(Weitergeleitet von Azetylsalizylsäure)
Handelsname: Aspirin® u.a.
Abkürzung: ASS
Englisch: ASA, acetylsalicylic acid
Acetylsalicylsäure, kurz ASS, ist ein Cyclooxygenasehemmer, der zu den nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) zählt.
Acetylsalicylsäure wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Felix Hoffmann entdeckt und wird heute unter dem Handelsnamen Aspirin® von Bayer vermarktet. Darüber hinaus sind in Deutschland eine Vielzahl von ASS-Generika verfügbar.
Die Summenformel von Acetylsalicylsäure lautet C9H8O4. Acetylsalicylsäure besitzt eine molare Masse von 180,2 g/mol, der Schmelzpunkt beträgt 141-144 °C. Sie liegt in Form farbloser Kristalle oder als weißes kristallines Pulver von saurem Geschmack vor und ist (fast) geruchlos. Acetylsalicylsäure ist leicht löslich in Ethanol (90%ig), löslich in Ether und Chloroform und nur wenig löslich in Wasser.
Acetylsalicylsäure wirkt analgetisch, antiphlogistisch, antipyretisch und insbesondere thrombozytenaggregationshemmend. Die Wirkung beruht auf einer irreversiblen Hemmung der Cyclooxygenasen COX-1 und COX-2 durch Acetylierung eines Serinrestes (bei COX-1 in Position 530, bei COX-2 in Position 516).
ASS ist in niedriger Dosierung (um 100 mg/Tag) ein selektiver COX-1 Hemmer. Durch Hemmung der COX-1 wird die Bildung von Thromboxan A2 (TXA2) in Thrombozyten reduziert. Dadurch wird die Thrombozytenaggregation gehemmt und das Risiko von arteriellen Thrombosen vermindert.
Dieser selektive Effekt wird u.a. zur Herzinfarktprophylaxe genutzt. Da reife Thrombozyten nur die konstitutive COX-1 exprimieren und keinen Zellkern zur Regenerierung geschädigter Enzymsysteme besitzen, hält die Wirkung von ASS so lange an, bis neue Thrombozyten ausgereift sind. Der Effekt der Thrombozytenaggregationshemmung entspricht also in etwa der Lebensdauer eines Thrombozytem, d.h. 7- 11 Tage. In dieser Zeit besteht die Gefahr von längeren oder stärkeren Blutungen, weshalb die Medikation vor größeren chirurgischen Eingriffen ggf. abgesetzt werden sollte.
In einer höheren Dosis wird vermehrt auch die COX-2 gehemmt. Dieses Enzym vermittelt die Bildung von Prostaglandinen, die eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Schmerzen, Fieber und Entzündungen spielen. Dadurch wirkt Acetylsalicylsäure antiphlogistisch, antipyretisch und analgetisch.
Diese Wirkung hält nur etwa 6 bis 8 Stunden an, da kernhaltige Zellen (z.B. Endothelzellen, Makrophagen) die Bildung von COX-2 induzieren und somit das Enzym schnell neu synthetisieren können.
Darüber hinaus regt ASS die COX-2 dazu an, entzündungshemmende Lipoxine, zu produzieren. Über diese wird der plasmatische NO-Spiegel erhöht. Das entstehende NO verhindert, dass Leukozyten in der Mikrozirkulation an Endothelzellen anhaften und bewirkt dadurch einen schnelleren Transport von Leukozyten aus dem Gefäßsystem hin zu Infektionsherden und Verletzungen.
ASS wird nach oraler Aufnahme schnell und fast komplett resorbiert. Bereits bei der Gastrointestinalpassage wird ein Teil des Wirkstoffes, nämlich der Acetylrest, teilweise abgespalten und es entsteht der aktive Hauptmetabolit Salicylsäure. Die weitere Metabolisierung erfolgt in der Leber. Hier entstehen Ester- und Etherglucuronide, sowie das Glycinat der Salicylsäure. Nur ein geringer Teil wird zu der sogenannten Gentisinsäure oxidiert. Die Ausscheidung erfolgt vorwiegend renal.
