Meldepflicht
Definition
Die Meldepflicht im Gesundheitswesen ist eine Rechtspflicht, die durch das deutsche Infektionsschutzgesetz (IFSG) definiert wird. Sie erstreckt sich auf Infektionskrankheiten, die in der Regel hochansteckend und/oder hochgefährlich sind. Meldepflichtig sind Ärzte, Laborleiter und weitere Gesundheitsfachberufe sowie Krankenhäuser.
Bei den meldepflichtigen Krankheiten müssen Erregernachweis, Infektionsverdacht, Erkrankung oder Tod dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden. Einige dieser Infektionskrankheiten erfordern eine namentliche, einige eine anonyme Meldung.
Hintergrund
Die Meldung von Erkrankungen (Arztmeldepflicht) ist in §6, die Meldung von Erregernachweisen (Labormeldepflicht) in §7 IFSG geregelt. Die Meldepflicht ist nicht von einem Erregernachweis abhängig, auch eine Häufung von Pneumonien in einem Altenheim wäre ein Meldetatbestand, wenn eine "Gefährdung für die Allgemeinheit" zu befürchten ist.
Umgekehrt ist auch nicht jeder Erregernachweis meldepflichtig. Da es darum geht, aktuelle epidemiologische Daten zu erheben, sollen Doppelmeldungen vermieden werden. Bei Hepatitis C sind z.B. nur neu diagnostizierte Fälle meldepflichtig. Bei verschiedenen anderen Erregern enthält die Meldepflicht Einschränkungen, so dass nur akute Erkrankungen erfasst werden. Ein serologischer Nachweis von Hepatitis A ist z.B. nur meldepflichtig, wenn es sich um IgM-Antikörper handelt oder wenn ein deutlicher Titeranstieg in zwei aufeinanderfolgenden Untersuchungen von IgG-Antikörpern feststellbar war. Reine "Durchseuchungsmarker" sind somit nicht meldepflichtig. Auch ein kultureller Nachweis von Meningokokken im Rachenabstrich wäre nicht meldepflichtig, da symptomlose Träger nicht selten sind.
Basis der Meldepflicht sind die sogenannten "Falldefinitionen", die vom Robert Koch-Institut (RKI) herausgegeben werden. Die Falldefinitionen wurden im Januar 2015 aktualisiert. Detaillierte Informationen werden auf der Internetseite des Robert Koch-Institutes veröffentlicht. Hier findet sich auch ein Poster mit Meldetatbeständen zum herunterladen.
Auf Länderebene können abweichende Regelungen getroffen werden.
Namentliche Meldung
Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod
- Botulismus
- Cholera
- Clostridium-difficile-Infektion, nur bei schwerem klinischem Verlauf
- Diphtherie
- Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (humane spongioforme Enzephalopathie, HSE)
- Hepatitis A
- Hepatitis B
- Hepatitis C
- Hepatitis D
- Hepatitis E
- Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS)
- Virusbedingtes hämorrhagisches Fieber
- Influenza-A-(H1N1) ("Schweinegrippe") sowie Aviäre Influenza ("Vogelgrippe")
- Masern
- Meningokokken-Meningitis oder –Sepsis
- Milzbrand
- Mumps
- Pertussis
- Poliomyelitis
- Pest
- Röteln, einschließlich Rötelnembryopathie
- Tollwut
- Typhus
- Varizellen
Erkrankung und Tod
- Behandlungsbedürftige Tuberkulose, auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt; ebenfalls ist zu melden, wenn Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose leiden, eine Behandlung verweigern oder abbrechen.
Krankheitsverdacht und Erkrankung
- Lebensmittelvergiftung oder akute infektiöse Gastroenteritis bei Angestellten von Küchen oder Lebensmittelbetrieben
- Wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.
Nachweise von Krankheitserregern
Zu den einzelnen Erregernachweisen gibt es genaue Definitionen der Meldepflicht, hier nur auszugsweise dargestellt.
- Adenoviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis im Konjunktivalabstrich
- Arboviren
- Bacillus anthracis
- Borrelia recurrentis
- Brucella spp.
- Campylobacter spp., darmpathogen
- Chikungunya-Virus
- Chlamydia psittaci
- Clostridium botulinum oder Toxinnachweis
- Corynebacterium diphtheriae, Toxin bildend
- Coxiella burnetii
- Cryptosporidium parvum
- Dengue-Virus
- Ebolavirus
- Escherichia coli, enterohämorrhagische Stämme (EHEC)
- Escherichia coli, sonstige darmpathogene Stämme
- Francisella tularensis
- FSME-Virus (Frühsommer-Meningoenzephalitis)
- Gelbfiebervirus
- Giardia lamblia
- Haemophilus influenzae; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor oder Blut
- Hantaviren
- Hepatitis-A-Virus
- Hepatitis-B-Virus
- Hepatitis-C-Virus
- Hepatitis-D-Virus
- Hepatitis-E-Virus
- Influenzaviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis
- Lassa-Virus
- Legionella spp.;
- Leptospira interrogans
- Listeria monocytogenes; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten sowie aus Abstrichen von Neugeborenen
- Marburgvirus
- Masernvirus
- Middle-East-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (MERS-CoV)
- Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA); Meldepflicht nur bei Nachweis aus Blutkulturen oder Liquor
- Multiresistente gramnegative Erreger mit Carbapenem-Resistenz (außer Pseudomonaden)
- Mycobacterium leprae
- Mycobacterium tuberculosis/africanum/bovis; Meldepflicht für den direkten Erregernachweis sowie nachfolgend für das Ergebnis der Resistenzbestimmung; vorab auch für den Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum
- Neisseria meningitidis; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen Substraten
- Norovirus
- Poliovirus
- Rabiesvirus
- Rickettsia prowazekii
- Rotavirus
- Rubellavirus
- Salmonella Paratyphi; Meldepflicht für alle direkten Nachweise
- Salmonella Typhi; Meldepflicht für alle direkten Nachweise
- sonstige Salmonellen
- Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (SARS-CoV) und Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2)
- Shigella spp.
- Streptococcus pneumoniae ab 01.03.2020, Nachweis aus primär sterilem Material
- Trichinella spiralis
- Vibrio cholerae O 1 und O 139
- West-Nil-Virus
- Yersinia enterocolitica, darmpathogen
- Yersinia pestis
- Zika-Virus und sonstige Arboviren
- andere Erreger hämorrhagischer Fieber (Viren).
Weiteres
- Die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers
Anonyme Meldung
Nachweise von Krankheitserregern
- Treponema pallidum (Syphilis)
- HIV
- Echinococcus spp. (Echinokokkose)
- Plasmodien spp. (Malaria)
- Toxoplasma gondii, Meldepflicht nur bei Neugeboreneninfektionen
- Neisseria gonorrhoeae mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber Azithromycin, Cefixim oder Ceftriaxon (im Bundesland Sachsen gilt für Gonokokken eine allgemeine Meldepflicht)
Die anonymisierte Meldung erfolgt auf speziellen Formularen mit Durchschlägen für Labor und behandelnden Arzt, diese sind über das Robert Koch-Institut zu beziehen.
Im Rahmen der Corona-Pandemie wurde eine Meldepflicht für Untersuchungen zum direkten Nachweis von SARS-CoV und SARS-CoV-2 eingeführt, unabhängig vom Ergebnis. Damit soll eine belastbare Datengrundlage geschaffen werden. Die Meldepflicht ist aber zur Zeit (06/2020) ausgesetzt, bis die technischen Voraussetzungen geschaffen wurden.