Lichen sclerosus
von altgriechisch: λειχήν ("leichén") - Flechte; σκληρός ("sklerós") - trocken‚ hart
Synonyme: LSA, Lichen albus, Lichen sclerosus et atrophicans, Balanitis xerotica obliterans, Weißfleckenkrankheit
Englisch: white-spot disease
Definition
Als Lichen sclerosus, kurz LS, bezeichnet man eine erworbene, chronisch-entzündliche (autoimmunologische) Hauterkrankung mit phasenhaftem Krankheitsverlauf. Er betrifft überwiegend den anogenitalen Bereich, kann in selteneren Fällen aber auch außerhalb des Genitalbereichs auftreten.[1]
Terminologie
Synonyme wie Balanitis xerotica obliterans und "white-spot disease" gelten mittlerweile als veraltet und sollten nicht mehr verwendet werden. Das Suffix 'et atrophicus' soll ebenfalls nicht mehr verwendet werden, da einige Fälle von LS mit einem hypertrophen statt atrophen Epithel assoziiert sind.[1]
Epidemiologie
Bisher (2025) sind keine Daten zur genauen Prävalenz verfügbar. Die Erkrankung ist wahrscheinlich unterdiagnostiziert. Die vermutete Prävalenz variiert zwischen 0,1 % und 3 % bei Kindern und Frauen > 80 Jahre, sowie ca. 0,05 - 0,1 % für Männer.[2][3][4]
Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten. Frauen sind am häufigsten in der Postmenopause betroffen, nur in etwa 20 % prämenopausal. Bei Männern steigt die Inzidenz (nach einem präpubertären Peak) nach der Pubertät an und nimmt im Alter (> 60 Jahre) wieder ab.[1]
Ätiologie
Klinik
Die Krankheit tritt meist symmetrisch in der Genitalregion (Lichen sclerosus genitalis) auf. In einem Drittel der Fälle ist außerdem der Damm und die Perianalregion (Lichen sclerosus anogenitalis) befallen. Bei Frauen finden sich die Herde an den Innenseiten der großen und den kleinen Schamlippen, der Klitorisvorhaut und der hinteren Kommissur, bei Männern am Präputium, an der Glans penis, im Sulcus coronarius und am Penisschaft.
Zusätzliche extragenitale Läsionen (Lichen sclerosus extragenitalis), z.B. an Hals, Nacken, Schulter, Brust, Armen und Leisten treten bei Männern selten, bei Frauen in etwa 10% der Fälle auf. Sehr selten sind die Beine oder die Gesichts- oder Kopfhaut befallen. Ein isolierter extragenitaler Befall ohne genitale Läsionen ist eine Rarität.
Die Primäreffloreszenzen sind erbsengroße, porzellanweiße atrophische Flecken. Man sieht gruppierte, elfenbeinfarbige, hyperkeratotische Papeln, die im Verlauf der Krankheit zu weißlichen Plaques konfluieren. Eventuell bestehen punktförmige Einziehungen der Haarfollikel. Periläsionär kann ein Erythem bestehen. Im Rahmen eines extragenitalen Lichen sclerosus können selten auch subepidermale Blasen auftreten.
Insbesondere der genitale Lichen sclerosus geht oft mit starkem Juckreiz einher. Weitere mögliche Symptome sind u.a. Schmerzen, Brennen und Dysästhesien. Teilweise sind die Verläufe auch asymptomatisch.
Der Krankheitsverlauf ohne Therapie ist chronisch und gelegentlich schubweise mit symptomärmeren Intervallen. Nach Monaten bis Jahren kommt es zur Atrophie der betroffenen Bereiche, welche zu Stenosen oder Verwachsungen der Urethra führen kann. Zum Teil tritt eine feste, gelblich weiße Sklerose auf. Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang sowie Dyspareunie sind mögliche Sekundärsymptome.
Spontanremissionen kommen vor.
Diagnostik
In der Regel kann die Diagnose klinisch gestellt werden. Bei unklaren Fällen wird eine Biopsie durchgeführt. Typische histologische Merkmale einer LS-Läsion sind:[1]
- Kompakte Orthohyperkeratose
- Epidermale Atrophie
- Basalzelldegeneration
- Dermale Hyalinisierung
- Interface-Dermatitis mit einem bandförmigen lymphozytären Infiltrat, normalerweise unter der hyalinisierten, ödematösen Dermis
- Follikuläre Destruktion haartragender Haut
Histopathologie
Komplikationen
Lichen sclerosus ist eine fakultative Präkanzerose, die z.B. zu Vulva- oder Peniskarzinomen führen kann. Die adäquate Therapie scheint das Risiko zu verringern.[8]
Therapie
Mechanische Irritationen sollten an den betroffenen Stellen vermieden werden. Zudem ist die Anwendung von Emollientien empfohlen.
Kortisonsalben zur lokalen Behandlung sind Mittel der ersten Wahl. Eine lokale Glukokortikoidbehandlung (z.B. mit Mometason) mildert das klinische Bild, ohne jedoch den schubartig progredienten Krankheitsverlauf zu ändern. Bei nicht ausreichender Wirksamkeit werden topische Calcineurininhibitoren (z.B. Pimecrolimus, Tacrolimus) eingesetzt.
Eine UV-Therapie ist nur zur Behandlung des extragenitalen Lichen sclerosus empfohlen.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Deutsche Dermatologisches Gesellschaft e.V. (DDG), Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG): S3-Leitlinie Lichen sclerosus, Version 1.0, 06/2025, zuletzt abgerufen am 30.07.2025
- ↑ William S. Kizer et al.: Balanitis Xerotica Obliterans: Epidemiologic Distribution in an Equal Access Health Care System: In: Southern Medical Journal, Band 96, 2003
- ↑ Goldstein A. et al.: Prevalence of vulvar lichen sclerosus in a general gynecology practice. J Reprod Med., Jul 2005
- ↑ Tasker GL, Wojnarowska F. Lichen sclerosus. Clin Exp Dermatol. Mar 2003.
- ↑ Terlou A et al.: An autoimmune phenotype in vulvar lichen sclerosus and lichen planus: a Th1 response and high levels of microRNA-155. J Invest Dermatol. Mar 2012
- ↑ Aslanian FM et al.: HLA markers in familial Lichen sclerosus. J Dtsch Dermatol Ges., Oct 2006
- ↑ Kirtschig G, Kuik D.: A Dutch cohort study confirms familial occurrence of anogenital lichen sclerosus. J Womens Health Care. 2014
- ↑ Lee A et al.: Long-term Management of Adult Vulvar Lichen Sclerosus: A Prospective Cohort Study of 507 Women. JAMA Dermatol. Oct 2015