Orphan-Arzneimittel
Synonyme: Arzneimittel für seltene Leiden
Englisch: orphan-drug
Definition
Als Orphan-Arzneimittel bezeichnet man seit den 1980er Jahren Medikamente, die gegen seltene Krankheiten eingesetzt werden.
Problematik
Die Besonderheit an dieser Klasse von Arzneistoffen ist ihr vergleichsweise sehr kleiner Markt und durch die geringe Anzahl an Patienten der geringe Absatz. Aus diesem Grund sind diese Orphan-Arzneimittel relativ uninteressant für die Pharmaindustrie, was sich teilweise negativ auf eine Verbesserung und weitere Erforschung in diesem Bereich auswirkt. Verschärfend auf diesen Sachverhalt wirken sich außerdem die oft hohen Entwicklungskosten aus.
Förderung
In den USA wurde im Jahr 1983 der Orphan Drug Act., der die Förderung und Entwicklung derartiger Arzneimittel zum Ziel hat, ins Leben gerufen. Die Europäische Union erließ im Jahr 2000 eine Verordnung über Arzneimittel für seltene Leiden. Die Einstufung, ob eine Krankheit als selten anzusehen ist, ist Länderspezifisch:
- EU: weniger als 230.000 Patienten pro Jahr oder 5 pro 10.000 Einwohner
- USA: weniger als 200.000 Patienten pro Jahr oder 7,5 pro 10.000 Einwohner
- Japan: weniger als 50.000 Patienten pro Jahr oder 4 pro 10.000 Einwohner
- Australien: weniger als 2.000 Patienten pro Jahr oder rund 1 pro 10.000 Einwohner
EU-Verordnung über Orphan-Arzneimittel
Die wichtigsten Eckpunkte dieser Verordnung sind:
- erleichtertes Zulassungsverfahren für Medikamente zur Therapie von seltenen Erkrankungen
- Bildung eines Ausschuss für Arzneimittel für seltene Leiden in der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA)
- das Unternehmen, das ein Orphan-Arzneimittel entwickelt hat, genießt für die Dauer von 10 Jahren das alleinige Vertriebsrecht für das Präparat
- wirtschaftliche und epidemiologische Kriterien für die Ausweisung als Orphan-Arzneimittel sind klar geregelt. Eine vergleichbare Therapie für die Krankheit darf noch nicht existieren.
Orphan-Arzneimittel in der EU
Beispiele für Orphan-Arzneimittel sind:
- Agalsidase alpha zur Behandlung von Morbus Fabry
- Agalsidase beta zur Behandlung von Morbus Fabry
- Alglucosidase alfa zur Behandlung von Morbus Pompe
- Ambrisentan zur Behandlung der Pulmonalen Hypertonie (PH oder PHT) und/oder pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH)
- Amifampridin zur Behandlung des Lambert-Eaton-Myasthenisches Syndrom
- 5-Aminolävulinsäure für die Behandlung vom Malignen Gliom
- Anagrelid
- Arsen(III)-oxid zur Behandlung der akuten Promyelozytenleukämie
- Azacitidin zur Behandlung des Myelodysplastischen Syndroms
- Aztreonamlysin zur Behandlung der chronischen Lungenentzündung bei Mukoviszidose
- Betain anhydricum zur Behandlung der Homocystinurie
- Bosentan zur Behandlung der Pulmonalen Hypertonie (PH oder PHT) und/oder pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH)
- Busulfan zur konditionierenden Behandlung vor hämatopoietischer Progenitorzell-Transplantation
- Canakinumab zur Behandlung von Cryopyrin-assoziierten periodischen Syndromen (CAPS)
- Cargluminsäure zur Behandlung von N-Acetylglutamatsynthethase-Defizit
- Celecoxib zur Behandlung von familiärer adenomatöser Polyposis
