existieren ebenfalls verschiedene Verfahren: | Bei der operativen Revaskularisation existieren ebenfalls verschiedene Verfahren: | ||
* [[Thrombendarteriektomie]] (TEA, [[Desobliteration]]) mit/ohne [[Patchplastik]] und ggf. [[Interponat]]: | *[[Thrombendarteriektomie]] (TEA, [[Desobliteration]]) mit/ohne [[Patchplastik]] und ggf. [[Interponat]]: | ||
** offene TEA | **offene TEA | ||
** halb geschlossene TEA | ** halb geschlossene TEA | ||
** geschlossene TEA | **geschlossene TEA | ||
* operative Gefäßrekonstruktion ([[Bypass-Operation]]): [[autolog]]er [[Venenbypass]] oder [[alloplastisch]]er [[Bypass]] (z.B. [[Polytetrafluorethylen]] (PTFE) oder [[Dacron]]) | *operative Gefäßrekonstruktion ([[Bypass-Operation]]): [[autolog]]er [[Venenbypass]] oder [[alloplastisch]]er [[Bypass]] (z.B. [[Polytetrafluorethylen]] (PTFE) oder [[Dacron]]) | ||
** [[iliakofemoraler Bypass]] | **[[iliakofemoraler Bypass]] | ||
** [[femoropoplitealer Bypass]] | **[[femoropoplitealer Bypass]] | ||
** [[aortobifemoraler Bypass]] | **[[aortobifemoraler Bypass]] | ||
** [[axillobifemoraler Bypass]] | **[[axillobifemoraler Bypass]] | ||
** [[femorofemoraler Crossover-Bypass]] | **[[femorofemoraler Crossover-Bypass]] | ||
Bei Läsionen der Femoralisgabel kommt meist bevorzugt die TEA mit Patchplastik zur Anwendung, während distaler gelegene Läsionen sowie einseitige aortoiliakale Läsionen mit einer Bypass-Anlage behandelt werden. Bei einer beidseitigen aortoiliakalen Läsion wird eine aortobifemorale [[Y-Prothese]] implantiert. Mögliche Komplikationen sind akute Extremitätenischämie, [[Wundinfektion]]en, [[Sepsis]] und [[intraoperativ]]e [[Blutung]]en. | Bei Läsionen der Femoralisgabel kommt meist bevorzugt die TEA mit Patchplastik zur Anwendung, während distaler gelegene Läsionen sowie einseitige aortoiliakale Läsionen mit einer Bypass-Anlage behandelt werden. Bei einer beidseitigen aortoiliakalen Läsion wird eine aortobifemorale [[Y-Prothese]] implantiert. Mögliche Komplikationen sind akute Extremitätenischämie, [[Wundinfektion]]en, [[Sepsis]] und [[intraoperativ]]e [[Blutung]]en. | ||
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==Prognose== | ==Prognose== | ||
Patienten mit pAVK besitzen ein dreifach erhöhtes Risiko für einen Myokardinfarkt und ein vierfach erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Die 5-Jahres-[[Mortalität]] beträgt ca. 20 %. | Patienten mit pAVK besitzen ein dreifach erhöhtes Risiko für einen Myokardinfarkt und ein vierfach erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Die 5-Jahres-[[Mortalität]] beträgt ca. 20 %. | ||
==Quiz== | |||
<dctypeform title="Periphere arterielle Verschlusskrankheit" description="" typeform-url="https://bdy7255z73s.typeform.com/to/XCuKw6TL" image-url="https://dccdn.de/more.doccheck.com/fileadmin/user_upload/asset-repo/flexikon/icons/quiz/dc/plugin-quiz-peripheral_arterial_disease.jpg" button-label="Teste dein Wissen"></dctypeform> | |||
==Quellen== | |||
<references/> | |||
==Bildquelle== | |||
*Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Designed by [https://de.freepik.com/ Freepik] | |||
==Literatur== | |||
*Elsevier, (2014), Pflege Heute, (6. Auflage), München: Urban & Fischer | |||
* I Care Pflege, (2015), (1. Auflage), Stuttgart: Thieme | |||
