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Vitiligo

Synonym: Weißfleckenkrankheit
Englisch: vitiligo

1. Definition

Vitiligo ist eine durch fleckenartigen Pigmentverlust gekennzeichnete, häufige und kosmetisch bedeutsame Dermatose, deren Ursache die Zerstörung von Melanozyten in der Epidermis ist.

2. Epidemiologie

Vitiligo ist eine relativ häufige Erkrankung mit einer weltweiten Prävalenz von ca. 0,5 bis 1 %. Sie kann in jedem Alter auftreten, betrifft aber meist Personen im Alter von 10-30 Jahren. Es besteht keine Geschlechtsdisposition.

Die Vitiligo ist assoziiert mit einer Reihe von Autoimmunerkrankungen:

3. Einteilung

Es existiert keine allgemein anerkannte Einteilung. Häufig werden folgende Formen unterschieden:

  • Nichtsegmentale Vitiligo (NSV): Häufigste Form. Man unterscheidet weiter zwischen fokal, mukosal, akrofazial, generalisiert oder universell.
  • Segmentale Vitiligo (SV): fokal, mukosal, unisegmental, bisegmental oder plurisegmental
  • Gemischte Vitiligo: Nebeneinander von segmental und nichtsegmental verteilten Vitiligoherden
  • Nicht klassifizierbare Formen: z.B. follikuläre Vitiligo oder Vitiligo minor

4. Ätiopathogenese

Die genaue Ursache der Vitiligo ist derzeit (2023) unklar. Es wird von einer (auto-)immunvermittelten Entzündungsreaktion der Haut auf dem Boden einer genetischen Disposition ausgegangen. Ein progressiver, zunächst reversibler Funktionsverlust und letztlich eine Zerstörung der Melanozyten führen zu den weißen Maculae. Häufig werden emotionale Stresssituationen, Erkrankungen oder schwere Sonnenbrände von den Patienten mit der Erkrankung in Zusammenhang gebracht.

Video: Vitiligo - den Flecken auf der Spur

4.1. Genetische Faktoren

Bei der nichtsegmentalen Vitiligo sind in 15-20 % d.F. weitere Familienmitglieder in der 1. Generation betroffen. Teilweise kann ein autosomal-dominanter oder autosomal-rezessiver Erbgang vermutet werden. Bei Verwandten 1. Grades eines Patenten besteht ein Risiko von 6-7 %, an Vitiligo zu erkranken. Bisher wurden bei nichtsegmentaler Vitiligo über 50 Suszeptibilitätsgene gefunden, z.B. HLA-A, IL2RA, CTLA4, CASP7 oder TYR.

4.2. Autoimmune Faktoren

Humorale und zellvermittelte Autoimmunphänomene spielen eine Rolle bei der Vitiligo. Ob es sich jedoch um eine ursächliche oder eine im Rahmen der Destruktion der Melanozyten sekundär ausgelöste Reaktion handelt, ist nicht geklärt. Es finden sich Autoantikörper gegen Tyrosinase, PMel17 und MCH-Rezeptor. Der Titer korreliert nicht mit dem Erkrankungsverlauf. Weiterhin wird eine T-Zell-vermittelte zytotoxische Reaktion gegen Melanozyten vermutet.

4.3. Weitere Faktoren

5. Klinik

Die Vitiligo ist charakterisiert durch scharf begrenzte, weiße Flecken, die v.a. nach Sonnenexposition sowie bei Personen mit Hauttyp IV bis VI auftreten. Bei den Hauttypen II und III können sie durch Wood-Licht besser erkannt werden. Im Verlauf nehmen die Herde zahlenmäßig zu und breiten sich zu großen, landkartenartig konfigurierten Arealen aus. Finden sich in den depigmentierten Herden noch Areale mit partiell vorhandenem Pigment, spricht man von einer trichromen oder multichromen Vitiligo. Weiterhin kann es am Rand der Herde infolge des entzündlichen Infiltrats zu Erythemen kommen (inflammatorische Vitiligo). Die Maculae verursachen außer gelegentlich vorkommendem Juckreiz keine Symptome. Das fehlende Melanin prädisponiert für frühzeitig auftretenden Sonnenbrand. Auch die Haarfollikel können beteiligt sein, sodass gelegentlich die Haare in den Herden weiß verfärbt sind; am Kapillitium spricht man auch von Poliosis circumscripta. Durch periläsionale Depigmentierung eines melanozytären Nävus entsteht ein Halonävus.

