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Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung

(Weitergeleitet von Creutzfeldt-Jakob-Krankheit)

Synonyme: Humane spongiforme Enzephalopathie, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, subakute spongiforme Enzephalopathie
Englisch: Creutzfeldt Jakob Disease, CJD

1. Definition

Die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung, kurz CJK oder CJD, ist eine Form der übertragbaren spongiformen Enzephalopathie (TSE). Sie führt aufgrund atypischer Eiweißbildung und spongiformer Degeneration des ZNS zu einer rasch progredienten Demenz. Ursache sind fehlgefaltete Prionproteine.

2. Klassifikation

Man unterscheidet folgende Formen der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung:

  • sporadische Form (sCJD), ca. 85 % aller Fälle
  • familiäre Form (fCJD), ca. 15 % der Fälle, genetisch bedingt
  • iatrogene Form (iCJD), < 1 % Übertragung durch medizinische Eingriffe (kontaminiertes Gewebe)
  • variante Form (vCJD), < 1 % Übertragung durch mit Prionen kontaminierte Nahrungsmittel (BSE)

3. Epidemiologie

Die Erkrankung ist insgesamt selten und tritt mit einer Inzidenz von einem Fall pro 1.000.000 Einwohner auf.

4. Pathophysiologie

In ihrer physiologischen Form (alpha-Helix) ist das Prionenprotein PrPC über einen Phosphatidyl-Inositol-Anker an der Außenseite der Zellmembran befestigt. Das Protein kommt hochkonserviert im ZNS und im retikuloendothelialen System vor. Seine Funktion ist unklar. Es bindet Kupferionen und könnte eine Rolle beim Langzeitgedächtnis spielen. Darüber hinaus scheint es bei den physiologischen Abläufen des Geruchssinns involviert zu sein.

4.1. ... der sporadischen Form

Bei der spontanen CJD kommt es durch unbekannte Auslöser zu einer Konformationsänderung des physiologischen PrPC zur pathologischen Form PrPSc (Scrapie-Form). Diese hat eine Beta-Faltblatt-Struktur. Die Konformationsänderung triggert eine Kettenreaktion, die dazu führt, dass es zu einer Akkumulation und Aggregation des fehlgefalteten Proteins in Form von spongioformen Fibrillen und Amyloid-Plaques kommt.[1][2]

Als möglicher Suszeptibilitätsfaktor für das Auftreten gilt eine Homozygotie für Methionin oder Valin am Codon 129 des Prionprotein-Gens (PRNP).

4.2. ... der familiären Form

Die hereditäre Form beruht auf einer Mutation des Prion-Gens. Sie folgt einem autosomal-dominanten Erbgang mit 100 % Penetranz. Die Mutation liegt auf dem PRNP-Gen, möglicherweise auf dem kurzen Arm von Chromosom 20.

4.3. ... der erworbenen Form

Bei der erworbenen Form, insbesondere der vCJD, gelangen pathologische Prione über die Nahrung (z.B. Verzehr von mit BSE verseuchten Rindern oder Scrapie-verseuchten Schafen) in den Darm. Die Prionen sind sehr resistent gegenüber der Magensäure und Verdauungsenzymen. Sie treten vermutlich über die Peyer-Plaques in den Körper ein und vermehren sich dort. Anschließend erfolgt die Invasion des ZNS.

Eine weitere, äußerst seltene Form der erworbenen CJD ist die iatrogene Form. Die Weitergabe des Erregers von Mensch zu Mensch erfolgt dabei durch den direkten Kontakt mit infektiösem Gewebe. Die unbeabsichtigte Übertragung pathologischer Prionproteine erfolgt in seltenen Fällen z.B. durch kontaminierte neurochirurgische Instrumente oder intrazerebrale EEG-Elektroden. In wenigen Fällen kam es nach einer Hornhauttransplantation von erkrankten Spendern zu einer CJD. Die weltweit meisten Fälle gehen jedoch auf kontaminierte Dura-mater-Transplantate oder die intramuskuläre Gabe von seinerzeit aus Leichenhypophysen hergestellten Wachstumshormonen bei Patienten mit primärem Hypopituitarismus zurück.

5. Klinik

Die Verlaufsdauer der Erkrankung ist individuell unterschiedlich. Die Erkrankung kann innerhalb weniger Monate zum Tod führen, während sich prolongierte Verläufe über mehrere Jahre ziehen.

5.1. Frühsymptome

Die Frühsymptome von CJD sind recht unspezifisch. Sie umfassen u.a. Müdigkeit, Depression, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust.

Im weiteren Verlauf treten neurologische Symptome in den Vordergrund: gesteigerte Schreckreaktionen, Persönlichkeitsveränderungen, dementieller Abbau (rasch progredient), Myoklonien, zerebelläre Symptome, extrapyramidalmotorische Störungen (Hyperkinesien, Rigor), Sprachstörungen, Pyramidenbahnzeichen, Faszikulationen und visuelle Störungen. Auch Psychosen sind möglich.

5.2. Spätsymptome

Spätsymptome sind akinetischer Mutismus (apathieähnlich) und Dekortikationszeichen. Die vCJD imponiert durch eine ausgeprägte progrediente Ataxie sowie durch psychopathologische Veränderungen.