*[https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/065-003l_S3_PAVK_periphere_arterielle_Verschlusskrankheit_2020-05.pdf S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit], abgerufen am 27.10.2021 | |||
*[https://www.dga-gefaessmedizin.de/uploads/media/Pocketleitlinie_PAVK_2017__Internet_.pdf Pocketversion S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK)], abgerufen am 27.10.2021 | |||
==Weblinks== | ==Weblinks== | ||
*[https://www.gefaesschirurgie.de/patienten/was-sind-gefaesserkrankungen/ Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin - Patienteninformationen], abgerufen am 15.01.2020 | *[https://www.gefaesschirurgie.de/patienten/was-sind-gefaesserkrankungen/ Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin - Patienteninformationen], abgerufen am 15.01.2020 | ||
[[Fachgebiet:Angiologie]] | [[Fachgebiet:Angiologie]] | ||
[[Fachgebiet:Gefäßchirurgie]] | [[Fachgebiet:Gefäßchirurgie]] | ||
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[[Tag:Stenose]] | [[Tag:Stenose]] | ||
[[Kategorie:HowTo]] | |||
<references /> | |||
[[Kategorie:Flexikon-Quiz]] |
Aktuelle Version vom 27. Januar 2025, 17:40 Uhr
Synonyme: pAVK, Schaufensterkrankheit
Englisch: peripheral arterial disease, PAD, peripheral arterial occlusive disease
Definition
Mit dem Begriff periphere arterielle Verschlusskrankheit, kurz pAVK, bezeichnet man ein Krankheitsbild, das durch eine fortschreitende Stenosierung bzw. den Verschluss (Okklusion) der arteriellen Beingefäße, seltener der Armgefäße entsteht.
- ICD10-Code: I70.2
Einteilung
...nach Symptomatik
Die pAVK der Beingefäße wird anhand der Symptomatik nach Fontaine eingeteilt in:[1]
Stadium | Symptomatik | |
---|---|---|
Stadium I | symptomfrei, meist klinischer Zufallsbefund (z.B. fehlende periphere Pulse) | |
Stadium II | Claudicatio intermittens | |
IIa | beschwerdefreie Gehstrecke > 200 m | |
IIb | beschwerdefreie Gehstrecke < 200 m | |
Stadium III* | ischämischer Ruheschmerz | |
Stadium IV* | Trophische Störungen (Nekrosen, Ulzera, Gangrän) |
Daneben gibt es eine klinische Stadieneinteilung nach Rutherford, die häufiger im angloamerikanischen Bereich und in klinischen Studien angewendet wird:[1]
Kategorie | Symptomatik |
---|---|
0 | asymptomatisch |
1 | leichte Claudicatio intermittens |
2 | mäßige Claudicatio intermittens |
3 | schwere Claudicatio intermittens |
4* | ischämischer Ruheschmerz |
5* | kleinflächige Nekrose |
6* | großflächige Nekrose |
* Stadium der chronischen Extremitäten-bedrohenden Ischämie (CLTI)
...nach Lokalisation
In über 90 % d.F. ist die untere Extremität von der pAVK betroffen. Dabei unterscheidet man je nach Lokalisation folgende Formen:
- pAVK vom Beckentyp ("B-Typ"): Stenosen im Bereich von Aorta abdominalis und Arteriae iliacae; häufig bei Rauchern; ca. 35 %
- pAVK vom Oberschenkeltyp ("O-Typ"): Stenosen im Bereich von Arteria femoralis und Arteria poplitea; ca. 50 %
- pAVK vom Unterschenkeltyp ("U-Typ", pAVK vom peripheren Typ): Stenosen distal der Arteria poplitea; häufig bei Diabetes mellitus und Thrombangiitis obliterans; ca. 15 %.
- pAVK vom akralen Typ: seltene Unterform mit isoliertem Verschluss von Zehenarterien
Bei 20 bis 60 % der Patienten finden sich jedoch Stenosen in unterschiedlichen Lokalisationen. Man bezeichnet diese Form als Mehr-Etagen-Erkrankung bzw. als pAVK vom Mehretagentyp. Als Leriche-Syndrom wird der (partielle) Verschluss der infrarenalen Aorta bezeichnet.
