Cholera
von griechisch: χολερα - Gallenbrechdurchfall
Englisch: cholera
Definition
Cholera ist eine Infektionskrankheit, die durch den Erreger Vibrio cholerae hervorgerufen wird. Sie zählt zu den meldepflichtigen Infektionskrankheiten.
ICD10-Codes
- A00.0: Cholera durch Vibrio cholerae O:1, Biovar cholerae
- A00.1: Cholera durch Vibrio cholerae O:1, Biovar eltor (auch Vibrio eltor genannt)
- A00.9: Cholera, nicht näher bezeichnet
Epidemiologie
Cholera tritt unter schlechten hygienischen Bedingungen als Epidemie auf, häufig in ökonomisch unterentwickelten Ländern. Typische Endemiegebiete sind Regionen mit stark eingeschränkter Infrastruktur, z.B. Flüchtlingscamps. Meistens werden die Erreger durch kontaminiertes Trinkwasser, seltener durch Verzehr rohen Fisches aufgenommen. In Industrieländern mit professionellem Abwassermanagement ist die Cholera sehr selten.
Menschen mit der Blutgruppe 0 sind für die Infektion empfänglicher als Menschen mit der Blutgruppe AB.
Pathogenese
Vibrio cholerae produziert das Choleratoxin, ein Exotoxin, das vom Erreger in den menschlichen Körper ausgeschieden wird. Es aktiviert die Adenylatzyklase in den Zellen des Dünndarms und führt somit zu einer verstärkten Sekretion von Chlorid-Ionen. Dadurch wird vermehrt Wasser ausgeschieden, was zu einer schweren Diarrhö und Erbrechen führt.
Symptomatik
Für Cholera typisch ist ein plötzliches Auftreten von reiswasserartigen Durchfällen (bis zu 25 Liter pro Tag) und Erbrechen. Bauchschmerzen treten eher selten auf. Durch den massiven Flüssigkeits- und Elektrolytverlust kommt es zu einer raschen Exsikkose (Austrocknung) der Erkrankten. Sekundäre Symptome können sein:
- "Choleragesicht": eingefallene Wangen, eingesunkene Augen und stehende Hautfalten
- Stimmbildveränderungen (Vox cholerica)
- Azidose
- Herzrhythmusstörungen
- Muskelkrämpfe
- hypovolämischer Schock
Die Körpertemperatur bleibt meist normal bis erniedrigt, da die Erreger sich nur im Darmlumen befinden und nicht in die Zellen eindringen. Die Pathogenität ist auf die produzierten Choleratoxine zurückzuführen.
Die Letalität beträgt bei einer unbehandelten Erkrankung ca. 70 %. Bei früher Erkennung und Rehydrierung ist die Prognose jedoch sehr gut. Eine schnelle Diagnostik ist daher entscheidend für die Chancen des Infizierten.
Stadieneinteilung
Die o.a. Symptome können 3 chronologischen Stadien zugeordnet werden:
- Stadium 1: Brechdurchfall
- Stadium 2: Exsikkose
- Stadium 3: ZNS-Symptomatik (Benommenheit, Verwirrtheit, Koma)
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt wenige Stunden bis fünf Tage, meist treten die ersten Symptome nach zwei bis drei Tagen auf. Ein Großteil der Infektionen verläuft asymptomatisch. Atypische Verläufe sind ebenfalls möglich. Bei der Cholera sicca kann der Tod eintreten, noch bevor es zu Durchfällen kommt.
Diagnostik
Die Diagnose einer Cholera wird im Rahmen einer Epidemie in der Regel klinisch anhand der typischen Symptome gestellt. Ein direkter mikroskopischer Nachweis des Erregers ist in Stuhl oder Erbrochenem mit Hilfe der Dunkelfeldmikroskopie oder Phasenkontrastmikroskopie möglich.
