(Weitergeleitet von Solare Keratose)
von griechisch: κέρας ("kéras") - Horn
Synonyme: Solare Keratose, senile Keratose, Keratosis actinica, Lichtkeratose, squamöse intraepitheliale Neoplasie, keratinozytäre intraepitheliale Neoplasie
Englisch: actinic keratosis
Die aktinische Keratose, kurz AK, ist ein epitheliales Carcinoma in situ der Haut, welches sich zu einem invasiven Plattenepithelkarzinom (PEK) entwickeln kann.
Die aktinische Keratose zählt zu den häufigsten dermatologischen Erkrankungen, jedoch existieren derzeit (2020) nur wenige epidemiologische Daten. Die Prävalenz lag 2014 in Deutschland bei 2,7 %, bei 60- bis 70-Jährigen sogar bei 11,5 %. Dabei sind Männer deutlich häufiger betroffen (3,9 % vs. 1,5 %).
In den Niederlanden beträgt die Prävalenz der aktinischen Keratose 49 % für Männer bzw. 28 % für Frauen über 45 Jahren. Die Inzidenz steigt mit zunehmendem Alter. Der Erkrankungsgipfel liegt jenseits des 50. Lebensjahres, wobei - abhängig von der Dauer und Intensität der Lichtexposition - auch jüngere Patienten betroffen sein können. In der letzten Dekade konnte außerdem eine deutliche Zunahme festgestellt werden. Ursächlich sind neben den ätiologischen Faktoren auch der demografische Wandel. Derzeit befinden sich vermutlich 1,7 Mio. Menschen in Deutschland in dermatologischer Behandlung aufgrund einer aktinischen Keratose.
Aktinische Keratosen treten bevorzugt bei Menschen mit hellem Hauttyp auf, die sich in der Freizeit oder berufsbedingt viel im Freien aufhalten. Entsprechend wird das Vorliegen einer AK in einigen Berufsgruppen als Berufskrankheit (BK-Nr. 5103) anerkannt.[1]
Die AK entsteht in erster Linie durch eine kumulative Schädigung der Haut durch UV-Strahlen (v.a. UV-B). Die UV-Strahlen induzieren Loss-of-Function-Mutationen des Tumorsuppressorgens p53 (v.a. Transition von Cytidin zu Thymidin). Folglich kommt es zur unkontrollierten Proliferation der entarteten Keratinozyten.
Des Weiteren führt die UV-Strahlung häufig zu einer Gain-of-Function-Mutation der GTPase HRas. Die Konsequenz ist ebenfalls eine gesteigerte Zellproliferation.
Ob an der malignen Transformation humane Papillomviren (HPV) beteiligt sind, wird derzeit (2020) kontrovers diskutiert.
Weitere Risikofaktoren sind:
Selten entsteht eine aktinische Keratose durch andere Faktoren, z.B.:
Aktinische Keratosen treten einzeln oder multipel in lichtexponierten Hautarealen auf (v.a. Gesicht bzw. Kopf, Handrücken und Dekolleté). Kinn, Oberlippe und Augenlider sind jedoch nur selten betroffen. Sie können einen sehr unterschiedlichen Aspekt haben und verursachen gelegentlich Juckreiz, häufig jedoch keine Beschwerden. Bei vorsichtigem Bestreichen der Haut tastet man raue, wenige Millimeter große Areale, sodass AK meist beim Rasieren oder Waschen auffallen.
Meist manifestieren sich AK als raue, schuppende, verschiebliche Makeln, Papeln oder Plaques, deren Farbe von hautfarben über rötlich bis rötlich-braun variiert. Der Durchmesser kann von wenigen Millimetern bis etwa 2-3 Zentimetern reichen. Mit zunehmender Hyperkeratose verfärbt sich die Hautveränderung aufgrund einer Vermehrung der Hornzellen weißlich. Im Spätstadium kommt es zu verrukösen Hautwucherungen, die deutlich über das Niveau der Umgebung erhaben sind.
Je nach Erscheinungsbild unterscheidet man verschiedene Formen der AK. Die Klassifikation nach Olsen teilt die AK in drei Grade ein, wobei dies keine prognostische Bedeutung hat bzw. keine Vorhersage der Invasivität erlaubt:
Die aktinische Keratose wird durch Inspektion und Palpation diagnostiziert. Dabei ist auf weitere Zeichen des chronischen Lichtschadens zu achten.
Bei unklaren Befunden kommt eine Dermatoskopie in Frage. Sie dient v.a. der Abgrenzung zu Basalzellkarzinomen, Lentigo-maligna-Melanom und Lentigo senilis sowie zur Abschätzung der Invasivität.