Prädilektionsstellen für die Vitiligo sind initial die periorifiziellen Bereiche und der Nacken. Häufig betroffen sind weiterhin Achseln, distale ventrale Anteile der Unterarme, Handrücken, Leisten, Kniekehlen und Fußrücken, wobei grundsätzlich jede Körperstelle beteiligt sein kann. Prädisponiert sind Bereiche mit chronischer mechanischer Belastung oder Irritation (z.B. im Bereich des Gürtels oder der BH-Träger). Der Befall der Schleimhäute (Lippen, Labia minora, Vagina, Glans penis) fällt v.a. beim Hauttyp V-VI auf. Selten ist die Beteiligung der Melanozyten in der Retina und in der Stria vascularis mit milder Uveitis und sensineuronaler Hypakusis. Ein generalisierter Befall bis hin zur universellen Depigmentierung wird auch als Vitiligo vulgaris bezeichnet.

6. Verlauf

Segmentale Formen bleiben meist konstant bestehen. Spontane Repigmentierungen sind möglich, völlige Spontanrückbildungen jedoch selten. Häufig verläuft die Erkrankung progressiv und befällt große Teile der Haut.

Starke Sonnenbestrahlung, Verletzungen und Stress wirken sich negativ auf den Verlauf aus. Die weißen Hautstellen sind besonders lichtempfindlich, sodass bei den regelmäßigen Kontrollen auf aktinische Schäden geachtet werden muss. Ob Patienten mit Vitiligo eine vermehrte Prävalenz von Hauttumoren haben, ist unklar.

7. Diagnostik

Die Vitiligo wird primär klinisch diagnostiziert. Die TSH-Bestimmung als Screeningtest einer assoziierten Schilddrüsenerkrankung und die anschließende Messung von Anti-TPO- und Anti-TG-Antikörper wird mindestens einmal jährlich empfohlen.

Eine Biopsie wird i.d.R. nicht benötigt, kann jedoch in Einzelfällen differenzialdiagnostisch notwendig sein. Sie sollte im Randbereich eines möglichst jungen Herdes entnommen werden.

Bei der regelmäßigen Verlaufskontrolle lässt sich der Ausbreitungsgrad z.B. mittels folgender Methoden dokumentieren:

7.1. Histopathologie

In der anfänglichen entzündlichen Phase der Vitiligo finden sich perivaskulär in der oberen Dermis lymphozytäre Infiltrate. Der epidermale Melaningehalt ist nur gering vermindert. Im Verlauf verringert sich das Infiltrat und der Melaningehalt nimmt ab. Letzterer kann über eine verminderte Pigmentierung in der Masson-Fontana-Färbung sowie immunhistochemisch durch den fehlenden Nachweis von Tyrosinase und MART1 von Melanozyten dargestellt werden. Im Spätstadium liegt kein Infiltrat mehr vor und es zeigen sich Zeichen der Melanozytendegeneration (Vakuolisierung, dilatiertes endoplasmatisches Retikulum, Aggregation von Melanosomen, Ablösungen von der Basalmembran).

8. Differenzialdiagnosen

9. Therapie

Bei der Vitiligo kommen eine Vielzahl an Therapiemöglichkeiten in Frage. Bei den meisten Therapieansätzen ist die Evidenzlage jedoch gering. Aus kosmetischen Gründen und der folgenden psychischen Beeinträchtigung der Lebensqualität, sollte in den meisten Fällen eine Behandlung versucht werden.