In weniger als 10 % d.F. betrifft die pAVK die obere Extremität:
- pAVK vom Schultertyp (30 %): Stenosen im Bereich von Arteria subclavia und Arteria axillaris
- pAVK vom digitalen Typ (70 %): Stenosen im Bereich der Arteriae digitales
...nach Verlauf
- chronische Gliedmaßen-bedrohende Ischämie (CLTI): Komplikation der chronischen pAVK
- akute Extremitätenischämie: akuter Verschluss einer Extremität, eher seltene Komplikation einer pAVK
Eine Claudicatio intermittens verläuft bei 70 bis 80 % der Patienten meist blande, sodass auch 5 Jahre nach Stellung der Diagnose eine stabile Claudicatio besteht. Bei 10 bis 20 % der Patienten kommt es im gleichen Zeitraum zu einer Verschlechterung, bei 5 bis 10 % zu einer CLTI. Bei 1 bis 2 Prozent der Patienten mit Claudicatio intermittens besteht bezogen auf ihre Lebensdauer die Gefahr einer Amputation.[1]
Epidemiologie
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit ist eine relativ häufige Erkrankung. Weltweit sind davon etwa 200 Millionen Menschen betroffen. Mit steigendem Lebensalter nimmt die Häufigkeit zu. Die Gesamtprävalenz wird mit 3 bis 10 % in der Allgemeinbevölkerung angegeben. Bei Personen über dem 70. Lebensjahr beträgt die Prävalenz sogar 15 bis 20 %. Allerdings wird die Erkrankung nur in einem Drittel der Fälle symptomatisch. Bei etwa einem Drittel der Patienten wird das Stadium der Claudicatio intermittens (Fontaine II) diagnostiziert, während bei 1 bis 3 % aller pAVK-Patienten eine CLTI besteht.[1] Männer sind rund viermal häufiger betroffen als Frauen.
Risikofaktoren
Neben einer genetischen Veranlagung erhöhen folgende Faktoren das Risiko für eine pAVK:
Pathogenese
Die chronische pAVK ist in ca. 95 % d.F. eine Manifestationsform der Arteriosklerose. Seltene Ursachen sind z.B.:
- Vaskulitis (z.B. Thrombangiitis obliterans, Riesenzellarteriitis, Takayasu-Arteriitis)
- zystische Adventitiadegeneration
- traumatische Gefäßverletzungen
- fibromuskuläre Dysplasie
Eine akute Extremitätenischämie entsteht in 20 % d.F. aufgrund einer arteriellen Thrombose (z.B. im Rahmen einer pAVK). Häufiger wird sie jedoch durch eine Embolie ausgelöst, z.B. bedingt durch ein Popliteaaneurysma oder durch kardiale Thromben bei Vorhofflimmern.
Unter der Behandlung mit BCR-ABL-Tyrosinkinaseinhibitoren (z.B. Nilotinib, Ponatinib) besteht bei onkologischen Patienten eine erhöhte Inzidenz. Bei bis zu 30 % dieser Patienten manifestiert sich eine pAVK.[1]
Symptome
Die chronische pAVK verläuft anfangs meist asymptomatisch. Der Stenosegrad, das Ausmaß der Kollateralkreisläufe und die Lokalisation der Stenose bestimmen das klinische Bild.
Das Leitsymptom der pAVK ist die Claudicatio intermittens. Darunter versteht man belastungsabhängige, krampfartige Schmerzen – am häufigsten in der Wade. Sie sind oft verbunden mit Schwäche- und Kältegefühl und zwingen den Patienten zu Pausen.
Als "walking-through-Phänomen" wird die Besserung der Beschwerden trotz weiterer Belastung bezeichnet. Bei einer glutealen Claudicatio sind die Gefäße im Becken, bei einer pedalen Claudicatio im Unterschenkel betroffen.
Die Symptome treten distal der Stenose auf, z.B. im Unterschenkel bei einer pAVK vom Oberschenkeltyp. Eine Impotenz weist auf auf ein Leriche-Syndrom hin.
Bei fortgeschrittener pAVK können Symptome einer kritischen CLTI auftreten:
- Ruheschmerz (v.a. im Bereich des Vorfußes)
- blasse, kühle Haut
- schmerzhafte trophische Störungen: Gangrän, Ulcus cruris arteriosum, Nekrosen (v.a. an der Außenseite der Unterschenkel, am Außenknöchel und an den Zehen)
Komplikationen der pAVK ergeben sich durch Wundinfektionen mit der Gefahr einer Sepsis sowie bei einer akuten Extremitätenischämie. Patienten mit pAVK besitzen ein hohes Risiko für das Auftreten von weiteren arteriosklerotischen Erkrankungen (z.B. Myokardinfarkt, Schlaganfall).