Für die genauere Analyse muss der Erreger im Labor kultiviert werden. Die Anzucht von Vibrio cholerae benötigt Selektivmedien wie TCBS-Agar. Dafür können Proben von Stuhl oder Erbrochenem mit einem Tupfer auf das Selektivmedium aufgebracht und anschließend bei 37 °C bebrütet werden. In der Regel empfiehlt sich jedoch eine vorherige Selektionierung der Erreger mit alkalischem Peptonwasser (APW).
Die angezüchteten Kolonien werden mithilfe biochemischer Tests weiter differenziert, u.a. durch die Katalase- und die Oxidasereaktion. Die genaue Bestimmung des jeweiligen Serotyps erfordert immunologische Nachweisverfahren wie einen Agglutinationstest (qualitativer Nachweis) oder ELISA (quantitativer Nachweis).
Für die Bestimmung des von den Erregern produzierten Choleratoxins greift man ebenfalls auf einen Agglutinationstest zurück. Das Toxin führt dabei zur Verklumpung von Antikörper-beladenen Latexpartikeln.
Alternativ zum immunologischen Nachweis können die für die Toxinproduktion verantwortlichen bakteriellen Gene durch eine PCR identifiziert werden. Hier wird meist auf eine Multiplex-PCR zurückgegriffen, um eventuell auch andere Enterotoxine zu identifizieren.
Therapie
Flüssigkeitsgabe
Entscheidend für den Verlauf ist die schnellstmögliche Rehydratation. Dieser Ersatz erfolgt am besten parenteral, weil der entzündete Gastrointestinaltrakt eine eingeschränkte Resorptionskapazität besitzt. Ist keine intravenöse Flüssigkeitszufuhr möglich, kann man die Flüssigkeit oral geben, z.B. mithilfe der WHO-Trinklösung, die aus folgenden Komponenten besteht:
- Glukose 13,5 g/l
- Natriumcitrat 2,9 g/l
- Natriumchlorid 2,6 g/l
- Kaliumchlorid 1,5 g/l
Bei Kinder unter 5 Jahren sollte zudem Zink supplementiert werden.
Antibiotika
Eine Antibiotikagabe ist nur bei schweren Verläufen indiziert. Mögliche Wirkstoffe sind Erythromycin, Tetrazyklin oder Doxycyclin. Eine Resistenzbestimmung ist sinnvoll, da in allen Regionen resistente Stämme vorkommen.
Ersatzweise können Chinolone, Cotrimoxazol oder Azithromycin gegeben werden.
Quarantänepflicht
Personen, die an Cholera erkrankt sind, sind laut WHO quarantänepflichtig.
Prophylaxe
Eine Impfung zum Schutz gegen Cholera (Cholera-Impfung) ist möglich, sie bietet jedoch keinen absoluten Schutz vor Erkrankung. Sanitäre Maßnahmen (u.a. auch das Abkochen von Trinkwasser) helfen eine Ausbreitung zu verhindern.
Impfung
Laut STIKO erfolgt die Impfung gegen Cholera im Sinne eine Reiseimpfung, d.h. bei Aufenthalten in Infektionsgebieten unter mangelhaften Hygienebedingungen bei aktuellen Ausbrüchen, z.B. in Flüchtlingslagern oder bei Naturkatastrophen. In Deutschland gibt es derzeit (2022) zwei zugelassene Impfstoffe (Dukoral®, Vaxchora®). Es handelt sich um Schluckimpfungen mit abgetöteten (Totimpfstoff) oder lebenden Erregern (Lebendimpfstoff).
Beim Totimpfstoff besteht die Grundimmunisierung bei Personen ab 6 Jahren aus 2 Impfstoffdosen, die im Abstand von 1 bis 6 Wochen verabreicht werden. Kinder von 2 bis 6 Jahren erhalten drei Dosen. Die Impfung sollte spätestens 1 Woche vor der Einreise abgeschlossen sein.
Meldepflicht
In Deutschland ist Cholera nach § 6 Absatz 1 IFSG meldepflichtig. Eine namentliche Meldepflicht besteht bei Verdacht, Erkrankung und Tod.
In Österreich und in der Schweiz gelten analoge Regeln.
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