9.1. Konservative Therapie

  • Supportive Maßnahmen: Medizinische Kosmetika (Camouflage) zur Abdeckung von Vitiligoherden, UV-Schutz, Selbsthilfegruppen
  • Topische Glukokortikoide (z.B. Mometasonfuorat): Mittel der 1. Wahl bei limitierter Vitiligo (< 3 % der Körperoberfläche) und extrafazialem Befall. Einmal tägliche Gabe für 3 Monate oder einmal täglich für je 15 Tage, gefolgt von 14-tägigen Pausen für 6 Monate.
  • Topische Calcineurininhibitoren (Tacrolimus, Pimecrolimus): ähnlich wirksame Alternative zu topischen hochpotenten Glukokortikoiden, insbesondere in Hautarealen, in denen eine Atrophie gefürchtet wird (z.B. Gesicht). Anwendung zweimal täglich für 6-12 Monate. Auch für die Erhaltungstherapie geeignet (zweimal wöchentliche Anwendung). Off-Label-Use.
  • Topische JAK-Inhibitoren (Ruxolitinib) bei nicht-segmentaler Vitiligo: Creme wird zweimal täglich dünn auf die betroffenen Stellen aufgetragen. Zwischen den Anwendungen sollen 8 Stunden liegen und es sollen maximal 10 % der gesamten Körperoberfläche auf einmal behandelt werden. Bis eine Repigmentierung eintritt, kann es über 24 Wochen dauern. Sind nach 52 Wochen weniger als 25 % der behandelten Hautfläche repigmentiert, kann die Therapie abgebrochen werden.
  • Phototherapie:
    • Schmalband-UVB-Licht (NB-UVB): zwei- bis dreimalige Anwendung pro Woche für 3-24 Monate. Gute Evidenz bei NSV. Indiziert bei generalisierter Vitiligo, wenn topische Therapie aufgrund der Ausdehnung nicht mehr ausreicht sowie bei aktiver, progredienter Vitiligo. Kann mit topischen Glukokortikoiden oder Calcineurininhibiitoren kombiniert werden.
    • PUVA: wird nur noch selten eingesetzt.
    • Gezielte Phototherapie mittels 308-nm-Excimerlaser bzw. 308-nm-Excimer-Lampenbestrahlung. Kommt v.a. bei SV und NSV mit limitierter Ausdehnung zur Anwendung.
  • Systemische Glukokortikoide: orale Minipulstherapie von Dexamethason bei akuter, rasch progredienter Vitiligo. Empfohlen werden 2,5 mg an zwei aufeinanderfolgenden Tage pro Woche für 3-6 Monate.
  • Depigmentierungstherapie: Bleichung der Resthaut z.B. mit 20 %igem Monobenzon, gütegeschaltetem Rubinlaser oder Kryotherapie. Nur nach Ausschöpfung aller therapeutischer Maßnahmen in extrem seltenen Fällen.

9.2. Chirurgische Therapie

Bei Patienten mit therapieresistenter und stabiler Vitiligo kommen chirurgische Maßnahmen in Frage, insbesondere bei segmentalen und fokalen Formen. Als Stabilität wird uneinheitlich ein Zeitraum von 6 Monaten bis 3 Jahren definiert, wobei folgende Kriterien erfüllt sein müssen:

Mögliche Verfahren sind:

  • Gewebetransplantation mittels Vollhaut- oder Spalthauttransplantation oder Saugblasentechnik: kommt v.a. bei kleinen Arealen in Frage.
  • Zelltransplantation von autologen kultivierten oder nicht-kultivierten epidermalen Melanozyten: auch bei größeren Areale möglich, jedoch technisch anspruchsvoll und zeitaufwendig.

Spezifische Nebenwirkungen sind:

  • Farbdiskrepanzen zwischen repigmentiertem Vitiligoareal und umgebender Haut
  • Köbnerisierung
  • Narbenbildung im Spenderareal
  • kopfsteinpflasterrartige Oberflächenstruktur im transplantierten Bereich
  • Milien
  • hypertrophe Transplantatränder

Eine hohe Rate an Repigmentierung kann bei ca. 66-85 % d.F. nach Zelltransplantation nicht-kultivierter Zellen, bei 22-72 % nach Zelltransplantation kultivierter Zellen und bei 78-91 % nach Spaltthauttransplantation erreicht werden. In den meisten Fällen bleibt die Repigmentierung stabil.

9.3. Experimentelle Therapien

10. Leitlinie

11. Quellen

  1. VES, abgerufen am 22.11.2021
Stichworte: Dermatose, Pigment
Fachgebiete: Dermatologie

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