Diagnostik
Der Verdacht auf eine pAVK ergibt sich nach sorgfältiger Anamnese und körperlicher Untersuchung. Dabei sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- Anamnese: Schmerzcharakter, Schmerzlokalisation, arteriosklerotische Risikofaktoren
- Inspektion: Hautfarbe, Störungen der Trophik
- Palpation: Pulsstatus, verminderte Sensibilität und Hauttemperatur
- Auskultation: systolische, maschinenartige Stenosegeräusche distal der Stenose, meist erst ab 60 bis 70%iger Stenose
Anschließend sollte der Knöchel-Arm-Index (ABI) ermittelt werden. Bei nicht plausiblen Werten kommen ergänzende Untersuchungsmöglichkeiten in Frage:
- Pulsatilitätsindex
- Zehen-Arm-Index
- Oszillographie
- Lichtreflexionsrheographie
- transkutane Sauerstoffdruckmessung
Bei fehlenden bzw. schwachen peripheren Pulsen oder einem ABI-Wert von < 0,9 sollte anschließend eine farbkodierte Duplexsonographie (FKDS) durchgeführt werden. Die FKDS ist die diagnostische Methode der Wahl zur Beurteilung von Aorta, Beckenarterien und Beinarterien. Bei therapeutischer Konsequenz und nicht ausreichend beurteilbarem FKDS-Befund kommen weitere bildgebende Verfahren zum Einsatz:
- MR-Angiographie (MRA)
- CT-Angiographie (CTA)
- Digitale Subtraktionsangiographie (DSA)
- CO2-Angiographie
Außerdem sollte eine Belastungsuntersuchung (Laufbandergometrie) zur Quantifizierung der Gehstrecke durchgeführt werden. Weitere klinische Funktionstests sind:
Derzeit (2025) werden Laborparameter (z.B. MMP-9) nicht zur Diagnose einer pAVK empfohlen.
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Differenzialdiagnosen
- venöse Thrombose (z.B. tiefe Beinvenenthrombose)
- Claudicatio spinalis (Nervenwurzelkompression, Spinalkanalstenose)
- Polyneuropathie
- Arthrose der Gelenke der unteren Extremität
Therapie
Die Therapie der pAVK variiert je nach Fontaine-Stadium. Man unterscheidet zwischen konservativen, medikamentösen und interventionellen bzw. operativen Maßnahmen.
Konservative Therapie
Zu den konservativen Maßnahmen zählen:
- Nikotinabstinenz
- Gehtraining (Stadium II) zur Verbesserung der Kollateralisation
- Wundbehandlung (Stadium IV)
Medikamentöse Therapie
Patienten mit pAVK sollten immer ein Statin (z.B. Atorvastatin, Rosuvastatin) erhalten, um das Low-Density-Cholesterin (LDL-C) auf weniger als 1,4 mmol/l (55 mg/dl) bzw. auf mindestens 50 % des Ausgangswerts zu senken. Kann das durch eine Monotherapie nicht erreicht werden, sollte zusätzlich Ezetimib verordnet werden, um die Resorption von Cholesterin zu hemmen. Ist auch diese Kombination nicht ausreichend wirksam, sollten zusätzlich Bempedoinsäure, PCSK9-Inhibitoren, Evinacumab und Lipidapherese eingesetzt werden.[1]
Zur Blutdruckeinstellung (< 140/90 mmHg) werden ACE-Hemmer, AT1-Rezeptorantagonisten und Calciumantagonisten empfohlen. Ein Diabetes mellitus sollte entsprechend der Leitlinien bestmöglich eingestellt werden.
Ab Stadium II ist die dauerhafte Medikation eines Thrombozytenaggregationshemmers (Acetylsalicylsäure (ASS) oder Clopidogrel) indiziert. Bei starker Einschränkung der Lebensqualität, Stadium IIb und nicht möglichem Gehtraining können auch Naftidrofuryl oder Cilostazol erwogen werden. Der Nutzen dieser Medikamente ist jedoch umstritten.
