Nosokomial erworbene Pneumonie
Englisch: hospital-acquired pneumonia(HAP)
Definition
Die nosokomial erworbene Pneumonie, kurz HAP, ist eine Pneumonie, die frühestens 48 Stunden nach Hospitalisierung auftritt.
Epidemiologie
Die nosokomial erworbene Pneumonie ist nach Wund- und Harnwegsinfektionen die dritthäufigste nosokomiale Infektion.
Risikofaktoren
Folgende Risikofaktoren prädisponieren für eine nosokomial erworbene Pneumonie:
- hohes Alter
- Immobilität
- schlechter Immunstatus (z.B. HIV-Infektion, Diabetes mellitus, Chemotherapie, Alkoholismus, Glukokortikoidtherapie, Immunsuppressiva)
- chronische Erkrankungen: Asthma bronchiale, COPD, Mukoviszidose, Herzinsuffizienz
- Schluckstörungen z.B. bei Parkinson-Syndrom
Risikofaktoren für eine HAP mit multiresistenten Erregern (MRE) sind z.B.:
- antimikrobielle Therapie in den letzten 90 Tagen
- Hospitalisierung ≥ 5 Tage
- septischer Schock
Erreger
Als Erreger einer HAP finden sich insbesondere Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus. Weiterhin kommen in Frage:
- Enterobacteriaceae: Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Enterobacter spp.
- Acinetobacter baumannii
- Moraxella catarrhalis
- Legionella pneumophila
- Enterococcus faecium, Enterococcus faecalis (incl. Vancomycin-resistente Enterokokken)
- Anaerobier wie Bacteroides, Prevotella und Fusobacteriaceae (häufig als Mischinfektionen).
Bei Immunsuppression finden sich auch häufig opportunistische Erreger wie Pneumocystis jirovecii, Aspergillus fumigatus, Candida spp. oder Zytomegalieviren
Zunehmend kommen multiresistente Erreger vor. Dazu zählen z.B.:
- Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA)
- Multiresistente gramnegative Erreger (MRGN) incl. ESBL-bildende Enterobacteriaceae (z.B. Stenotrophomonas maltophilia)
Diagnostik
Eine HAP liegt vor, wenn sich ein neues bzw. progredientes Infiltrat im Röntgenthorax nachweisen lässt und zwei der folgenden Nebenkriterien erfüllt sind:
- Leukozytose > 10.000/µl oder Leukopenie < 4.000/µl
- Fieber > 38,3 °C
- purulentes Sekret
Neben Entzündungsparametern (CRP, ggf. PCT) kann in unklaren Fällen auch eine Computertomographie (CT) des Thorax durchgeführt werden. Entscheidend ist die Erregersuche (Blutkultur, Sputumdiagnostik, Trachealsekret, Bronchiallavage). Insbesondere bei immunsupprimierten Patienten sind opportunistische Pilzinfektionen zu erwägen:
- Candida: keine Standarddiagnostik. Nachweis in Blutkultur erfordert immer Behandlung. Bei negativen Blutkulturen aber Candida-Antigennachweis im Blut oder massenhaft Candida in respiratorischen Sekreten ist zusätzlich eine Organbiopsie zu erwägen.
- Aspergillus: Spezifische Antigene in respiratorischen Sekreten und im Serum sind nicht beweisend und sollten daher nur in Abhängigkeit der bildgebenden Befunde eine Behandlung nach sich ziehen.
Therapie
Bei Verdacht auf eine HAP sollte eine kalkulierte Antibiotikatherapie eingeleitet werden:
keine Risikofaktoren für multiresistente Erreger |
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Risikofaktoren für multiresistente Erreger, Septischer Schock |
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Anmerkung: Da die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen sehr dynamisch ist, haben die Empfehlungen in der Tabelle nur einen orientierenden Charakter.
Ein Therapieversagen (10-15 % d.F.) erfordert eine weitergehende Diagnostik (z.B. Bronchoskopie, CT-Thorax, CT-Abdomen, Urindiagnostik). Im Verlauf sollte eine Therapieanpassung nach Antibiogramm erfolgen.
Prophylaxe
Um das Risiko einer nosokomial erworbenen Pneumonie zu vermindern, sollten folgende Maßnahmen berücksichtigt werden:
- ausreichende Hände- und Gerätedesinfektion
- regelmäßige Mundhygiene mit antiseptischen Substanzen
- Prophylaxe einer Mikroaspiration von oropharyngealem Sekret durch Vermeidung unnötiger Intubationen, Absaugen vor Extubation, zeitgerechte Tracheotomie, ggf. Anlage einer PEG
- Mobilisation und Atemtherapie
siehe auch: ambulant erworbene Pneumonie (CAP), beatmungsassoziierte Pneumonie (VAP)
Literatur
S3-Leitlinie Nosokomiale Pneumonie bei Erwachsenen, Stand 2017, abgerufen am 06.05.2020
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