ASS hat eine geringe Plasmahalbwertszeit von 15 Minuten. Die Eliminationskinetik der Salicylsäure hingegen ist stark dosisabhängig. Sie beträgt bei niedriger Dosierung etwa zwei bis drei Stunden, bei hochdosierter ASS- Gabe kann die Elimination bis zu 30 Stunden andauern. Grund dafür ist eine Sättigung der Leberenzyme.
Salicylsäure ist plazentagängig und kann aufgrund dessen in die Muttermilch übergehen. Auch im Liquor und der Synovialflüssigkeit konnte Salicylsäure nach Einnahme von ASS nachgewiesen werden.
Acetylsalicylsäure ist in vielen verschiedenen Indikationen anwendbar:
In Ausnahmefällen wird Acetylsalicylsäure auch zur Fiebersenkung, sowie bei entzündlichen Erkrankungen (als Reservemittel in höherer Dosierung) eingesetzt, wenn modernere Antiphlogistika kontraindiziert sind oder gleichzeitig eine irreversible Thrombozytenaggregation gewünscht ist.
Als Thrombozytenaggregationshemer wird Acetylsalicylsäure in einer Dosis von 100 mg/d p.o. verabreicht. Als Analgetikum wird eine höhere Dosis von 500-1.000 mg p.o. 2-3x/d empfohlen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Höhere Dosen (ab 6-8 g/Tag) von ASS haben eine Ototoxizität und können das Gehör schädigen und Tinnitus verursachen.
Weiterhin führt hochdosierte Acetylsalicylsäure wie alle NSAR zu einem erhöhten Auftreten von gastralen und duodenalen Ulzera mit dem Risiko einer gastrointestinalen Blutung und Perforation, insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme eines Glukokortikoids.
System | Nebenwirkungen (Auswahl) |
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gastrointestinal |
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hämatologisch |
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renal |
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neurologisch |
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sonstige |
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Acetylsalicylsäure sollte wie jedes Arzneimittel entsprechend den Angaben in der Packungsbeilage aufbewahrt werden. Nach Überschreiten des Verfalldatums kann ASS zu Salicylsäure zerfallen und zu stärkeren unerwünschten Wirkungen führen.
Bei Kindern und Jugendlichen sollte die Acetylsalicylsäure generell nicht eingesetzt werden, insbesondere während fieberhafter Erkrankungen, da sie das Reye-Syndrom auslösen kann. Weitere Kontraindikationen sind u.a.:
Bei gleichzeitiger Einnahme von ASS mit Ibuprofen kann Ibuprofen vor ASS an das katalytische Zentrum der COX-1 binden. Folge ist eine Aufhebung der kardioprotektiven Wirkung von ASS. Aus diesem Grund sollten Patienten, die ASS zur Herzinfarktprophylaxe einnehmen nicht mehr als eine Einzeldosis Ibuprofen pro Tag erhalten. Die Gabe von Ibuprofen sollte darüber hinaus aufgrund des zuvor beschriebenen Mechanismus mindestens zwei Stunden nach Einnahme von ASS erfolgen.
Die gleichzeitige Zufuhr anderer Analgetika wie Paracetamol, Celecoxib oder Diclofenac beeinflussen die thrombozytenaggretationshemmende Wirkung von ASS hingegen nicht.
Tags: 3D-Molekül, Analgetikum, Antiphlogistikum, Antipyretikum, Blutgerinnung, Cyclooxygenase, Myokardinfarkt, NSAR, Schlaganfall, Schmerz, Thrombolytikum, Thrombozytenaggregationshemmer, Thrombozytenaggregationshemmung
Fachgebiete: Arzneimittel, Pharmakologie
Diese Seite wurde zuletzt am 25. Oktober 2020 um 14:41 Uhr bearbeitet.
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