Bacteroides
Englisch: Bacteroides
Definition
Bacteroides ist eine Gattung von Bakterien, die zu den Bacteroidaceae zählen. Es handelt sich um gramnegative, nicht sporenbildende, strikte Anaerobier, die meist unbeweglich sind. Dabei imponieren die Bakterien im lichtmikroskopischen Bild als pleomorphe, kleine, gerade oder gebogene, häufig ungleichmäßig angefärbte Stäbchen mit zentralen oder peripheren Anschwellungen.
Arten
Es gibt mehrere Bacteroides-Arten, von humanpathogenetischer Bedeutung sind:
Weitere Vertreter sind:
Bedeutung
...für den Säugling
Nach der Nahrungsumstellung des Säuglings von Muttermilch auf Ersatz- bzw. Folge-Kost kommt es auch zu einer Veränderung der Darmflora des Kindes: Die Besiedelung des kindlichen Darms mit Bifidobacterium wird nun durch eine mit Bacteroides ersetzt.
...als Bestandteil der Normalflora
Bacteroides sind die dominante Bakteriengattung des Enterotyp 1. Sie haben als zahlenmäßig führende Mikroorganismen im Colon die Statthalterfunktion inne, d.h. sie sorgen dafür, dass sich keine pathogenen Keime einnisten und ausbreiten können (Colonization resistance). Die Vermehrung bakterieller Erreger wird weiterhin durch das saure Butyrat, das u.a. Bacteroides bildet, gehemmt. Butyrat dient aber auch der Energieversorgung der physiologischen Mikroflora der Darmmucosa. Ein weiteres Produkt von Bacteroides sind Glucuronidasen. Sie befreien zuvor in der Leber glucuronisierte Substanzen vom Glucuronsäurerest. Dadurch können diese Stoffe, wie z.B. Östrogen und Herzglykoside, erneut über den enterohepatischen Kreislauf vom Körper resorbiert werden.
Bacteroides sind demnach als Bestandteil der Normalflora gering pathogene Keime, die v.a. durch ihre Abwesenheit, z.B. nach einer Antibiotikatherapie, Probleme verursachen können.
Pathogenese
Bacteroides-Infektionen sind fast ausschließlich endogene Infektionen, d.h. die Erreger werden durch Läsionen der Schleimhäute in tiefere Gewebe eingeschleppt. Dort finden sie ideale Bedingungen um sich zu vermehren, wodurch es zur Ausbildung stinkender, nekrotisierender und eiternder Abszesse kommt. Es liegen zumeist Mischinfektionen mit weiteren (fakultativen) Anaerobiern vor. Auch Mischinfektionen mit Aerobiern, die in den betroffenen Geweben zunächst den dortigen Sauerstoff verbrauchen, sind beschrieben.
Klinik
...von der Mundhöhle ausgehende Infektionen
Bacteroides oralis und Bacteroides fragilis können Infektionen innerhalb der Mundhöhle auslösen. Die Infektionen können sich jedoch auch auf den Respirationstrakt ausweiten.
...vom Darm ausgehende Infektionen
- Bacteroides fragilis und Bacteroides thetaiotaomicron sind häufig für Abszesse im subphrenischen, Peritoneal-, Retroperitoneal- und Beckenbereich verantwortlich.
- Einige Bacteroides-fragilis-Stämme bilden ein extrazelluläres Enterotoxin, das zu Diarrhöen führen kann.
...vom Urogenitaltrakt ausgehende Infektionen
- Bacteroides fragilis kann, zumeist ausgehend von der Vagina, für Tuben-, Ovarial- und Douglas-Abszesse verantwortlich sein.
- Bacteroides können Ursache progredienter Infektionen des kleinen Beckens, wie Beckenbodenphlegmone und Endometritis, sein.
- Die Puerperalsepsis bei vorzeitigem Blasensprung wird gefürchtet.
Nachweis
Verdachtsdiagnose bei fötidem, also faulig-übelriechendem Abszesssekret (durch Produktion von z.B. Buttersäure).
Der Erregernachweis gelingt per Kultur. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich um Bakterien handelt, die auch im Rahmen der Normalflora vorkommen. Dadurch ist es schwierig, den angezüchteten Keim für eine Infektion verantwortlich zu machen. Des Weiteren ist auf die Nutzung eines Anaerobier-Transportmediums zu achten.
Die Erregeridentifizierung erfolgt häufig mittels Gaschromatographie. Hierüber können spezifische Fettsäuren, wie Butter-, Isobutter- und Isovaleriansäure nachgewiesen werden. Biochemische Reaktionen komplettieren die Diagnostik.
Therapie
Die chirurgische Intervention, also Abszessspaltung und -drainage, unterstützt die Genesung,
- weil dadurch Sauerstoff in die Abszesshöhle gelangt, wodurch die Anaerobier in ihrem Wachstum gehemmt werden,
- und weil Chemotherapeutika effektiver an den Wirkort gelangen.
Die chemotherapeutische Behandlung, kann durch Metronidazol, Chloramphenicol und Clindamycin erfolgen. Resistenzen bestehen gegenüber Aminoglykosiden und Vancomycin. Oft sind die Erreger auch gegen Tetrazykline und - durch Betalaktamaseproduktion - immer häufiger ebfenfalls gegen Penicilline resistent. Da es sich meist um Mischinfektionen handelt, muss auch gegen evtl. weitere Erreger vorgegangen werden.
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