Lenalidomid
Handelsnamen: Revlimid® u.a.
Synonym: CC-5013
Englisch: Lenalidomide
Definition
Lenalidomid ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Immunmodulatoren. Strukturell besteht eine Verwandtschaft mit dem Thalidomid. Lenalidomid wird für die medikamentöse Therapie des Multiplen Myeloms angewendet. Im Jahr 2003 erfolgte die Ausweisung als Orphan-Arzneimittel durch den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) und die Eintragung als solches ins Europäische Gemeinschaftsregister.
Wirkmechanismus
Lenalidomid gehört zur Arzneistoffgruppe der peroral bioverfügbaren immunmodulierenden Substanzen (wie zum Beispiel auch Thalidomid). Die Wirksamkeit beruht auf mehreren Mechanismen. Diese sind im Einzelnen:
- Erhöhung der natürlichen Killer-T-Zellen (NKT-Zellen)
- Stimulation und damit Steigerung der Erythropoese im Knochenmark (Blutbildung)
- Antiangiogenese (Verhinderung der Ausbildung neuer Blutgefäße)
- Hemmung der Proliferation bestimmter hämatopoetischer Tumorzellen
- Hemmung der Produktion entzündungsfördernder (proinflammatorischer) Zytokine. Hierbei sind insbesondere zu nennen: TNF-α und Interleukin-6 und -12
- Stimulation von T-Zellen und natürlichen Killerzellen (NK-Zellen). Dadurch ergibt sich rasch eine Verbesserung der durch diese Zellen vermittelten Immunität gegen Tumorzellen.
Auf molekularer Ebene wirkt Lenalidomid dadurch, dass es zur selektiven Ubiquitinierung zweier lymphoider Transkriptionsfaktoren (IKZF1 und IKZF3) durch die CRBN-CRL4 Ubiquitinligase führt, wodurch diese im Proteasom abgebaut werden. Dieser Wirkmechanismus gilt als Grundlage für eine neue Form von therapeutischen Wirkstoffen, sogenannten PROTACs (Proteolysis Targeting Chimeras), welche zum selektiven Abbau von Targetproteinen durch Ubiquitinierung führen.[1]
Indikationen
In den USA, der EU, in Argentinien, der Schweiz und in Kanada ist Lenalidomid im Rahmen einer Kombinationstherapie mit Dexamethason bei Patienten mit einem multiplen Myelom zugelassen, welche bereits eine Standardtherapie erhalten haben. In Australien liegt eine Zulassung von Lenalidomid vor, die ebenfalls eine Kombinationstherapie mit Dexamethason erlaubt – allerdings nur bei Patienten, bei denen sich das multiple Myelom nach einer Standarttherapie noch verschlechtert hat. Lenalidomid ist des Weiteren in den USA, in Kanada und in Argentinien für eine Therapie von transfusionsabhängigen Patienten mit einem myelodysplastischen Syndrom der Risikoklasse niedrig oder intermediär-1 (5q-minus-Syndrom) mit weiteren zytogenetischen oder ohne weitere zytogenetische Aberrationen zugelassen.
Nebenwirkungen
- Schwellungen in den Extremitäten
- Hautausschlag
- Durchfall
- Muskelkrämpfe
- Muskelschmerzen (Myopathie)
- Übelkeit
- Verstopfung
- Müdigkeit
- Abgeschlagenheit
- Kraftlosigkeit
- Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen)
- Neutropenie (Mangel an weißen Blutkörperchen)
- Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen)
Risiken
Zahlreiche Studien zeigen, dass Lenalidomid eine offensichtlich teratogene Wirkung aufweist. Es kann zu mitunter lebensbedrohlichen Geburtsschäden kommen. Daher ist ein Schwangerschaftsverhütungsprogramm für gebärfähige Frauen und deren Partner parallel zur Therapie mit Lenalidomid unbedingt erforderlich. Des Weiteren macht die Gefahr einer Myelosuppression wöchentliche Blutbildkontrollen in den ersten acht Behandlungswochen erforderlich.
Ein Arzt muss beim Verschreiben von Lenalidomid nachweisen, die Sicherheitsmaßnahmen gemäß der aktuellen Fachinformation einzuhalten, insbesondere auch, erforderlichenfalls ein Schwangerschafts-Präventionsprogramm durchzuführen. Des Weiteren ist auf der Verschreibung zu vermerken, ob die Behandlung innerhalb oder außerhalb (Off-Label-Use) der jeweils zugelassenen Anwendungsgebiete erfolgt.
Quellen
- ↑ Krönke J, Udeshi ND, Narla A, et al. Lenalidomide causes selective degradation of IKZF1 and IKZF3 in multiple myeloma cells. Science. 2013;343(6168):301-5.