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Synonym: Postinfektiöse Arthritis
Als reaktive Arthritis, kurz ReA, bezeichnet man eine akute Entzündung eines oder mehrerer Gelenke, die als immunologische Kreuzreaktion infolge einer bakteriellen Infektion eines anderen Organsystems (Urogenitaltrakt, Gastrointestinaltrakt) auftritt.
Die Prävalenz der reaktiven Arthritis beträgt etwa 40 pro 100.000 Einwohner. Männer sind ebenso häufig wie Frauen betroffen.
Das Auftreten einer reaktiven Arthritis wird durch eine genetische Prädisposition begünstigt. 60-80 % aller Betroffenen sind HLA-B27-positiv. Darüber hinaus geht der Arthritis stets ein auslösender bakterieller Infekt voraus. Oft handelt es sich dabei um eine Urethritis oder eine Enteritis. Erreger der reaktiven Arthritis sind u.a.:
Entsprechend differenziert man:
Wird die posturethritische reaktive Arthritis sexuell übertragen, spricht man auch von einer "sexually acquired reactive arthritis", kurz SARA.
Die Pathogenese der reaktiven Arthritis ist zur Zeit (2021) noch nicht eindeutig geklärt. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um eine Autoimmunreaktion. Bei Chlamydien kommt es beispielsweise postinfektiös zu einer intrazellulären Persistenz inaktiver Erreger, welche bei einer genetischen Prädisposition eine reaktive Arthritis auslösen kann.
Bei der reaktiven Arthritis handelt es sich um eine aseptische Arthritis, d.h. die bakteriellen Erreger lassen sich nicht aus dem Gelenkpunktat anzüchten.
Etwa 2-6 Wochen nach dem Infekt treten die ersten Symptome der reaktiven Arthritis auf. Patienten klagen meist über schwere Allgemeinsymptome mit Fieber und Monarthritis bzw. Oligoarthritis. Die Arthritis betrifft typischerweise unilateral einzelne große Gelenke der unteren Extremität (v.a. Knie- oder Sprunggelenk), seltener das Iliosakralgelenk, Finger- oder Handgelenke.
Das klinische Vollbild der reaktiven Arthritis bezeichnet man als Reiter-Syndrom. Es findet sich bei etwa jedem dritten Patienten und ist gekennzeichnet durch das Auftreten von 3 (Reiter-Trias) oder 4 (Reiter-Tetrade) Hauptsymptomen:
Bei anamnestischen oder persistierenden Symptomen sollte generell bei jeder undifferenzierten Arthritis ein direkter Erregernachweis angestrebt werden. Da bei der reaktiven Arthritis eine zeitliche Latenz zwischen der Primärinfektion und dem Auftreten der Symptome liegt, ist der direkte Erregernachweis häufig nicht mehr möglich. In diesem Falle wird ein indirekter serologischer Nachweis von Erregerantikörpern durchgeführt.
Zur Diagnosestellung führt schließlich die Kombination aus typischer Anamnese (vorausgegangener enteritischer oder urethritischer Infekt), charakteristischer Klinik und passenden Laborbefunden (HLA-B27, Infektnachweis).
Da reaktive Arthritiden meist mit einer Latenzzeit zum auslösenden Infekt auftreten, ist der Erregerdirektnachweis nur in Einzelfällen erfolgreich und sinnvoll, daher sollte primär eine serologische Abklärung stattfinden.
Für den direkten Erregernachweis werden eine Stuhlprobe, ein Urethraabstrich oder Punktate benötigt. Für die serologische Diagnostik braucht man 4 ml Serum.
Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht über die serologische Diagnostik bei reaktiver Arthritis:
Klinik | Diagnostik | |
---|---|---|
Postinfektiöse (reaktive) Arthritis | nach Enteritis | |
nach Urogenital-Infektion | ||
nach Zeckenbiss |
| |
Viren |
Differenzialdiagnostisch sollten andere Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (z.B. rheumatoide Arthritis) ausgeschlossen werden.
Die Behandlung der reaktiven Arthritis richtet sich nach dem Grad der Ausprägung und dem Verlauf. Sind die auslösenden Erreger noch nachweisbar, sollte primär eine erregergerechte Infektsanierung erfolgen, ggf. mit Partnersanierung. Bei florider Infektion besteht diese aus einer Antibiotikatherapie.
Ansonsten ist die Therapie der reaktiven Arthritis rein symptomatisch. Sie umfasst u.a.:
Die Mehrzahl aller Fälle (etwa 80 %) heilt nach 12 Monaten aus. Patienten mit wenigen Symptomen zeigen günstigere Verläufe als Patienten mit Reiter-Syndrom.
Die klassische symptomatische Triade der reaktiven Arthritis (bestehend aus: Konjunktivitis, Urethritis und Arthritis) lässt sich durch den folgenden Merkspruch besser verinnerlichen:
"Can't see, can't pee, can't climb a tree."
Tags: Entzündung, Gelenke, Infektion
Fachgebiete: Rheumatologie
Diese Seite wurde zuletzt am 23. Februar 2021 um 11:27 Uhr bearbeitet.
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