Im Stadium III können Prostanoide (z.B. Iloprost, Alprostadil = Prostaglandin E1) bei Patienten verabreicht werden, bei denen eine Revaskularisation nicht möglich ist. Häufig werden sie auch off label im Stadium II appliziert. Der Effekt von Prostaglandinen bei der pAVK ist jedoch nicht eindeutig belegt.
Bei kritischer Ischämie und Infektionen kann eine systemische Antibiose indiziert sein. Eine orale Antikoagulation wird nur in besonderen Fällen empfohlen.
Revaskularisation
Ab Stadium III sollte, falls möglich, eine interventionelle Revaskularisation erwogen werden. Bei Femoralisgabelläsionen sowie gelenküberschreitenden Läsionen eignen sich interventionelle Verfahren nicht, sodass eine operative Revaskularisation notwendig ist. Liegen Stenosen auf mehreren Etagen vor, sollten grundsätzlich zuerst proximale Läsionen behandelt werden.
Die Indikation einer interventionellen Therapie kann bereits im Stadium II gestellt werden, bei Patienten mit
- erfolgloser konservativer und medikamentöser Therapie
- großer Beeinträchtigung der Lebensqualität, starkem Patientenwunsch oder nicht möglichem Gehtraining
- v.a. bei proximalen Gefäßverschlüssen
Relative Indikationen einer operativen Therapie im Stadium II ergeben sich bei Patienten mit großer Beeinträchtigung der Lebensqualität oder starkem Patientenwunsch und erfolgloser/ungeeigneter interventioneller Revaskularisation.
Bei pAVK vom Unterschenkeltyp werden im Stadium II weder interventionelle noch chirurgische Eingriffe empfohlen. In Einzelfällen kann auch eine Revaskularisation im Stadium I notwendig sein.
Interventionelle Verfahren
Standardverfahren der interventionellen Revaskularisation ist die perkutane transluminale Angioplastie (PTA) mit Ballondilatation. Je nach Lokalisation wird im gleichen Zuge ein Stent implantiert (z.B. bei aortoiliakaler Läsion oder bei den meisten femoropoplitealen Stenosen).
Spezielle Verfahren sind:
Operative Verfahren
Bei der operativen Revaskularisation existieren ebenfalls verschiedene Verfahren:
- Thrombendarteriektomie (TEA, Desobliteration) mit/ohne Patchplastik und ggf. Interponat:
- offene TEA
- halb geschlossene TEA
- geschlossene TEA
- operative Gefäßrekonstruktion (Bypass-Operation): autologer Venenbypass oder alloplastischer Bypass (z.B. Polytetrafluorethylen (PTFE) oder Dacron)
Bei Läsionen der Femoralisgabel kommt meist bevorzugt die TEA mit Patchplastik zur Anwendung, während distaler gelegene Läsionen sowie einseitige aortoiliakale Läsionen mit einer Bypass-Anlage behandelt werden. Bei einer beidseitigen aortoiliakalen Läsion wird eine aortobifemorale Y-Prothese implantiert. Mögliche Komplikationen sind akute Extremitätenischämie, Wundinfektionen, Sepsis und intraoperative Blutungen.
Ultima Ratio ist die Amputation der betroffenen Extremität.
Nach Intervention ist weiterhin die Gabe von ASS indiziert. Bei infrainguinaler Intervention mit Stentimplantation kann außerdem eine duale Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS und Clopidogrel für 3-6 Monate erwogen werden.
Prognose
Patienten mit pAVK besitzen ein dreifach erhöhtes Risiko für einen Myokardinfarkt und ein vierfach erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Die 5-Jahres-Mortalität beträgt ca. 20 %.
Quiz
Quellen
- ↑ Hochspringen nach: 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Kunstmann I et al. Ambulante Früherkennung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Becken- und Beinarterien – Gefäß-Check der Beine. Ärzteblatt Thüringen 2025
Bildquelle
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Literatur
- Elsevier, (2014), Pflege Heute, (6. Auflage), München: Urban & Fischer
- I Care Pflege, (2015), (1. Auflage), Stuttgart: Thieme
- S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, abgerufen am 27.10.2021
- Pocketversion S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK), abgerufen am 27.10.2021
Weblinks
- Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin - Patienteninformationen, abgerufen am 15.01.2020