Weitergehende nichtinvasive Verfahren sind die konfokale Lasermikroskopie und die optische Kohärenztomographie. Sie ermöglichen die Diagnostik von subklinischen AK (Honigwabenmuster bzw. verbreitertes, irreguläres Stratum corneum und akanthotische Epidermis) sowie der Charakterisierung einer Feldkanzerisierung (s.u.).
Eine AK bedarf bei typischer Klinik grundsätzlich keiner histologischen Diagnostik. Die Entnahme einer Gewebeprobe ist jedoch indiziert bei:
Typisches Kennzeichen der AK sind atypische Keratinozyten innerhalb der Epidermis. Ihre Zellkerne sind hyperchromatisch, pleomorph und vergrößert. Meist zeigen sich fokale parakeratotische Herde, die sich mit orthohyperkeratotischen Zonen abwechseln (Pink-and-blue-Zeichen). Die höchste Zelldichte befindet sich üblicherweise im Stratum basale ("crowding"). Die Dermis ist gekennzeichnet durch eine solare Elastose.
Das Spektrum reicht dabei von nur einzelnen Zellatypien bis hin zu einem vollständigen Ersatz der normalen Epidermis. Entscheidend zur Abgrenzung einer AK zu einem invasiven PEK ist das Überschreiten der Basalmembran durch atypische Keratinozyten.
Je nach Morphologie und Zellatypien wird die AK histopathologisch in verschiedene Formen eingeteilt. Diese Klassifikation ermöglicht jedoch keine prognostische Beurteilung.
Histopathologisch werden folgende Varianten unterschieden:
Je nach Ausmaß der keratinozytären Atypien wird das AK zytopathologisch in drei Stufen eingeteilt:
Die Indikationsstellung zur Therapie einer AK ergibt sich in Zusammenschau der Klinik, der Risikofaktoren sowie der Komorbiditäten, Lebenserwartung und des Patientenwunsches. Dabei existiert eine Vielzahl an unterschiedlichen Therapieverfahren, z.B. topisch-medikamentöse, interventionelle oder chirurgische Modalitäten. Je nach Therapieverfahren schwankt die Interventionsdauer zwischen < 1 Woche bis > 6 Wochen.
Grundsätzlich werden zwei Therapievarianten unterschieden, die auch kombiniert eingesetzt werden können:
Bei Immunsuppression gelten besondere Therapieempfehlungen.
Zu den ablativen Vefahren zählen:
Bei der Lasertherapie unterscheidet man zwischen:
Topisch-medikamentöse Therapieverfahren sind sowohl bei einzelnen AK als auch bei einer Feldkanzerisierung anwendbar. Eingesetzt werden:
Bei der photodynamischen Therapie (PDT) werden Lichtsensibilisatoren auf die Haut aufgebracht und anschließend mit einer Lichtquelle aktiviert, um die Tumorzellen selektiv zu zerstören. Die PDT ist sowohl bei einzelnen AK als auch bei einer Feldkanzerisierung anwendbar. Man unterscheidet zwischen:
Bei aktinischen Keratosen ist die Vorbeugung weiterer Hautveränderungen durch das Meiden intensiver UV-Strahlung essentiell. Patienten sollten eine direkte Sonnenexposition unbedingt vermeiden und entsprechende Kleidung (langärmliges Hemd, Hut) tragen. In allen sonnenexponierten Hautarealen, die nicht durch Kleidung abgedeckt werden können, ist eine konsequente Prophylaxe mit Sonnenschutzmitteln notwendig.
Das Risiko der Progression in ein invasives PEK liegt vermutlich bei ca. 0,6 % im ersten Jahr und bei 2,6 % im vierten Jahr nach Diagnosestellung. Das absolute Risiko einer Läsion am Kopf liegt bei ca. 0,4 in einer Zeitraum von 16 bis 34 Monaten. Derzeit (2020) existieren jedoch keine prognostischen Faktoren, die den Übergang einer aktinischen Keratose in ein Plattenepithelkarzinom anzeigen. Daher wird u.a. die Klassifikation nach Olsen zunehmend verlassen.
Tags: Carcinoma in situ, Haut, Hyperkeratose, Keratose, Plattenepithelkarzinom, Präkanzerose, UV-Exposition, UV-Licht, UV-Schaden, UVA-Strahlung
Fachgebiete: Dermatologie
Diese Seite wurde zuletzt am 26. April 2020 um 16:52 Uhr bearbeitet.
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