6. Diagnostik

6.1. Diagnostik

6.2. Differentialdiagnosen

6.3. Diagnosekriterien sCJD

Die sicherste Diagnose erfolgt durch den neuropathologischen oder biochemisch-immunologischen Nachweis (Western-Blot) einer Prionerkrankung. Die wahrscheinliche Diagnose einer sporadischen CJD kann klinisch anhand folgender Kriterien gestellt werden:

Vorliegen einer fortschreitenden Demenz
und:
Mindestens 2 der folgenden klinischen Erscheinungen:
1. Myoklonien
2. Visuelle und/oder zerebelläre Störungen
3. Pyramidale und/oder extrapyramidale Zeichen
4. Akinetischer Mutismus
Sowie zumindest einer der folgenden technischen Zusatzbefunde:
EEG: periodisch auftretende triphasische Sharp-Wave-Komplexe
Liquor: deutliche Erhöhung von 14-3-3 Protein bei Krankheitsdauer < 2 Jahre
MRT: hyperintense Basalganglien bzw. kortikale Regionen (temporal-parietal-okzipital) im MRT in FLAIR und/oder DWI
oder:
Progressives neurologisches Syndrom mit positivem RT-QuIC-Test im Liquor oder anderen Gewebe

Eine eindeutige Diagnosestellung ist bei der erworbenen (variant) CJD sehr schwierig, da hier das mittlere Erkrankungsalter bei etwa 30 Jahren liegt und die oben beschriebenen diagnostischen Kriterien nicht immer anwendbar sind. Die folgende Tabelle veranschaulicht die Unterschiede:

Sporadische CJD Erworbene (v)-CJD
Erkrankungsalter 55–70 Jahre 19–39 Jahre
Frühsymptome Demenz, Myoklonien psychische Veränderungen, Ataxie
Klinische Dynamik rasch progredienter Verlauf (ca. 6 Monate) schleichender Beginn und protrahierter Verlauf (ca. 14 Monate)
EEG periodische sharp-wave-Komplexe unspezifisch, keine periodischen sharp-wave-Komplexe
Liquor Protein 14-3-3 (94 %) Protein 14-3-3 nur bei 50 % nachweisbar
MRT Hyperintensität im Nucleus caudatus und Globus pallidus

(T2-Wichtung bei 66 %)

Hyperdensität im Pulvinar thalami auf T2 und DWI (ca. 80 %)

7. Therapie

Eine kausale Therapie ist derzeit (2024) nicht bekannt. Es erfolgt lediglich eine symptomatische Therapie. Die CJK-typischen Myoklonien können in der initialen Krankheitsphase mit Clonazepam oder Valproat gut beeinflusst werden. In Einzelfallberichten und Beobachtungsstudien mit Pentosanpolysulfat (PPS), Quinacrin und Flupirtin konnte keine Verlängerung der Überlebenszeit festgestellt werden. Die Anwendung von Doxycyclin verdoppelte die Überlebenszeit, wenn die Behandlung frühzeitig einsetzte.

Bei 6 Patienten wurde experimentell ein humanisierter monoklonaler Anti-PrPc-Antikörper eingesetzt. Es konnten ausreichende Konzentrationen im Liquor und im Hirngewebe nachgewiesen werden. Die Wirksamkeit des Antikörpers soll bei Patienten mit CJK im frühestmöglichen klinischen Stadium und als Prophylaxe bei Personen, die aufgrund von PRNP-Mutationen oder Prionenexposition ein Risiko für eine Prionenerkrankung haben, weiter untersucht werden.[3]

8. Prognose

Die Erkrankung hat eine infauste Prognose, die mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellung beträgt 6-12 Monate, bei familiärer CJD 4-40 Monate.

9. Sonstiges

9.1. Infektionsschutzgesetz

In Deutschland besteht – mit Ausnahme der familiär-hereditären Formen – eine Meldepflicht nach § 6 IfSGb bei Verdacht auf humane spongiforme Enzephalopathien.

9.2. Besondere Hygienemaßnahmen

Herkömmliche Desinfektionsmittel sind nicht ausreichend. Es wird deshalb die Verwendung von Einmalbesteck empfohlen. Sollte dennoch die Verwendung chirurgischen Bestecks notwendig sein, so ist eine besondere Aufbereitung notwendig (spezielles "Prionprogramm") gemäß aktuellen Leitlinien und Empfehlungen des RKI.

10. Quellen

11. Literatur

  • S Suerbaum, GD Burchard, SHE Kaufmann: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 8 Auflage, Springer, TF Schulz (Hrsg.), S. 597-600 (2016)
  • V Kumar, AK Abbas, JC Aster: Robbins basic pathology. 9th. ed, Elsevier, Kumar (Hrsg.), S. 831-832 (2013)
  • A Hufschmidt, CH Lücking, S Rauer. Neurologie compact. Für Klinik und Praxis. 6. Auflage, Thieme, S. 223 – 227 (2013)
  • T Brandt, HF Diener, C Gerolff: Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen. 6. Auflage, Kohlhammer, HF Diener (Hrsg.), S. 705-709 (2012)
  • A Aguzzi, M Nuvolone, C Zhu. The immunbiology of prion diseases. Nat. Rev. Immunol. 13, 888-902 (2013)
  • GG Kovacs, H Budka. Prion Diseases. From Protein to Cell Pathology. Am J Pathol. 2008 Mar, 172(3), 555-565 (2008)
  • J Lee, JW Hyeon, SY Kim, KJ Hwang, YR Ju, C Ryou. Review. Laboratory Diagnosis and Sucveillance of Creutzfeldt-Jakob Disease. J Med Virol. 87, 175-186 (2015)
  • S1 Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, AWMF Registernummer 030 - 042, abgerufen am 31.07.2024
Fachgebiete: Neurologie

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