- Cladribin zur Behandlung von indolenten Non-Hodgkin-Lymphomen, insbesondere Haarzell-Leukämie
- Clofarabin zur Behandlung der akuten lymphoblastischen Leukämie
- Coffeincitrat zur Behandlung der primären Apnoe bei Frühgeborenen
- Conestat alfa zur Behandlung des Hereditären Angioödem aufgrund eines C1-Esterase-Inhibitormangels
- Dasatinib
- Decitabin zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie bei Patienten ab 65 Jahren
- Deferasirox zur Chelat-Therapie des chronischen Eisenüberschusses
- Dexrazoxan
- Eculizumab zur Behandlung der Paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie
- Eltrombopag zur Behandlung der Idiopathischen thrombozytopenischen Purpura
- Everolimus zur Behandlung von Nierenzellkarzinom
- Galsulfase zur Behandlung der Mucopolysaccharidose Typ VI
- Histamin Dihydrochlorid zur Behandlung der Akute myeloische Leukämie
- Hydroxycarbamid zur Behandlung der Sichelzellenanämie
- Ibuprofen zur Behandlung eines hämodynamisch signifikanten offenliegenden Ductus arteriosus bei Neugeborenen
- Icatibant zur Behandlung des Hereditären Angioödems
- Idursulfase zur Behandlung der Mucopolysaccharidose Typ 2 (Hunter-Syndrom)
- Iloprost
- Imatinib zur Behandlung verschiedener Tumorarten
- Laronidase zur Behandlung der Mucopolysaccharidose Typ 1
- Lenalidomid zur Behandlung von Myelodysplastisches Syndrom; Multiples Myelom
- Mecasermin zur Behandlung von Postpoliomyelitis-Syndrom; amyotrophe Lateralsklerose
- Mifamurtid zur Behandlung des Osteosarkoms
- Miglustat
- Mitotan zur Behandlung adrenal-corticaler Karzinome
- 4-Hydroxybutansäure
- Nelarabin zur Behandlung von akuter, lmyphoblastischer T-Zell-Leukämie
- Nilotinib zur Behandlung der Chronischen myeloischen Leukämie
- Nitisinon zur Behandlung der Tyrosinämie Typ I
- Ofatumumab zur Behandlung der Chronischen lymphatischen Leukämie
- Pegvisomant zur Behandlung der Akromegalie (Riesenwuchs)
- Plerixafor zur Mobilisierung von Knochenmarks-Stammzellen (Vorbereitung einer Stammzelltransplantation)
- Porfimer Natrium zur Behandlung hochgradiger Dysplasien beim Barrett-Ösophagus
- Pitolisant zur Behandlung der Narkolepsie mit und ohne Kataplexie
- Rilonacept zur Behandlung von schweren Symptomen von Cryopyrin-assoziierten periodischen Syndromen (CAPS)
- Romiplostim zur Behandlung der Idiopathischen thrombozytopenischen Purpura
- Rufinamid zur Behandlung vom Lennox-Gastaut-Syndrom
- Sapropterin zur Behandlung der Phenylketonurie
- Sildenafil zur Behandlung der Pulmonalen Hypertonie (PH oder PHT) und/oder pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH)
- Sitaxentan zur Behandlung der Pulmonalen Hypertonie (PH oder PHT) und/oder pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH)
- Sorafenib zur Behandlung des Nierenkarzinoms
- Stiripentol zur Behandlung der myoklonischen Epilepsie bei Kindern
- Temsirolimus zur Behandlung von Nierenzellkrebs
- Thalidomid zur Behandlung vom Multiplen Myelom
- Thiotepa zur Vorbereitung auf eine Stammzelltransplantation
- Trabectedin zur Behandlung von Weichteilsarkom
- Velaglucerase alfa zur Behandlung von Morbus Gaucher Typ I
- Ziconotid zur Behandlung chronischer Schmerzen (intrathekale Analgesie notwendig)
- Zinkacetatdihydrat zur Behandlung des Morbus Wilson
um diese Funktion zu nutzen.