Synonyme: Polyomyelitis-Virus, Polio-Virus
Englisch: poliovirus
Polioviren sind RNA-Viren, die zur Gruppe der Enteroviren gehören und die Krankheit Poliomyelitis (Kinderlähmung, auch bekannt als Polio) auslösen.
Als Mitglied der Enteroviren gehört das Poliovirus zu den Picornaviren (= Pico-RNA-Viren). Sie sind plus-RNA-Viren ohne Virushülle mit einer ungefähren Größe von 25 nm. Die ikosaedrischen Viren reifen im Zytoplasma. Das Poliovirus ist weltweit verbreitet.
Es gibt drei Typen (Serovare) des Poliovirus:
Die WHO erklärte sowohl den Typ II (1999) als auch das Polio-Virus vom Typ III (2019) für ausgerottet.
Das Poliovirus wird fäkal-oral übertragen. Durch eine Aufnahme über den Mund (Schmierinfektion, z.B. durch verunreinigtes Trinkwasser oder Lebensmittel) gelangt das Virus in den Darm und vermehrt sich in der Darmwand und den Lymphknoten.
Gelangt das Virus auch in das Blut, so kann auch das zentrale Nervensystem (ZNS) betroffen sein. Das Virus befällt die Motoneurone im Vorderhorn des Rückenmarks und in der Hirnrinde.
Das Virus wird in großer Zahl im Stuhl ausgeschieden, und zwar auch von Infizierten, die selbst keine Symptome der Erkrankung zeigen. Polio tritt vor allem in gemäßigten Klimazonen während der warmen Jahreszeit auf.
Ca. 99% der Infektionen bleiben symptomlos, nur 1% führt zu einer symptomatischen Erkrankung. Nach einer Inkubationszeit von ca. 1-3 Wochen treten unspezifische Allgemeinsymptome bzw. grippeähnliche Beschwerden wie Fieber oder Kopfschmerzen auf, gefolgt von einer Entzündung des Rachens (Pharyngitis) und der Mandeln (Tonsillitis).
Die Beteiligung des ZNS äußert sich als aseptische Meningitis (Gehirnhautentzündung) oder Poliomyelitis.
Das Virus kann aus Rachenspülwasser, Stuhl, Blut und Liquor isoliert werden. Eine Kultivierung des Poliovirus ist in Nierenzellen von Affen möglich. Ein Anstieg neutralisierender Antikörper kann die Diagnose absichern.
Es gibt keine spezifische Therapie gegen Polio, die die Ursachen bekämpft. Behandelt werden lediglich die Symptome.
Es ist kaum möglich sich vor einer Aufnahme der Erreger zu schützen, da sie überall vorkommen, monatelang im Trinkwasser überleben können und zudem sehr klein sind (und damit z.B. Trinkwasserfilter wirkungslos machen). Umso wichtiger ist eine Prophylaxe in Form einer Schutzimpfung. Hierbei unterscheidet man zwei Arten:
Zwei Impfdosen werden im Abstand von 6-8 Wochen, eine dritte Dosis nach 12 Monaten gegeben. Eine Auffrischung der Impfung ist nach 10 Jahren zu empfehlen.
Inzwischen wird häufiger der Totimpfstoff verwendet, da nach einer Impfung mit Lebendimpfstoff die Gefahr besteht, dass die geimpfte Person aktive Polioviren mit dem Stuhl ausscheidet, was zu einer Gefährdung von nicht geimpften Personen (die z.B. im selben Haushalt leben) führen kann.
Da es mehrere Typen des Virus gibt (siehe oben), existiert ein sicherer Schutz vor Poliomyelitis erst, wenn eine Immunität gegen alle drei Serotypen, also alle drei Arten, besteht. Es werden nämlich spezifische Antikörper gegen jeden Serotyp gebildet, es kommt jedoch nicht zu einer Kreuzimmunität.
Tags: Enteroviren, Kinderlähmung, Picornaviren, Polio, Polioviren
Fachgebiete: Mikrobiologie, Virologie
Diese Seite wurde zuletzt am 11. November 2019 um 16:28 Uhr bearbeitet.
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