Virushülle
Synonym: Envelope
Englisch: virus envelope
Definition
Die Virushülle ist die äußere Struktur einiger Viren. Sie besteht aus Fetten (Lipiden) und darin eingelagerten Virusproteinen.
Hintergrund
Die Virushülle umschließt häufig das so genannte Kapsid, in das wiederum die virale Nukleinsäure verpackt ist. Abhängig von der Virusart entsteht die Virushülle aus der äußeren Zellmembran oder aus Membranbestandteilen des endoplasmatischen Retikulums (ER) bzw. des Golgi-Apparats der Wirtszelle. Die Virushülle ist ein wichtiges Kriterium bei der Taxonomie der Viren. Man unterscheidet behüllte Viren von unbehüllten, "nackten" Viren. Unbehüllte Viren verlassen die Wirtszelle immer durch Zerstörung der Zelle. Viren mit Hülle können ohne eine Lyse der Wirtszelle freigesetzt werden.
Aufbau
Eine Virushülle besteht aus einer Lipid-Doppelmembran der Wirtszelle, in welche die viralen Hüllproteine eingelagert werden. Die Einlagerung der Hüllproteine vollzieht sich bereits während ihrer Synthese an den Ribosomen. Die regulären Membranproteine der Zelle werden dabei durch die Virusproteine verdrängt, so dass nur die Basisstruktur der Lipidmembran für die Virussynthese Verwendung findet.
Die Anzahl eingelagerter Hüllproteine ist bei einigen Viren (z.B. den Hepadnaviridae) so hoch, dass der Lipidanteil an der Virusoberfläche an keiner Stelle frei liegt. Das Immunsystem hat also keinen direkten Zugang zur Lipidhülle. Auch gegenüber Umwelteinflüssen und Detergenzien sind diese Viren resistenter als andere behüllte Viren.
Hüllproteine lagern sich in der Regel zu Oligomeren aus mehreren gleichen oder verschiedenen Proteinen zusammen. Sie werden dann unter dem Elektronenmikroskop als sogenannte Spikes sichtbar.
Lipidkomponente
Der Aufbau des Lipidanteils der Virushülle entspricht im Wesentlichen der Zellmembran der Wirtszelle. Er besteht aus Phospholipiden, Sphingomyelinen und Cholesterin. Das Verhältnis der beteiligten Komponenten ist davon abhängig, ob für die Bildung der Virushülle die Zellmembran oder intrazelluläre Membranen genutzt werden. Zusätzlich scheinen die viralen Membranproteine die Zusammensetzung dadurch zu beeinflussen, dass sie bestimmte Phospholipide bevorzugt in die Lipidhülle aufnehmen.
Proteinkomponente
DIe Hüllproteine sind in die Lipidmembran des Virus eingelagert wie zelluläre Transmembranproteine. Man unterscheidet demnach außen und innen liegende Domänen sowie eine oder mehrere Transmembrandomänen (TMDs).
Die nach innen gerichtete Domäne wird auch Ankerdomäne genannt. Sie trägt bei den meisten viralen Hüllproteinen den C-Terminus. Die Domäne ist hydrophil und bindet an weiter innen liegende Matrixproteine oder direkt an das Kapsid. Durch die Wechselwirkung mit diesen Proteinen wird die äußere Form der Virushülle bestimmt.
Die Transmembrandomäne besteht aus einer lipophilen α-Helix. Ihre genaue Länge ist von der Dicke Lipidmembran abhängig. Viren mit cholesterinreicher Hülle benötigen für die α-Helix mehr Aminosäuren als Viren, die sich aus choesterinärmeren intrazellulären Membranen (z.B. rER) bilden.
Die außen liegenden Domänen der Hüllproteine sind meist mehrfach glykosyliert. Diese Oligosaccharide sind für Bindung an Rezeptoren der Wirtszellen, für die Fusion mit deren Zellmembran und für die immunologischen Eigenschaften des Virus relevant. Um die Immunabwehr des Wirts zu umgehen, weisen die äußeren Domänen der Hüllproteine häufig hypervariable Regionen (HVR) auf. Durch Mutationen kann das Virus so die Bindung von Antikörpern unterlaufen.
Immunologische Bedeutung
Die Virushülle spielt eine große Rolle für die Stabilität des Virus gegenüber Umwelteinflüssen und erschwert seine Entdeckung durch das Immunsystem. Durch Variation der Virushülle können Viren die Immunabwehr des Wirtes leichter unterlaufen.